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0903 - Der Schattenkelch

0903 - Der Schattenkelch

Titel: 0903 - Der Schattenkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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dabei kalt. Warum reagierte es jetzt nicht mehr? Gerade noch hatte es den Schatten offenbar als gefährlich genug eingeschätzt, dass es sich erwärmt und Zamorra mittels eines Expressflugs aus der Gefahrenzone befördert hatte, und nun blieb es tatenlos? Merkwürdig!
    »Was bist du?«, murmelte Zamorra.
    Der Schatten waberte, fast als wolle er eine Antwort geben.
    Ansatzlos warf Zamorra sich nach vorne. Er wollte die Wolke oder Öllache (oder was auch immer es war) mit dem Amulett berühren oder durchdringen. Vielleicht reagierte Merlins Stern dann! Doch noch bevor es zum Kontakt kommen konnte, zuckte der Schatten zurück und raste zur Tür des Arbeitszimmers hinaus.
    Zamorra sprang auf und hetzte dem Schatten nach. Er hastete durch die Tür in die Eingangshalle - und lief einem Mann mit grau melierten Schläfen und einer Geiernase in die Arme.
    »Können Sie nicht aufpassen?«, herrschte er Zamorra an.
    Der Professor achtete nicht auf ihn. Mit hektischen Blicken suchte er die Halle ab, doch von dem Schatten war nichts mehr zu entdecken.
    »Hier stehen überall wertvolle Einzelstücke!«, fuhr der Mann mit der Geiernase fort. »Also reißen Sie sich gefälligst zusammen, Mann! Oder wollen Sie für den Rest Ihres Lebens jeden Cent, den Sie verdienen, dazu verwenden, für eine Vase zu bezahlen, die Sie in ihrem Überschwang zertrümmert haben?«
    Der Schatten war verschwunden. Merde!
    »Hören Sie mir überhaupt zu?«
    Da erst nahm Zamorra den Mann wahr: den stechenden Blick aus wässrig blauen Augen; die schmalen, blutleeren Lippen; den pappig süßen Duft eines Aftershaves, das Zamorra selbst bei Gewaltandrohung nicht verwenden würde.
    »Jetzt schon. Mein Name ist Zamorra. Und Sie sind…?« Mit einer beiläufigen Bewegung ließ er das Amulett in die Jackentasche gleiten.
    Das Gegenüber des Professors schnappte nach Luft. »Ich? Sie wissen nicht, wer ich bin?«
    »Sonst hätte ich nicht gefragt.«
    »Das ist ja eine Unverschämtheit!«, stieß er hervor. Seine Ohren liefen knallrot an. »Ich werde mich bei Ihrem Chef über Sie beschweren! Sie stehen vor Roger Luynes, dem Herren dieses Hauses.«
    »Roger Luynes? Dann sind Sie…?«
    »… der Sohn des Toten! Ganz recht.«
    »Mein Beileid zum Ableben Ihres…«
    »Pah!«, fauchte Luynes und fuchtelte mit den Händen in der Luft herum. »Das nützt ihm auch nichts mehr! Sagen Sie mir lieber, wie lange Sie noch gedenken, in meinem Haus herumzulungern und das Andenken meines Vaters zu beschmutzen!«
    »Tut mir leid, aber das weiß ich nicht. Ich kann Ihnen aber versichern, dass niemand beabsichtigt, das Andenken Ihres…«
    »Papperlapapp!«
    Kann der einen vielleicht auch mal ausreden lassen? Zamorra holte tief Luft und presste die Lippen aufeinander.
    »Ich bin ein viel beschäftigter Mann«, fuhr Luynes fort, »und habe meine Zeit nicht gestohlen. Also hören Sie auf, meine Geduld zu strapazieren und…«
    »Apropos gestohlen«, drehte Zamorra den Spieß um und unterbrach Luynes. »Vermissen Sie etwas? Kunstgegenstände? Geld? Schmuck?«
    Luynes rollte mit den Augen und seufzte. »Wie ich Ihren Kollegen bereits mitgeteilt habe, fehlt anscheinend nichts. Ich hoffe, das bleibt die einzige Frage, die ich doppelt beantworten muss!« Sein Blick fiel auf Zamorras behandschuhte Finger. »Ist Ihnen klar, dass jede Stunde, die ich nicht arbeiten kann, einen Verlust für mich darstellt, der höher ist, als Sie mit Ihrem Polizistengehalt in drei Monaten…«
    »Ich bin kein Polizist«, sagte Zamorra und zog die Handschuhe aus.
    Luynes verstummte und starrte den Professor mit offenem Mund an.
    Zamorra lächelte. Nur mühsam konnte er dem Drang widerstehen, Luynes' Unterkiefer in eine gefälligere Position anzuheben.
    »Kein Polizist?«
    »Nein.«
    »Sondern?«
    »Parapsychologe.«
    »Parapsycho…«
    »…loge, richtig. Und glauben Sie mir: Ich würde im Augenblick auch lieber am Pool hinter meinem Schloss liegen. Stattdessen verbringe ich meine Zeit, die ich übrigens genauso wenig gestohlen habe wie Sie, damit, mir über den Tod Ihres Vaters Gedanken zu machen.«
    »Sie haben ein Schloss?«, fragte Luynes. Seine Stimme klang ernüchtert.
    »Schon wieder richtig! Lassen Sie uns also nicht gegenseitig unserer wertvollen Zeit berauben. Einverstanden?«
    Luynes nickte nur.
    »Erlauben Sie mir aber eine letzte Frage: Neben Ihrem Vater wurde ein Kelch gefunden. Wissen Sie, woher er den hatte?«
    »Auch das habe ich ihren Kollegen - äh - der Polizei schon gesagt: Der Kelch hat

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