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0909 - Drachentod

0909 - Drachentod

Titel: 0909 - Drachentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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Zeit schon gut besetzt, und der Abend hatte gerade erst begonnen. Unauffällig wob Lam mit seinen Fingern einen kleinen Zauber, der dafür sorgte, dass er von den Casinobesuchern nicht wahrgenommen wurde. Der Magier wurde nicht wirklich unsichtbar, die Gäste nahmen nur keine Notiz von ihm und konzentrierten sich auf andere Dinge, sobald er sich ihnen näherte.
    Auf das Personal hatte der Zauber eine verzögerte Wirkung. Die Kasinomitarbeiter würden seinen Besuch vergessen, sobald er wieder weg war. Ein nervöser Diener führte den Magier in den Privatbereich des Kasinos. Grimmig dreinblickende Schlägertypen sorgten dafür, dass sich niemand versehentlich hierher verirrte. Hätte es doch einen der Spieler in diesen Bereich verschlagen, hätte er sich vermutlich gewundert, was die in safrangelben Kutten gekleideten Jungmönche hier zu suchen hatten.
    Sie waren Drachenpriester der untersten Kategorie, die durch einen durchsichtigen Spiegel das Geschehen in den Kasinoräumen sorgsam beobachteten und manipulierten. Ein ranghöherer Priester stand hinter den Nachwuchsmagiern und kontrollierte, ob alles richtig lief.
    »Liu, pass auf den Glatzkopf auf!«, sagte der Oberpriester streng und verpasste dem Jungmagier vor sich eine Kopfnuss. »Wenn du ihn wieder verlieren lässt, geht er und nimmt all sein Geld mit. Lass ihn zweimal gewinnen, und dann nehmen wir ihm ab, was er noch hat.«
    »Ja, Meister«, sagte Liu demütig und konzentrierte sich auf das Zielobjekt.
    Beim Glückspiel siegt immer die Bank, lautete ein altes Sprichwort, und die Neun Drachen sorgten dafür, dass das auch stimmte. Während einige Drachenpriester mit kleineren Zaubereien den Spielverlauf beeinflussten, sorgten andere dafür, dass die Gäste in Spiellaune gehalten wurden und die Verluste sie nicht so sehr frustrierten, dass sie sofort aufbrachen.
    Der Oberpriester verbeugte sich ehrfurchtsvoll vor Lam, doch der Magier erwiderte den Gruß nur flüchtig und war schon durch die hintere Tür verschwunden. Ein kurzer Flur führte zum Büro von Yuen Ma. Der Kasinobetreiber erwartete ihn sicher schon. Die Ankunft des Magiers konnte nicht unbemerkt geblieben sein.
    Der Diener klopfte kurz an die Kabinentür und ließ Lam ein. Die Kabine sah aus wie das Büro eines Vorstandsvorsitzenden. Yuen Ma legte größten Wert darauf, wie ein seriöser Geschäftsmann aufzutreten. Dass seine Geschäfte auch bei großzügigster Auslegung kaum als legal angesehen werden konnten, schien ihn nicht zu irritieren.
    Der Kasinobetreiber begrüßte ihn mit einer tiefen Verbeugung, doch Lam spürte nur zu gut den Unwillen, den sein Besuch bei seinem Gegenüber auslöste. Yuen wusste, dass der Magier nur unerwartet auftauchte, wenn es Probleme gab.
    Und da war noch etwas anderes. Lam entging nicht das verräterische Blitzen in Yuens Augen, als der Kasinochef seinen beiden Leibwächtern einen schnellen Blick zuwarf. Die Muskelprotze hatten sich im Hintergrund postiert und wirkten so unbeweglich wie Statuen. Doch Lam wusste, dass der Eindruck täuschte. Er hatte sie in Aktion gesehen.
    Yuen Ma nahm hinter seinem penibel aufgeräumten Schreibtisch Platz und forderte Lam mit einer einladenden Geste auf, sich ebenfalls zu setzen. »Dein Besuch ist eine große Ehre, Bruder Lam.«
    »Es freut mich, dass du es so siehst, Yuen. Viele werden nervös, wenn ich unangemeldet bei ihnen vorbeischaue.« Der Magier lächelte maliziös. Doch Yuen Ma ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
    »Ich habe keinen Grund, nervös zu werden, Bruder Lam. Die Geschäfte laufen glänzend. Wir konnten unseren Beitrag zum Wohlergehen der Bruderschaft in diesem Jahr sogar noch steigern. Ich bin ganz zufrieden.«
    »Das kannst du auch sein«, sagte Lam. »Man spricht im Kloster nur Gutes über dich.«
    »Das freut mich zu hören«, erwiderte Yuen mit einem schmalen Lächeln. »Andererseits…«
    Der Blick des Kasinochefs zuckte erneut zu seinen beiden Leibwächtern. Lam lächelte. »Andererseits?«
    »Andererseits«, sagte Yuen und beugte sich leicht vor, »hat unsere letzte Buchprüfung leichte Unregelmäßigkeiten ergeben. Unregelmäßigkeiten, die nicht auf unser eigenes Verschulden zurückzuführen sind. Es scheint fast so, als seien gewisse Überschüsse, die wir erwirtschaftet haben, nie in der Zentrale angekommen. Jemand muss sie vorher abgezweigt haben. Und das kann nur einer gewesen sein. Du!«
    Ehe Lam reagieren konnte, hatten Yuens Bodyguards ihre Pistolen gezogen und auf seine Brust gerichtet.

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