0916 - Feuerengel
Wortes.
Auf dem Weg zum Ziel änderte die Frau ihr Denken. John Sinclair fiel ihr ein. Auch er war ein Mann, und sie stellte sich die Frage, ob er, auch als Polizist, den Verführungskünsten dieser Leila widerstehen konnte. Sie glaubte es nicht. Er war auch nur ein Mann. Wozu Frauen in der Lage waren, war ihr bekannt. Obwohl sie selbst eine Frau war, betrachtete sie ihre Geschlechtsgenossinnen eher kritisch.
Das einsame Haus hatte sie schon entdeckt. Auch den kleinen Teich dahinter. Sonnenstrahlen fielen auf das Kuppeldach und ließen es freundlich erscheinen.
Wie ein Grabmal sieht der Pavillon aus, dachte Camilla, und nicht wie eine Stätte des Lasters.
Doch er war auch ein Grab, denn die Person, die hier wohnte, dürfte normalerweise nicht mehr leben. Ihre Überreste hätten verbrannt unter der Erde liegen müssen.
Mit einer wütenden Bewegung schleuderte Camilla ihr dunkles Haar zurück, als sie an der Einmündung des zum Pavillon führenden Wegs stehenblieb. Eigentlich hätte sie Furcht spüren müssen, und sie wunderte sich darüber, daß es nicht der Fall war.
Keine Furcht, keine Angst - nur eine gewisse Spannung hatte sich in ihrem Innern aufgebaut.
Als sie zum letzten Mal nach rechts schaute, sah sie neben der Straße das dunkle Schimmern eines Fahrzeugs. Es war der BMW, mit dem Sinclair hergekommen war.
Da Sinclair draußen nicht zu sehen war, müßte er schon bei ihr sein. Er war sicherlich dabei, das gleiche zu erleben wie auch Lino. Erst als Camilla daran dachte, da spürte sie den Haß wie ein dunkles Feuer in sich hochsteigen.
Schnaubend holte sie Luft. Sie mußte damit rechnen, daß auch Sinclair starb, aber einen weiteren Triumph wollte sie der Person nicht gönnen. Nein, auf keinen Fall. An ihr würde sich Leila die Zähne ausbeißen.
Sie hatte Linos Waffe eingesteckt. Außer ihr wüßte niemand, daß er überhaupt eine Waffe besessen hatte. Er hatte sie einmal einem russischen Soldaten auf einer Reise abgekauft, als das Schiff aus Rußland in Cardiff angelegt hatte.
Eine Armeepistole mit genügend Munition.
Die Waffe war geladen, und Camilla zog das schwere Schießeisen aus ihrem Gürtel hervor, als sie den rechten Fuß auf den Weg setzte.
Das Gerät war schwer, was sie erst jetzt richtig zur Kenntnis nahm. Sie hatte hoch nie in ihrem Leben geschossen und wußte nur, wie die Pistole funktionierte. Daß sie entsichert werden müßte, daß sie die Waffe mit beiden Händen festhalten müßte, um überhaupt eine Chance zu haben, das Ziel richtig zu treffen.
Das alles schoß ihr auf dem Weg zum Pavillon noch einmal durch den Kopf, aber es brachte sie nicht davon ab, ihren Vorsatz aufweichen zu lassen. Sie würde weitermachen bis zum bitteren Ende, und plötzlich stand sie schon vor der Tür.
Verschlossen!
Damit hatte sie rechnen müssen, und vor Wut knirschte sie mit den Zähnen.
Was tun?
In den Filmen handelten die Helden immer knapp und auch sehr sicher. Dann schossen sie kurzerhand das Schloß entzwei, um einen Raum betreten zu können.
Sie wollte den Pavillon zunächst einmal umrunden, der als Achteck gebaut worden war. Also nicht kreisförmig, wie er aus der Ferne ausgesehen hatte.
Im Pavillon blieb es ruhig. Dunkle Fenster verwehrten den Einblick. Beim Näherkommen sah die Frau, daß das Glas von innen angestrichen worden war.
Da war nichts frei, und als Camilla die Nähe des Eingangs erreichte, war sie ebenso schlau wie zuvor.
Sie blieb stehen.
Nachdenken, nur nicht die Nerven verlieren. Sie hatte einen Klingelknopf gesehen und dachte daran, ihn einfach zu drücken. Vielleicht brachte die beiden das aus dem Konzept.
Auf einmal war das Feuer da!
Es flog ihr entgegen. Sie hörte ein Platzen, ein Klirren, das mörderische Brausen, die verfluchte Hitze, wie sie sie noch nie gespürt hatte.
Camilla Davenport kam sich vor wie in einem Film, der nur langsam ablief. Und sie reagierte ebenso langsam, wobei sie es nicht schaffte, diesem Filmstreifen zu entkommen.
Eine nie erlebte Kraft hob sie an. Sie wüßte nichts von einer Welle, von einer feurigen Brandung, sie erlebte es einfach mit, und während sie durch die Luft flog und die ersten, grausamen Schmerzen spürte, ging um sie herum die Welt unter…
***
Es war passiert, es hatte so kommen müssen. Ich hatte darauf gewartet und würde trotzdem noch überrascht, denn vor mir auf dem Bett stand die Feuerfrau!
So sehr ich mich dagegen hätte stemmen können, um so stärker war ich von diesem Anblick fasziniert. Ich konnte es
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