092 - Die Todesbucht von Cala Mordio
auf Männer und Frauen in den Dörfern machte und
sie von seinen Spießgesellen auf sein Schiff schleppen ließ. Auf ihn geht die
Bezeichnung der Bucht zurück. Seinen richtigen Namen kennt heute kein Mensch
mehr. Mordio - der >Töter<, wie man ihn bezeichnete - soll Hunderte von
Menschen auf dem Gewissen haben. Wohin er die Männer und Frauen aus den Dörfern
brachte, weiß kein Mensch. Er soll sehr abergläubisch gewesen sein. Deshalb
nimmt man an, daß er die Entführten irgendeiner furchtbaren Meeresgottheit
opferte . . . Als jetzt die ersten Menschen auf dem Meer und hier in der Bucht
verschwanden und der bleiche Fremde gesichtet wurde, kamen sofort die alten
Geschichten wieder auf. Captain Mordio ist zurückgekehrt, sagen die Leute in den
Dörfern. Seine verfluchte Seele sucht wieder jenen Ort auf, den er sich stets
für seine Opfer auserwählte.
Vielleicht
ist sogar das Ungeheuer mitgekommen, das er immer fütterte. Die fünf Männer auf
dem Fischkutter haben möglicherweise etwas entdeckt, worüber sie mit niemand
sonst gesprochen haben. Sie wollten ein Geheimnis lüften - und dieses Geheimnis
wurde ihr Grab. Für mich, Larry, gibt’s nach den letzten Tagen, die ich hier
verbracht habe, kaum noch einen Zweifel daran, daß hier etwas vorgefallen ist,
dem wir uns intensiv widmen sollten. Das Ganze ist möglicherweise erst der
Auftakt zu etwas, das wir noch gar nicht überblicken können .«
X-RAY-3 gab
die Fotos zurück. »Fangen wir da an, Carmen, wo die Spuren noch erhalten sind
und wo sich offensichtlich jemand versteckt, der einen Grund dafür hat: In
jener kleinen, namenlosen Bucht, wo keine Häuser und Hotels stehen, wo die
Natur noch unberührt ist wie vor Hunderten von Jahren und die nur vom Land her
nur durch einen schmalen, steinigen Saumpfad zugänglich ist. Ich lade Sie noch
zu einem Drink ein und einem guten Mahl - und dabei besiegeln wir unsere
Freundschaft. Das dumme >Sie< lassen wir weg, Señorita, einverstanden? Danach machen wir uns auf den Weg. Ich muß mir die
Gegend näher ansehen und vor allem auch ein paar Worte mit den Leuten reden,
die glaubten, etwas Unheimliches gehört und gesehen zu haben. Vielleicht paßt
alles zusammen, wer weiß . . .«
Das Essen
nahmen sie im Speisesaal des Hotels >Gran Sol< ein, in dem die ' beiden
Agenten untergebracht waren.
Das
Hochhaus-Hotel stand nahe am Strand an der Grenze zu Cala Bona . Von hier aus wollten sie ihre Streifzüge in die Umgebung
unternehmen und sich vor allem auch umhören, was die Leute erzählten. Das
Verschwinden jenes Liebespärchens in der sogenannten >Todesbucht von Cala Mordio<
war Hunderten von Menschen bekannt geworden, obwohl die Polizei darüber
strengstes Stillschweigen angeordnet hatte.
Die Zimmer
Carmens und Larrys lagen nebeneinander in der fünften Etage. Vom Hotel aus
hatte man einen prächtigen Blick auf das östliche Mittelmeer.
Während
Carmen sich salopp anzog, beobachtete X-RAY-3 durch das Fenster seines Zimmers
das Meer. Er hielt ein starkes Fernglas vor die Augen und sah am Horizont ein
Segelschiff, das er mit bloßem Auge nicht wahrnehmen konnte.
Der
Amerikaner suchte mit Blicken den ganzen Horizont ab. Irgendwo in dieser Region
war ein Fischkutter mit Mann und Maus verschwunden, ohne daß es eine
vernünftige Erklärung dafür gab.
Noch
rätselhafter wurde, das Ganze, wenn man davon ausging, daß mindestens ein
Mitglied der Besatzung das Ereignis offensichtlich überstanden hatte.
Der junge
Mann, Esteban Murca , legte aber keinen Wert darauf,
sich seiner Familie zu zeigen, sondern versteckte sich an einem nur schwer
zugänglichen Ort in den Felsen einer Bucht, die vom Publikumsverkehr so gut wie
nicht berührt wurde. Nur ein paar ganz Verwegene machten einen Fußmarsch
dorthin oder ruderten mit einem Boot mal in das dunkle, seichte Wasser der mit
Felsbrocken übersäten Bucht. Selbst das war gefährlich, weil die Klippen
überall im Wasser waren und man leicht irgendwo dagegenstoßen und das Boot leckschlagen konnte.
Larry
versuchte mit dem Fernglas auch einen Blick in die Bucht zu erhaschen. Aber das
war nicht möglich.
Die Felswand
zu seiner Linken, die die Bucht von Cala Bona begrenzte, war gleichzeitig auch die Grenze von Cala Mordio.
Nach rechts
führte der Blick weit am Küstenstreifen entlang, der bis Cala Millor reichte. Die Hotels und Apartmenthäuser am
Strand waren von hier noch einsehbar.
Im Westen
färbte sich der Himmel rot. Dunkelheit kam auf.
Die weißen
Sandstrände waren nicht
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