091 - Die Braut des Hexenmeisters
Verständnis – jedes!“
Manon lächelte noch immer, ganz in ihre Gedanken versunken. Sie dachte an ihre Mutter. Die Luft hier oben würde ihr gut tun. Sie würde sie nach Paris holen.
Jetzt donnerten Schläge an die Turmtür. „Aufmachen, sofort aufmachen! Hier spricht Inspektor Jolliet von der Mordkommission!“
„Mordkommission!“ wiederholte Monsieur Brasson außer sich und packte seine glutäugige Frau brutal am Arm. „Jetzt wirst du ja hoffentlich begreifen, in was du dich vergafft hast. Du kannst ihn von mir aus ja heiraten, wenn er im Zuchthaus sitzt.“
Madame Brasson lachte hysterisch. Und dann kippte sie einfach um, während Monsieur Brasson dem Inspektor bereitwillig die Tür öffnete. „Kommen Sie nur herein, Inspektor“, sagte er. „Und wenn Sie irgendwelche Auskünfte brauchen, stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.
Inspektor Jolliet hatte die Razzia sehr genau vorbereitet und sogar einen Experten vom Verteidigungsministerium angefordert, der die Grundrisse der ehemaligen Festung Mont Valerien mitgebracht hatte.
Die Razzia bewegte sich in zwei Richtungen – nach oben und nach unten. Philippe durchsuchte mit ein paar Leuten die vier Kreise des Turms und nahm die Gäste unter die Lupe. Er ließ sich die Einrichtungen und Funktionen der verschiedenen Turmzimmer erklären, roch an den Sekt- und Whiskyflaschen und entnahm ihnen Proben, um sie nach Rauschmittelzusätzen zu untersuchen. Rasch hatte er die Spreu vom Weizen getrennt. Die harmlosen Gäste durften schon nach zwanzig Minuten gehen. Die Verdächtigen – besonders Madame Odile Robin und andere Vertraute Alain Monods wurden höflich aufgefordert, so lange im Turm zu bleiben, bis ein Protokoll aufgenommen worden war.
„Eine reine Routinemaßnahme“, meinte Philippe lächelnd.
„Was suchen Sie denn überhaupt?“ meinte Madame Odile, deren Stimme vor Aufregung brüchig klang. „Wir haben doch nichts getan!“
„Natürlich nicht“, meinte Philippe liebenswürdig. „Aber wir brauchen Ihre Unterstützung. Sonst kommen wir nicht weiter.“ Er deutete auf den Totenkopf und die Knochen auf dem runden großen Tisch im Turmzimmer. „Woher stammen diese Dinge? Haben Sie eine Ahnung, Madame?“
Philippe gab einem der Experten einen Wink. Der nahm den Totenkopf und die Knochen der Reihe nach in die Hand, betrachtete sie eingehend und legte sie dann schulterzuckend wieder auf die Tischplatte. „Mindestens zweihundert Jahre alt, Monsieur Philippe.“ meinte er. „Nicht das, was Sie suchen.“
„Was suchen Sie denn?“ wiederholte Madame Robin.
„Die Überreste von drei hübschen jungen Geistern weiblichen Geschlechts, Madame“, erwiderte Philippe mit einem liebenswürdigen Lächeln.
Inspektor Jolliet führte die zweite Gruppe, die von der „Hölle“ aus nach unten vordrang.
Er behandelte Alain Monod sehr höflich und ließ sich von ihm sogar die Kasematten erklären. Man hätte fast glauben können, der Meister habe ein paar gute Freunde zu einer nächtlichen Besichtigungstour der Festung eingeladen. Man bestaunte ein paar alte Kanonen, genoß durch die Schießscharten die Aussicht auf die Seineschleife, das strahlend hell erleuchtete Paris und plauderte über die Vergangenheit der Festung. In einer Kammer entdeckte man sogar noch Konservendosen aus dem Ersten Weltkrieg.
„Ich hoffe, daß sich auch die anderen Dinge hier unten so gut erhalten haben wie diese Pfirsichkonserven“, meinte Jolliet lächelnd, nachdem er den Inhalt einer geöffneten Dose gekostet hatte.
Alain Monod steckte sich eine Zigarette an und lächelte ebenfalls. „Das kommt darauf an, was Sie hier unten suchen. Es würde mindestens eine Woche dauern, die Kasematten gründlich zu durchsuchen. In den meisten Räumen werden Sie, soweit ich unterrichtet bin, nur Plunder und vielleicht ein paar verhungerte Ratten finden.“
„Waren Sie schon einmal in der Leichenkammer?“ fragte Jolliet beiläufig und beobachtete Monod dabei scharf von der Seite.
Der Spiritist blieb vollkommen unbefangen. „Nein“, antwortete er gelassen. „Ich besuche nur die Lebenden in ihren Wohnungen. Die Toten lasse ich zu mir kommen.“
„Interessant“, erwiderte Jolliet. „In meinem Beruf ist es genau umgekehrt. Dann kommen Sie mal mit, Monsieur Monod. Vielleicht haben wir auch eine kleine Überraschung für Sie!“ Er gab dem Beauftragten vom Ministerium ein Zeichen. Dieser ging mit seiner Blendlaterne an die Spitze der kleinen Gruppe. Die Beamten von Jolliet
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