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09 - Die Weltuntergangs-Maschine

09 - Die Weltuntergangs-Maschine

Titel: 09 - Die Weltuntergangs-Maschine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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den Fuß über die Schwelle der Grabkammer und trat hinein. Auch in ihrem Innern lagen einige Trümmer der Mauer, die es gestern noch gegeben hatte. Im Licht seiner Lampe konnte er sehen, dass einige Bruchstücke gegen die Kammerwände geschleudert worden sein mussten; sein geübtes Auge erkannte frisch herausgeschlagene Splitter.
    Das war höchst sonderbar. Unerklärlich. Im Moment noch.
    Weil aber Ericson hier zugange gewesen war, kam es Dallocchio fast schon wieder normal vor, auf Merkwürdigkeiten zu stoßen. Vielleicht war Ericson später noch einmal hier unten gewesen und hatte die Mauer zum Einsturz gebracht. Allerdings hätte er für die Gewalt, mit der dies geschehen war, Sprengstoff benutzen müssen. Und das wäre zum einen den Wachen draußen kaum verborgen geblieben, und zum anderen machte Dallocchio keine entsprechenden Spuren aus.
    Das war jedoch ohnehin nur eine der Fragen, die ihn beschäftigten, und noch nicht einmal die drängendste. Am meisten interessierte ihn jetzt dieses … Ding , das er schon von draußen in der zehn Meter im Quadrat messenden Kammer gesehen hatte. Ein grob behauener Felsklotz, flach und länglich wie ein Tisch, leicht geneigt, mit einem schnabelähnlichen Fortsatz an einer der Schmalseiten, durch den etwas ablaufen konnte.
    Ein Altar, konstatierte der Archäologe. Ein Opfertisch.
    Und es war nicht der Erste dieser Art, den Bruno Dallocchio sah. Es war nicht einmal der Erste, den er hier unten sah!
    Die Vergangenheit erwachte vor seinen Augen explosionsartig zum Leben. Er sah Sabrina. Er sah Ericson. Er sah den Dolch, aus Knochen und Bronze gefertigt, er sah ihn in Ericsons Fäusten, die er hochgerissen hatte, und …
    Und er sah den Dolch auch jetzt. Er lag neben dem Altar und der Lichtkegel seiner Lampe fiel darauf, als würde er davon angezogen, als lenkte etwas seine Hand.
    Dann sah Dallocchio seine andere Hand in den Lampenschein hineingreifen, bleich wie die eines Toten. Im nächsten Moment schlossen sich die Finger um den verzierten Griff des uralten Dolchs, dessen Klinge schwarz verkrustet war.
    Dallocchio zitterte. Er fror. Es war kalt, nicht nur um ihn her, sondern in ihm drin. Sein Blut kroch zäh und eisig wie Schneematsch durch seinen Körper. Alles, was Bruno Dallocchio ausmachte, erstarrte. Und was übrig blieb, gehorchte nicht mehr ihm, sondern nur noch dieser Kälte.
    Noch einmal sah er Ericson; er sah ihn so, wie er damals ausgesehen hatte: wie blau gefroren, mit starren Augen, das Gesicht verzerrt vor Irrsinn, aber auch Entsetzen.
    Letzteres wurde Dallocchio erst jetzt bewusst, als er es am eigenen Leib verspürte, was Ericson damals erlebt haben musste.
    Aber er, Dallocchio, war noch lange nicht so weit … Er würde den Dolch gegen niemanden erheben, wie Ericson es getan hatte. Er würde niemanden verletzen, kein Leben zerstören, sich nicht dazu treiben lassen, ein Opfer zu bringen. Dazu konnte ihn keine Macht der Welt zwingen.
    Und er hatte recht.
    Eine Macht dieser Welt zwang Bruno Dallocchio nicht dazu.
    Aber dies war ein Ort, an dem sich eine andere Macht niedergelassen hatte, in einem Nest aus Energien, die viele Dinge anzogen, nährten und bewirkten – die nicht nur Wege durch Zeit und Raum ebnen, sondern auch Tore aufstoßen konnten, durch die Kräfte zu den Menschen kamen, denen diese nicht gewachsen waren …
    ***
    »Dottore?«
    Sophie wollte nach Dallocchio rufen, aber es war nur ein Flüstern, das über ihre Lippen kam. Die Kälte erstickte ihre Stimme. Ihr Atem hing als sichtbarer Dunst in der Luft. Sie zitterte trotz der warmen Jacke.
    »Dottore!« Nicht viel lauter.
    Und noch ein Phänomen …
    Schwärze schien die eingerissene Mauer ersetzt zu haben. Eine massiv wirkende Finsternis, die das Licht von Sophies Lampe nicht durchdringen konnte. Es gelang ihr nicht, in den Raum dahinter zu schauen. Er schien angefüllt zu sein mit Teer.
    In dieser absoluten Dunkelheit rührte sich allerdings etwas. Da war eine Bewegung, die Sophie, völlig irreal, an Schlucken und Verdauen erinnerte. Als fräße dort etwas Gestaltloses.
    Gott, was denke ich denn da?, fragte sich Sophie, während ihre Gedanken wie auf einer anderen Schiene weiterfuhren in diese absurde Richtung und Vergleiche und Bilder heraufbeschworen wie aus dem kranken Geist eines Irren.
    Oder aus der Hölle …?
    Die Kälte nahm zu. Sophie wimmerte, so weh tat das Frieren jetzt, so heftig verkrampfte sich ihr Körper unter dem unmöglichen Temperatursturz. Eis knisterte und knackte

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