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0919 - Bücher des Grauens

0919 - Bücher des Grauens

Titel: 0919 - Bücher des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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nur eine Frage der Zeit, bis die ersten hier auftauchen. Wenn der Bann gefallen ist, haben sicherlich einige von ihnen das gespürt. Und jetzt macht die Kunde die Runde.
    »Wir müssen handeln«, beendete Zamorra die Schockstille, die über sie gekommen war. »Möglich oder nicht, die Situation ist da und verlangt Beachtung. Ich schlage vor, wir verlassen das Gebäude auf dem schnellsten Weg und machen uns an der Grundstücksmauer selbst ein Bild vom Zustand des Schildes. Nicole, nimm für alle Fälle einen Dhyarra mit - man weiß ja nie, wer oder was einem begegnen mag.«
    Sie nickte und musste schlucken. Dann brachen sie auf.
    ***
    Zamorra war immer ein Mann gewesen, der das Glück herauszufordern verstand. Doch er wusste auch, dass es für alles Grenzen gab. Nicht jede Hoffnung erfüllte sich, nur weil man sie aussprach, und manchen Gefallen, den man dem Schicksal abrang, kostete im Nachhinein einen wahrhaft höllischen Preis. An diesem Vormittag fand er einmal mehr eine Bestätigung für diese Weisheit.
    An dem Vormittag, an dem William starb.
    Sie hatten es fast hinter sich gebracht, hatten sich mit der Vorsicht und Erfahrung ihres vergangenen, erfolgreichen Versuchs abermals zwischen den Blitzen und Windungen des Lichtstrahls hindurchgezwängt und die Barriere überquert, welche den Computerraum vom Rest des Châteaus trennte, als es geschah.
    »Vorsicht!« Nicole schrie auf, und ab da war Zamorra, als erlebe er die darauf folgenden Sekunden in Zeitlupe. Wie gelähmt sah er, dass einer der Blitze, die von dem wurmähnlichen Lichtgebilde ausgingen, spontan seine Richtung änderte. Als zöge ihn etwas magisch an, bog sich der Energiefaden auf halber Strecke zum Boden selbst zur Seite - und raste auf William zu. Auf den letzten von ihnen, der es noch nicht auf die andere Seite geschafft hatte. Reflexartig stürzte Zamorra vor, als könne er das Unglück verhindern, doch erstens war es schon zu spät, und zweitens besaß er derzeit kein Amulett, dessen Schutzzauber die Energieentladung eventuell noch abgefangen hätte. Vielleicht sogar musste er bis ans Ende seiner Tage ohne es auskommen.
    Hart kam der Meister des Übersinnlichen auf dem Fußboden auf - und vor seinen schreckgeweiteten Augen traf der dünne Lichtstrahl auf Williams Arm!
    Das Resultat war grauenhaft. Der Butler zuckte zusammen, als hätte er in eine Steckdose gegriffen. Ungläubig starrte er auf die Körperstelle, während sich sein Verstand schlicht weigerte, das Geschehen zu akzeptieren. Und es wurde noch schlimmer. Binnen eines einzigen, endlos scheinenden Augenblickes bildete sich um Williams Körper herum ein Netz aus Lichtfäden. Sie hüllten ihn ein, woben sich um ihn und glitten zischend und wabernd über seinen Leib. Ein Kokon aus Helligkeit entstand, ein zischender, fürchterlicher Mantel der Energie. Wie ein Spinnennetz aus Licht hing er im Gang, und William, der sich verzweifelt gegen die Übermacht der unfassbaren Erscheinung auflehnte, war die Fliege, die sich in dessen Fäden verfangen hatte.
    Und die dafür mit dem Leben bezahlte.
    Das Zischen wurde ohrenbetäubend. Zamorra spürte, wie sich ihm sämtliche Haare aufstellten und selbst die Plomben in seinen Zähnen zu klirren begannen. Die Präsenz der Energie, die sich um den treuen Butler gewunden hatte, überwältigte ihn und raubte ihm beinahe die Sinne. Das Gleißen des Lichts intensivierte sich immer mehr und irgendwann musste der Meister des Übersinnlichen die Augen schließen - überzeugt davon, dass sich seine Augäpfel andernfalls in eine kochend heiße Flüssigkeit verwandeln würden.
    Dann verschwand der Lärm, von einem Moment auf den anderen. Als er sie wieder öffnete, war der Strahl verschwunden. Und William mit ihm.
    Nicole keuchte. »Nein. Wo ist… Nein!«
    Sie machte zwei Schritte nach vorn, auf die nunmehr leere Stelle des Teppichs zu, auf der William seine letzten, grauenvollen Sekunden erlebt hatte, und stoppte abermals, blickte ratlos zu Boden und zurück zu Zamorra, als könne ihr Verstand nicht akzeptieren, was ihre Augen eben gesehen hatten.
    »Er ist fort, Nici.« Zamorra hörte die Worte aus seinem Mund kommen, doch sie waren ihm fremd. Sie klangen hohl und wie aus weiter Ferne stammend. »Fort wie alle anderen.«
    »Was…«, setzte Nicole an und hob hilflos die Arme. »Was ist das hier? Was geschieht mit uns?«
    Er seufzte, leise. »Ich weiß es nicht.«
    Dann kamen sie wieder. Wie aus dem Nichts standen auf einmal fünf der unheimlichen Fischwesen im

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