Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0912 - Das Weltennetz

0912 - Das Weltennetz

Titel: 0912 - Das Weltennetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
Vom Netzwerk:
sie wurde zu dem Hintergrund, zumindest zu einem gewissen Teil. Darin lag wohl auch die Tatsache begründet, dass sie das schaffte, was Wissenschaft und Technik nicht vermochten. Früher, da hatte ein großer Teil der Bevölkerung über die Fähigkeit des Wandelns verfügt, doch das hatte sich im Lauf der Evolution drastisch reduziert.
    Vielleicht war Schaina die beste Wandlerin ihres ganzen Volkes? Sie hatte sich darum im Grunde nie Gedanken gemacht, denn für sie war ihre Fähigkeit einfach nur ein Spaß, den sie als Kind gründlich ausgenutzt hatte. Was konnte einem Kind denn Besseres passieren, als die Tatsache, dass es niemand finden konnte? Keine Eltern, kein Lehrer, und die Spielkameraden natürlich auch nicht. Schaina hatte sich überall dort herumgetrieben, wo sie in ihrem Alter absolut nichts zu suchen hatte, es konnte sie ja niemand sehen und zur Verantwortung ziehen.
    Die weiße Stadt war immer ihr geheimer Spielplatz gewesen, an den sie niemand begleiten konnte. Alles hier, die Straßen und Gassen, die Gebäude, die teilweise so verrückt geformt waren, all das gehörte nur Schaina. Als sie älter wurde, reduzierte sie ihre Besuche, denn nun war sie lieber mit ihren Freundinnen und natürlich den jungen Männern zusammen.
    Nur ab und zu, wenn sie ihre Ruhe wollte, wenn sie Liebeskummer plagte, dann fand sie den Weg hierher. Heute jedoch, da trieb Schaina etwas ganz anderes zu der Mauer. War es Sorge? Sicher war es Furcht, denn etwas würde geschehen. Sie hätte nicht sagen können, woher dieses Gefühl kam, doch es war ganz einfach da.
    Es war die Stadt… sie würde ihre wahre Bestimmung zeigen. Niemand hatte auch nur die geringste Ahnung, warum sie hier auf Kräkon aufgetaucht war. Theorien hatte man aufgestellt, sicher, aber sie alle klangen eher nach verzweifelten Erklärungsversuchen. Sicherlich waren sie allesamt falsch und unsinnig. Schaina hatte Angst, die Bestimmung der weißen Stadt könnte das Ende ihres Volkes bedeuten. Sie war zu allem bereit, dies zu verhindern. Sie glaubte einen Weg zu kennen.
    Schaina wandelte sich, wurde zu einem Stück der Mauer. Dann stieg sie ohne Hast nach oben und sprang auf der anderen Seite in die Stadt. Einen Moment lang kam wieder die alte Frage in ihr hoch: Musste sie die Mauer denn überhaupt übersteigen? Was, wenn das Wandeln noch viel mehr erlaubte? Schaina hatte jedoch noch nie die Notwendigkeit gesehen, ihre Fähigkeit bis an die Grenze dessen auszuloten, was wirklich machbar war.
    Manchmal jedoch glaubte sie, das Wandeln könnte viel weiter in die Tiefe gehen - wenn man es nur wirklich wollte. Schaina wandte sich den ersten Gebäuden zu. Solche Gedanken brachten überhaupt nichts, wenn man nicht den Mut dazu aufbrachte, sie in die Tat umzusetzen.
    Dies hier war der älteste Teil der weißen Stadt. Schaina hatte diese Stelle gewählt, weil sie sich hier nahezu blind auskannte. Sie wählte die Straße, die sie nahezu geradlinig zu ihrem Ziel bringen würde. Nicht lange, da traf sie auf die ersten Urbanen. Schaina lief zwischen ihnen hindurch ohne bemerkt zu werden. Diese Wesen, die zwischen all den Gebäuden lebten, stellten keine Gefahr für die junge Frau dar.
    Die Urbanen… Die Wesen glichen alle wie ein Ei dem anderen.
    Sie zu beschreiben war schwer. Ihre Gestalt war humanoid, sie alle maßen vielleicht 180 Zentimeter von der Sohle bis zum Scheitel. Der Körperbau war sicher am besten mit kräftig oder gedrungen erklärt. Sie waren nackt - Geschlechtsmerkmale suchte man jedoch vergeblich. Ihre Haut war nicht makellos glatt, eher grobporig. Wie sollte man die Farbe beschreiben? Ein helles, wässriges Silbergrau, das in ständiger Bewegung schien.
    Ihre Gliedmaßen erschienen im Vergleich zu dem sonstigen Körperbau sehr grazil. Schaina war stets von den unglaublich langen Fingern der Urbanen fasziniert gewesen, die wie Spinnenbeine aussahen.
    Doch der Eyecatcher war natürlich der Kopf dieser Wesen, der in seiner Form nahezu an ein Dreieck erinnerte, das mit einer Spitze nach unten wies. Vorne und hinten war dieses Haupt wie ein menschlicher Schädel gewölbt, was den ganzen Anblick noch zusätzlich verzerrte. Und dieses Dreieck war absolut gesichtslos.
    Keine Augen, keine Nase, kein Mund… nicht einmal Ohren waren zu erkennen. Wenn sie überhaupt miteinander kommunizieren konnten, dann musste das auf einer ganz anderen Ebene geschehen, die sich Schaina nicht vorstellen konnte. Dennoch reagierten sie manchmal aufeinander. Dann wechselten sie gemeinsam

Weitere Kostenlose Bücher