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0919 - Bücher des Grauens

0919 - Bücher des Grauens

Titel: 0919 - Bücher des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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Gang, und für einen Augenblick, in dem der rasselnde Atem der Wesen das einzige Geräusch in der Nähe blieb, war Zamorra zu perplex, um auf ihre Anwesenheit zu reagieren. Ein Fehler, den die Kreaturen gnadenlos ausnutzten.
    Im Nu waren sie heran, griffen mit ihren kalten Klauen nach den beiden Menschen, zerrten an Kleidung, an Haaren. Zamorra sah, wie Nicole um sich trat und einem nach dem anderen einen Schlag verpasste. Doch sie kam nicht gegen die Übermacht an. Zamorra wollte ihr zu Hilfe eilen und lehnte sich im Griff der beiden Gestalten auf, die ihn zurückhielten. Mit aller Kraft wehrte er sich gegen die Umklammerung - und das Wunder gelang! Plötzlich stand er frei.
    Zamorra handelte ohne nachzudenken. Er sprang vor, duckte sich zur Seite weg und stürmte auf eines der drei Wesen zu, die Nicole in Schach hielten. Dann packte er es mit beiden Händen und zerrte es von seiner Partnerin weg.
    In dem Moment, in dem das Wesen von Nicole abließ, löste es sich in Luft auf. Und Zamorra mit ihm.
    ***
    Kälte.
    Unglaubliche Kälte, die ewig anzudauern schien, und doch nur einen Augenblick währte, hüllte den Meister des Übersinnlichen ein, griff nach seinem Herzen, seinem Denken, seinem Sein. Er war nicht mehr er selbst, in diesem Moment der absoluten orientierungslosigkeit. Und hätte man ihn nach seinem Namen, nach seiner Identität gefragt, wäre eine Antwort ausgeblieben. Zamorra war im Nichts gelandet, war Teil einer allumfassenden Leere geworden, und dort in der tiefsten Schwärze gab es keine Inhalte mehr.
    Bis…
    Plötzlich entstanden Formen - zunächst verschwommen und konturlos, doch zunehmend an Schärfe gewinnend - vor dem, was einst seine Augen gewesen sein mochten. Das Dunkel verfestigte sich auf absurde, Sinn verwirrende Weise und wurde textlich, fest und greifbar. Und es gebar…
    ... eine Gasse.
    Zamorra atmete erschrocken ein (Lungen! Er hatte Lungen!!) , riss die Augen auf und sah sich fassungslos um. Was war geschehen? Wo war die Schwärze hergekommen, wohin war sie verschwunden - und wo kamen diese Fachwerkhäuser her?
    Er befand sich in einer dunklen Gasse von vielleicht vier Metern Breite. Als wolle es mit den Sternen des wolkenlosen Nachthimmels konkurrieren, glitzerte regenfeuchtes Kopfsteinpflaster im Licht des Vollmonds, der die unwirklich scheinende Szenerie erhellte. Rechts und links säumten niedrige, maximal zweistöckige Häuser aus Stein und Holz den Weg, deren Dächer mit Brettern, Stroh oder klobigen Schindeln bedeckt waren. Ihre schlichten Türen waren verschlossen, und durch die Ritzen in den vorgeschlagenen Fensterläden drang kein einziger Lichtstrahl, kein Anzeichen für menschliches Leben. Dieser Ort - wo immer er auch sein mochte - schlief tief und fest.
    Im Gegensatz zu dem Fischwesen.
    Als das rasselnde Geräusch in seinem Rücken erklang, wusste Zamorra sofort, dass auch sein Angreifer an diesem seltsamen Platz gelandet war. Dann legte sich eine kalte Klauenhand auf seine rechte Schulter.
    Zamorra gab Fersengeld. Instinktiv schüttelte er die Hand ab und rannte los, völlig ziel- und Orientierungslos. Es gab nur noch eine Richtung, und die hieß weg. Der Professor eilte die Gasse hinab, bog links in einen Seitenweg, dann wieder rechts in einen anderen - vorbei an Häusern und großen Scheunentoren, an dunklen Fenstern und verschlossenen Türen. Und schließlich verklangen die Schritte des Monstrums hinter ihm in der Ferne. Er hatte es abgehängt.
    Nur… wo war er?
    In einem Hauseingang machte Zamorra Halt, presste sich mit dem Rücken gegen die Tür und versuchte, seinen Puls und seine Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen. Ganz ruhig , dachte er und bemühte sich, gegen die in ihm aufkeimende Panik anzukommen. Komm erst einmal runter, und dann sieh dich um.
    Nach etwa einer Minute, die er einfach nur dagestanden und betont gleichmäßig geatmet hatte, hob Zamorra den Kopf und betrachtete seine Umgebung. Und mit einem Mal hörte er die Stimmen.
    Es war nur ein leises Murmeln, das aus der Ferne zu ihm drang, und doch versetzte es Zamorras Herz einen Stich. Irgendwo waren Menschen - und wo es Menschen gab, gab es auch Auskünfte! Der Meister des Übersinnlichen blickte sich ein letztes Mal nach seinem unheimlichen Verfolger um, dann trat er aus seinem Versteck und wandte sich in die Richtung, aus der die Stimmen kamen. Nach wenigen Metern erreichte er eine Art Wirtshaus, dessen Inneres trotz der offensichtlich späten Stunde noch hell erleuchtet war.
    Zamorra

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