0902 - Zurück zu den Toten
einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu mir. Der Vater hatte ihr tatsächlich einiges beigebracht.
Relativ schnell hatte ich die Treppe hinter mir gelassen, sah die offene Tür vor mir und hörte die zischelnde Stimme in meinem Rücken. »Gehen Sie weiter, Sinclair, gehen Sie weiter!«
»Keine Sorge, ich bin selbst neugierig.«
»Neugier kann manchmal tödlich sein.«
»Ich weiß.«
Die Treppe endete im Flur. Allerdings an einer Stelle, die ich bisher nicht kannte. Sie lag ziemlich weit hinten, gewissermaßen an der Rückseite des Hauses, aber das Licht reichte aus, um über Wände, Decken und auch den Fußboden zu streichen.
Sie warteten auf mich, und sie waren zu dritt. Amanda Serrano und zwei Blutsauger, die sich wie Leibwächter rechts und links von ihr aufgebaut hatten.
Amanda kannte ich, die Vampire nicht. Ich mußte mir allerdings eingestehen, daß es keinen großen Unterschied zu dem Blutsauger gab, den ich zur Hölle geschickt hatte. Die gleichen Hüte, die gleichen Mäntel.
Viel war von ihren Gesichtern wegen der herabgezogenen Krempen nicht zu sehen, aber auch sie waren bestimmt gleich, davon ging ich einfach aus. Sie hatten die Lippen zu einem kalten und auch gierigen Lächeln verzogen, denn sie lauerten darauf, an mein Blut zu gelangen.
Sie würden es trinken um satt zu werden. Eine einzige Quelle der Kraft würde in sie hineinströmen und diesem verfluchten Urtrieb endlich freie Bahn lassen.
Amanda lächelte mir entgegen. Dann sprach sie mich an. »Sie haben sich bestimmt einiges ausgerechnet, Sinclair. Ihr Pech, daß wir besser sind!« Dann entdeckte sie ihre Schwester hinter mir. »Was ist da unten passiert?«
»Einen unserer Freunde gibt es nicht mehr.«
Auf Amandas Gesicht zeichnete sich der Schreck ab. »Was sagst du da?«
»Ja, er hat ihn vernichtet!«
Amanda zischte einen Fluch. Sie hatte sich drastisch verändert. Ich hatte sie bisher als ein scheues Wesen eingestuft, das aber traf nicht mehr zu.
Sie zeigte jetzt ihr wahres Gesicht, und ich merkte, daß mir ihr Haß entgegenströmte. Als sie sich wieder gefangen hatte, folgte ihre Frage.
»Wie konnte das passieren?«
»Es war unser Fehler, Amanda. Wir hätten ihn besser durchsuchen sollen. Er besaß noch ein Kreuz. Es ist sehr stark gewesen, ich sage bewußt gewesen, denn nun hat er es nicht mehr.«
»Das ist gut!« flüsterte Amanda und schaute mir in die Augen. »Wie fühlen Sie sich denn jetzt?«
»Das kann ich noch nicht genau sagen.«
»Aber ich kann dir etwas versichern.« Amanda zog ihre Lippen zurück, als wollte sie mir zwei Vampirzähne zeigen. »Du wirst keinen unserer Freunde mehr zurück zu den Toten schicken. Du nicht! Schau sie dir an. Sie sind hungrig. Sie wollen dein Blut, und sie werden es bekommen. Sie werden dich leertrinken, wobei meine Schwester und ich zuschauen.«
Sie redete und redete, während die beiden Vampire nichts taten. Wie Ölgötzen standen sie an ihrer Seite.
Amanda schickte mir ihren Haß durch Worte entgegen, doch nicht nur das, sie war raffinierter, als ich gedacht hatte, denn sie und ihre Schwester waren ein eingespieltes Team.
Das merkte ich, als es zu spät war. Da hatte sich Olivia bereits an mich herangeschlichen.
Mit der Waffe schlug sie gegen meinen Hinterkopf!
Der Schlag erwischte mich völlig unvorbereitet. Vor meinen Augen zerplatzte das düstere Bild in diesem Hausflur. Sterne funkelten, als wären sie dabei, durch das All zu rasen. Ich konnte mich nicht mehr auf den Beinen halten, der Schwindel drehte mich in eine Spirale hinein, die mir bodenlos vorkam.
Den Aufprall bekam ich noch mit, und ich hörte auch das Lachen, dann aber wehten die Stimmen weg…
***
Olivia ließ die Waffe sinken. »So«, sagte sie. »Das haben wir endgültig geschafft.«
Ihre Schwester nickte. »Nur daß wir dabei einen unserer Freunde verloren haben, gefällt mir gar nicht.«
»Man wird es uns verzeihen.«
»Glaubst du?«
»Ja.«
»Sie werden morgen abgeholt und nach London geschafft. Costello wird einen Vertrauten schicken. Er wird sie dann gegen die Banden aus dem Osten einsetzen wollen.« Amanda lachte und fuhr dabei über ihre Hüfte.
»Es ist nur schade, daß wir dabei nicht zusehen können, wenn Costello sie losschickt.«
»Vielleicht werden wir noch eine Chance bekommen.«
»Kann sein.«
»Mallmann hilft der Mafia. Dracula II ist uns erschienen.« Olivia verdrehte die Augen, schaute zur Decke, als wollte sie dem Himmel dafür danken. »Alles hat sich verändert«, flüsterte
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