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0920 - Welt der Stille

0920 - Welt der Stille

Titel: 0920 - Welt der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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stöhnte innerlich bei dem Gedanken daran, wie blauäugig er und Nici dieses Abenteuer angegangen waren. Er huschte nach rechts, um sich vor der Entdeckung durch sein jüngeres Ich und dessen Begleiterin zu verbergen.
    Hinter einer Häuserecke rannte er beinahe in eine Gruppe Geistlicher, die in dicke Kutten gewandet betend des Weges kam. Es waren vier Gestalten, friedfertig wirkende Mönche - und Zamorra erkannte sie sofort wieder. Diese Männer hatten ihn und Nicole überfallen, als sie erstmals in diesen Ort gekommen waren. Das waren Martinus' Brüder!
    »Verzeiht«, murmelte einer der Geistlichen, nickte höflich und wandte sich zum Gehen.
    Zamorras Gedanken rasten. Wenn er jetzt handelte… könnte er… Immer wieder schoss ihm die Naivität durch den Kopf, die er auf dem Gesicht seines jüngeren Ichs gesehen hatte, das nur wenige Schritte entfernt auf sein Schicksal zulief. Und hier standen die Angreifer - doch sie gingen in eine ganz andere Richtung! So würden sie ihn und Nicole nicht treffen. Irgendetwas stimmte hier nicht.
    Oder… vielleicht stimmt es ja gerade doch? Vielleicht ist es meine Aufgabe, diesen Unterschied zu bewirken? Meine Chance…
    »Halt«, sagte er instinktiv und blickte den Mönch, der sich entschuldigt hatte, fest entschlossen an. »Wartet. Ma… Martinus schickt mich. Ich bringe eine Botschaft von Eusebius.«
    Das saß. Die Augen des Bruders weiteten sich, ungläubig zunächst, dann beeindruckt. Der Name des Mannes, der später am Tag ihre Arche sichern würde, schien jeglichen Skeptizismus vertrieben zu haben. »Was verlangt der Weise?«, fragte der Mönch ehrfurchtsvoll.
    »Seht Ihr diese dort?«, fragte Zamorra und deutete auf sein jüngeres Ich und Nicole in der Ferne. »Sie sind auf dem Weg zu Meister Gensfleisch. Eusebius will, dass Ihr sie aufhaltet - mit allen Mitteln. Sie dürfen die Werkstatt nicht betreten, hört Ihr. Zur Not nehmt sie mit, zumindest die Frau.«
    Der Mönch wurde blass, als er erkannte, dass es sich bei dem Überbringer dieser eigenartigen Nachricht und dem Opfer, von dem sie berichtete, um ein und dieselbe Person handelte. »Ich ver… verstehe nicht«, stammelte er.
    »Müsst Ihr auch nicht«, drängte Zamorra. »Martinus wird alles erklären, sobald Ihr zurück seid. Aber nun handelt! Los! Haltet sie auf, und rettet zumindest die Frau, hört Ihr?«
    Der Geistliche schluckte, blinzelte. Er atmete ein Mal tief durch und wirkte, als arbeite es hinter seiner Stirn gerade auf Hochtouren. Dann nickte er knapp. »In Ordnung«, sagte er dann. »Macht Euch keine Sorgen, wir werden den Willen des Weisen umsetzen.« Mit einem Blick und einer Geste der Hand bedeutete er seinen drei Begleitern, die Kapuzen aufzuziehen. Dann eilten sie in die Nebengasse, wo sie über die zwei völlig überraschten Dämonenjäger herfielen.
    ***
    »Niedlich, finden Sie nicht?«
    Zamorra wollte gerade weiter eilen, da erklang die wohlbekannte Stimme in seinem Rücken und ließ ihn erstarren. Langsam drehte er sich um und fand sich ein weiteres Mal Dandrono gegenüber. Der Finstere hatte seine Kutte abgelegt; wie ein lebender Schatten stand er in der doch hell erleuchteten Gasse, ein schwarzes Loch mitten in der Wirklichkeit, und es war, als sauge er sämtliches Licht magisch an und verschlucke es.
    »Ereignisse, die sich selbst bedingen…« Dandrono lachte leise. »Ich muss schon sagen, Professor, das ist irgendwie romantisch. Aber auch clever von Ihnen. Wären Sie damals wirklich so unvorbereitet in mein Unternehmen geplatzt, hätte ich kurzen Prozess mit Ihnen und Ihrer Begleiterin gemacht. So gesehen, haben Sie sich gerade tatsächlich das Leben gerettet, wenn auch nur - und das verstehen Sie sicherlich - auf Zeit.«
    »Wie haben Sie mich gefunden?«, fragte Zamorra knurrend.
    »Soll das ein Scherz sein? Nach Ihrem so theatralischen Auftritt im morgigen Dom war mir absolut klar, dass es nur noch eine Stelle in dieser ganzen Sache gibt, an der Sie mir gefährlich werden könnten. Und ich sagte Ihnen ja schon, dass ich nie denselben Fehler zwei Mal begehe: Diesmal werde ich Sie nicht unterschätzen. Also kam ich her, und siehe da - hier sind Sie.«
    Zamorra blickte sich um, suchte nach Hilfe, nach einer Waffe oder einem Ausweg. Doch die Gasse war und blieb menschenleer. Er ballte die Fäuste. »Hier bin ich«, wiederholte er lauernd.
    Dandrono kicherte amüsiert. »Ja, aber nicht mehr lange. Und wenn es Sie tröstet: der Rest ihrer erbärmlich leicht zu manipulierenden Spezies

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