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09 - Old Surehand III

09 - Old Surehand III

Titel: 09 - Old Surehand III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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unterirdische Höhlungen entstehen, deren Decke nachstürzt, weil sie keinen festen Halt besitzt. Diese Einstürze haben gewöhnlich tiefe, senkrechte Wände und sehr scharfe Kanten; sind die Wände dicht, so bildet sich mit der Zeit ein See, welcher die ganze Vertiefung ausfüllt; sind sie aber porös, so sickert das Wasser durch, und nur der tief gelegene Boden hält eine Feuchtigkeit fest, welche das Entstehen und Gedeihen eines mehr oder minder kräftigen Pflanzenwuchses begünstigt. Hat diese Vegetation erst aus salzbegehrenden Pflanzen bestanden, so siedeln sich später in demselben Grad salzfeindliche Pflanzen an, als der Salzgehalt des Bodens verschwindet. Liegt eine solche Senkung in einer vollständig ebenen Gegend, so macht sie von weitem einen eigenartigen Eindruck, weil nur die Wipfel der Bäume zu sehen sind, welche unten im tiefliegenden Grund Wurzel geschlagen haben.
    Eine solche Stelle war das Kih-pe-ta-kih, welcher Dakotaname ‚Alte Frau‘ bedeutet. Der von der unfruchtbaren Ebene scharf abgegrenzte, vegetationsreiche Ort zeigte nämlich in seinen Umrissen die Konturen einer am Boden hockenden Indianer-Squaw.
    Die Sonne stieg eben hinter uns am Horizont auf, als wir diese grüne Squaw vor uns erscheinen sahen. Wir erreichten die Stelle an der linken Hüfte der Figur, während Winnetou von rechts her zu erwarten war. Ich ließ aus Vorsicht halten und ging einmal um die ganze Frau herum. Es war keine Spur eines menschlichen Wesens zu sehen, und so führten wir unsere Pferde an einer weniger steilen Stelle auf den Grund hinab, wo wir den Gefangenen von seinem Gaul nahmen und an einen Stamm festbanden. Der Ausdruck Gaul war eigentlich eine Beleidigung für dieses Pferd, welches jedenfalls zu den besten der Osagen gehörte. Erwähnen muß ich, daß der Rote wirklich ein Osage war. Er hatte sich mit den Kriegsstreifen bemalt und ließ auf keine der an ihn gerichteten Fragen eine Antwort hören.
    Ich hätte nun Zeit gehabt, Apanatschka nach seinen Erlebnissen zu fragen, welche zwischen unserer Trennung und dem jetzigen Wiedersehen lagen, zog es aber vor, lieber zu warten, bis er selbst anfangen würde, davon zu sprechen. Einem Charakter, wie er war, gegenüber durfte ich keine Neugierde verraten. Mein dicker Hammerdull war von weniger vornehmer Gesinnung. Er hatte sich kaum niedergesetzt, so wendete er sich mit der Frage an ihn:
    „Ich höre, daß mein roter Bruder ein Häuptling der Komantschen ist. Wie konnte es geschehen, daß er in die Gefangenschaft der Osagen geriet?“
    Der Gefragte deutete, indem ein leises Lächeln über sein Gesicht ging, mit der Hand nach seinen beiden Ohren.
    „Hat ein Kampf zwischen dir und ihnen stattgefunden?“ erkundigte sich der zudringliche Dicke weiter.
    Apanatschka antwortete mit derselben Gebärde. Da wendete sich Hammerdull an mich.
    „Er scheint mir nicht antworten zu wollen; fragt Ihr ihn doch einmal, Mr. Shatterhand!“
    „Das würde auch vergeblich sein“, erwiderte ich.
    „Warum?“
    „Versteht Ihr denn nicht, was er meint? Er kann nicht hören.“
    Da ging dem Dicken ein Licht auf. Er zog den Mund breit, ließ ein lustiges Lachen hören und sagte:
    „Well! So hat er wohl auch zwölf Frauen und zweimal zwanzig Söhne und Töchter wie Ihr?“
    „Sehr wahrscheinlich!“
    „Da will ich mich nur in acht nehmen, daß ich nicht auch noch taub werde, sonst hören wir alle drei nichts mehr! Es geht so schon still genug hier zu. Habt Ihr nichts für mich zu tun, Sir, damit mir die Zeit nicht gar so lange wird?“
    „Doch. Steigt hinauf, und schaut nach Winnetou aus! Ich möchte es gern vorher wissen, wenn er kommt.“
    „Ob Ihr es wißt oder nicht, das ist ganz egal; aber ich werde es Euch sagen.“
    Er ging, und nun, als er sich entfernt hatte, schien Apanatschka wenigstens eine Bemerkung für nötig zu halten, um kein für ihn ungünstiges Urteil in mir aufkommen zu lassen. Er ließ einen verächtlichen Blick über den Gefangenen streifen und sagte:
    „Die Söhne der Osagen sind keine Krieger; sie fürchten die Waffen tapferer Männer und fallen nur über wehrlose Leute her.“
    „Ist mein Bruder wehrlos gewesen?“ fragte ich.
    „Ja. Ich hatte nur ein Messer bei mir, weil mir jede weitere Waffe verboten war.“
    „Ah! Mein Bruder war unterwegs, um sich den heiligen Yatkuan (roter Pfeifenton) zu holen!“
    „So ist es, Apanatschka wurde von dem Rat der Alten ausersehen, nach Norden zu reiten, um die heiligen Steinbrüche aufzusuchen. Mein Bruder

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