Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
09-Die Pfade des Schicksals

09-Die Pfade des Schicksals

Titel: 09-Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
die Elohim nicht die Sage selbst, sondern nur eine ihrer Facetten für wertvoll gehalten haben - und unsere Bereitschaft, heiter darüber zu reden. In ihren Augen hat unsere Heiterkeit ihre Absicht gerechtfertigt.
    Die Sage selbst will ich nicht erzählen. Mir geht es hier nur darum, die vermeintliche Großzügigkeit der Elohim anzuprangern. Im Kern geht es um Folgendes: Nach den vielen Streichen und Untaten, die ihm seinen Beinamen einbrachten, wurde Baghoon unfreiwillig und gewaltsam in die raue Obhut von Thelma Zweifaust überstellt.
    Thelma war eine Riesin von gewaltiger Körperkraft, legendärer Aggressivität und erstaunlicher Hässlichkeit. Aus eigenem Entschluss lebte sie als Einsiedlerin, denn wer sie kannte, fürchtete sie, und sie hatte nur Verachtung für solche Besorgnis übrig, die sie für Feigheit hielt. Baghoon wurde ihr trotz seiner verzweifelten Proteste als Diener geschickt, weil unsere Vorfahren seine Gegenwart nicht länger ertragen konnten. Kein anderer Riese konnte ihn bändigen, und sein neuer Platz in Thelmas Diensten wurde als gerechter Lohn für seine Untaten angesehen.«
    Kaltgischt seufzte. »Welche Mittel sie fand, ihn zu zähmen, und dass die beiden sich zusammenrauften und auf ihre Art miteinander glücklich wurden, erklärt unser Vergnügen an dieser Sage. Die Elohim haben den Humor der Riesen jedoch falsch gedeutet - oder bewusst auf andere Weise ausgelegt. Der Aspekt der Sage, der sie reizte und dazu bewog, uns die Gabe anzubieten, in Zungen zu reden, war der auf Baghoon ausgeübte Zwang, nicht sein unerwartetes Ergebnis. Sie erkannten deutlich unsere Begierde - sogar unseren Hunger - nach Freundschaft und Wissen in aller Welt. Und sie konnten sich davon überzeugen, dass wir nicht davor zurückschreckten, einen der Unseren einem vermeintlich schlimmen Schicksal auszuliefern, wenn wir keine andere Möglichkeit mehr sahen. Das entsprach ihrer eigenen Art, wie das Los jedes ihrer Ernannten beweist. Aber von solchen Dingen wurde nicht gesprochen. Stattdessen haben sie nur ihr eigenes Entzücken betont. Und sie haben einen Tauschhandel vorgeschlagen: die Gabe, in Zungen zu reden, gegen die Sage von Thelma und Baghoon - mit allem, was diese Sage beinhaltet.«
    Die Eisenhand erwiderte weder Covenants noch Lindens Blick. Sie betrachtete das Gras zu Füßen der Haruchai, als erwartete sie einen Urteilsspruch - obschon ihre Gefährtinnen und sie schon lange über sich selbst geurteilt hatten.
    »Weil unsere Vorfahren sich vom Glanz der Elohim hatten blenden lassen«, fuhr sie fort, »und sich die angebotene Gabe sichern wollten, haben sie sich nicht weiter mit dem Inhalt der Sage befasst. Stattdessen haben sie dem Tauschhandel freudig und blind zugestimmt. Erst jetzt, wo der Schaden sich nicht wiedergutmachen lässt, haben wir die ganze Wahrheit erfahren. Den Eifer unserer Vorfahren, den Handel abzuschließen, haben die Elohim als Zusage interpretiert, in ferner Zukunft Anspruch auf die unter Umständen nur widerstrebend geleisteten Dienste eines noch ungenannten Riesen zu haben. Leider irregeführt«, fügte sie schroff hinzu, »oder womöglich freiwillig haben unsere Vorfahren sich damit einverstanden erklärt, Verlorensohn Langzorn für jeden Zweck zu opfern, den die Elohim wünschten.«
    Kaltgischt sah Covenant an, als wäre sie bereit, sich jedem Vorwurf zu stellen, und Trotz und Sorge schwangen in ihrer Stimme mit, als sie schloss: »Dieses Verständnis hat Grimme Blankehans uns gewährt oder vielleicht auferlegt, damit wir die Entscheidungen, die Linden Riesenfreundin treffen musste, besser verstehen konnten. Aye, und auch ihre Taten. Wir sollten unbedingt begreifen, dass die Irrtümer und auch die Fehler der Riesen zahlreich und schwerwiegend sind. Damals haben wir Leben und Leiden eines Staramesgenossen für eine bloße Gabe der Elohim hingegeben. Deshalb müssen wir uns davor hüten, Irrtümer und Fehler bei anderen zu suchen - speziell bei Linden Riesenfreundin, deren Narretei sich noch als Klugheit erweisen kann - ebenso wie das unbedachte Entzücken unserer Vorfahren nur Kummer und Sorgen bewirkt hat.«
    Im Sternenschein sah Linden nicht mehr als das Leuchten von Covenants silbergrauem Haar; trotzdem wusste sie, noch ehe er sprach, dass er weder Raureif Kaltgischt noch ihr Volk tadeln würde. Seine Körpersprache kündete von Mitgefühl und dem Kampf gegen erneutes Abgleiten, als er mit rauer Stimme sagte: »Danke, das hilft. Jetzt weiß ich wieder, warum ich die Riesen immer

Weitere Kostenlose Bücher