09 - Vor dem Tod sind alle gleich
religiösen und städtischen Zentren Fuß faßte, verdrängten die Bußgesetze zunehmend die Vorschriften der Brehons. Im späteren Mittelalter waren Hinrichtungen, Verstümmelungen und Auspeitschungen als Mittel der Bestrafung in Irland ebenso verbreitet wie im übrigen Europa. Doch zu Fidelmas Zeit war es noch nicht so, und solche Vorstellungen empörten die Anhänger des Systems der Brehons, wie der Leser nun feststellen wird.
Hauptpersonen
Schwester Fidelma von Cashel, eine dálaigh oder Anwältin bei Gericht im Irland des siebenten Jahrhunderts .
Bruder Eadulf von Seaxmund’s Ham, ein angelsächsischer Mönch aus dem Lande des Südvolks .
Dego , ein Krieger von Cashel Enda, ein Krieger von Cashel Aidan, ein Krieger von Cashel .
Morca , ein Gastwirt in Laigin .
Äbtissin Fainder , Äbtissin von Fearna .
Abt Noé , anam chara (»Seelenfreund«) des Königs Fianamail .
Bruder Cett , ein Mönch von Fearna Bruder Ibar, ein Mönch von Fearna Bischof Forbassach, Brehon von Laigin .
Mel , Hauptmann der Wache in Fearna .
Fianamail, König von Laigin .
Lassar, Besitzerin des Gasthauses zum Gelben Berg, die Schwester Mels .
Schwester Étromma , rechtaire oder Verwalterin der Abtei Fearna Gormgilla, ein Opfer .
Fial , ihre Freundin Bruder Miach, Arzt der Abtei Fearna .
Gabrán , Kapitän eines Flußschiffes und Händler .
Coba , ein bó-aire oder Friedensrichter, Fürst von Cam Eolaing .
Deog , die Witwe Daigs, des früheren Hauptmanns der Wache in Fearna .
Dau, ein Krieger in Cam Eolaing Dalbach, ein blinder Einsiedler Muirecht, ein junges Mädchen Conna, ein junges Mädchen .
Bruder Martan von der Kirche der heiligen Brigitta .
Barrán , Oberrichter der fünf Königreiche .
Kapitel 1
Die Pferde trabten den in Dunkelheit gehüllten Bergpfad entlang. Es waren vier, und sie schnaubten und keuchten, wenn ihre Reiter sie antrieben. Die Gruppe der Reisenden bestand aus drei Männern und einer Frau. Die Männer trugen die Tracht und die Waffen von Kriegern, doch die Frau unterschied sich nicht nur durch ihr Geschlecht von ihnen, sondern auch dadurch, daß sie in die Kutte einer Nonne gekleidet war. Die Abenddämmerung verbarg ihre Gesichter, aber der Zustand ihrer Pferde und ihre müde Haltung im Sattel verrieten, daß die vier an dem Tage schon viele Kilometer zurückgelegt hatten.
»Bist du sicher, daß dies der richtige Weg ist?« fragte die Frau und warf einen besorgten Blick auf die Wälder ringsum, durch die sie ritten. Der Pfad über den Berg senkte sich immer steiler ins Tal. Unter ihnen war gerade noch eine breite Lichtung mit einem recht großen Fluß zu erkennen.
Der staubbedeckte junge Reiter an der Spitze gab die Antwort.
»Ich bin schon oft als Kurier von Cashel nach Fearna geritten, Lady, und kenne diesen Weg gut. Ungefähr einen Kilometer weiter kommen wir an eine Stelle, wo ein anderer Fluß aus dem Westen in den Fluß da vor uns einmündet. Dort steht Morcas Gasthaus, und da können wir übernachten.«
»Aber es geht um jede Stunde, Dego«, erwiderte die Frau. »Können wir es nicht heute noch bis Fearna schaffen?«
Der Krieger zögerte mit der Antwort. Wahrscheinlich überlegte er, wie er seine Ablehnung respektvoll formulieren sollte.
»Lady, ich habe deinem Bruder, dem König, versprochen, daß ich und meine Kameraden für deine Sicherheit auf dieser Fahrt sorgen. Ich würde davon abraten, in dieser Gegend nachts zu reisen. Auf Leute wie uns lauern hier viele Gefahren. Wenn wir im Gasthaus bleiben und morgen früh aufbrechen, können wir die Burg des Königs von Laigin lange vor dem Mittag erreichen. Auch kommen wir ausgeruht an und nicht übermüdet von einem nächtlichen Ritt.«
Die hochgewachsene Nonne schwieg, und Dego nahm das als Zustimmung.
Dego gehörte der Kriegergarde Colgús, des Königs von Muman, an und war vom König selbst damit beauftragt, dessen Schwester, Fidelma von Cashel, nach Fearna zu geleiten, der Hauptstadt des Königreichs Laigin, das an Colgús Reich angrenzte. Er hatte nicht viel zu fragen brauchen, weshalb Fidelma diese Reise antrat, denn die Neuigkeit hatte sich im ganzen Palast von Cashel verbreitet.
Fidelma war von einer Pilgerfahrt zum Grab des heiligen Jakobus zurückgekehrt, die sie auf die Nachricht hin abgebrochen hatte, daß Bruder Eadulf, der angelsächsische Gesandte Erzbischof Theodors von Canterbury in Cashel, des Mordes bezichtigt wurde. Die Einzelheiten waren noch unklar, doch das Gerücht verlautete, Bruder Eadulf sei auf der
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