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093 - Neun Leben

093 - Neun Leben

Titel: 093 - Neun Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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wiedereröffneten Berliner Zoo, ein anderes für die aus Dresden hierher versetzte Frauenkirche, die ein Multimilliardär im Jahre 2007 der Stadt gespendet hatte, nachdem die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche einem Bombenanschlag zum Opfer gefallen war.
    Zwischen den Plakaten standen hohe Regale, die vollgestopft waren mit Büchern, CDs, Elektronikschrott und Flaschen.
    Dazwischen lagen verrostete Euro-Münzen, und in einem Bilderrahmen entdeckte Matt sogar ein Stück von einer amerikanischen Flagge. Vor dem Fenster hing eine alte Ampel.
    Das Glas fehlte längst, hatte den Nestern von kleinen Vögeln Platz gemacht, die neugierig in den Raum blickten.
    Kinderspielzeug lag am Boden. Matt sah bunte Rasseln und Plastikautos.
    Jenny zog sich hierhin zurück, wenn sie nachdenken wollte, hatte man ihm gesagt. Er konnte sie gut verstehen. Wenn man in dem Plastikgartenstuhl saß und eine Euromünze zwischen den Fingern drehte, fiel es leichter, den Abgrund von fünfhundert Jahren zu überbrücken und sich in die Vergangenheit zu träumen.
    Matt sah auf, als jemand an der Tür klopfte. Seine Hand legte sich auf den Driller, den er neben sich auf einem wurmzerfressenen Holztisch abgelegt hatte.
    »Ja?«
    Die Tür wurde aufgezogen und Johaan trat ein. »Verzeiht die Störung, mein König. Wir wissen jetzt ein wenig mehr über die Attentäter.«
    »Wer sind sie?«
    »Nun, das wissen wir noch nicht genau. Zwei von ihnen sind tot, der dritte, der unter den Ziegelsteinen begraben wurde, lebt zwar, aber die Heiler sind nicht sicher, ob er das Bewusstsein wiedererlangen wird.«
    Matt legte die Münze auf den Tisch und stand auf. »Sie sollen tun, was sie können. Wir müssen herausfinden, wer sie sind und wer sie geschickt hat. Wegen ihnen ist ein halbwüchsiges Mädchen gestorben. Ich will sie kriegen!«
    Seine Wut überraschte nicht nur ihn selbst, sondern auch Johaan, der die Augenbrauen hob, bevor er fortfuhr: »Die Attentäter sind über den Palastzaun eingedrungen, haben zwei Arbeiter getötet und sich im Palast verteilt.«
    »Woher hatten sie die Uniformen?«
    »Das, mein König, ist noch nicht ganz klar, aber wir befürchten, dass sie aus den Unterkünften der Palastwache stammen.«
    Matt lehnte sich an die Wand und verschränkte die Arme vor der Brust. »Wenn man das im Zusammenhang mit der Abwesenheit der Wachen in den Gängen sieht, gibt es nur eine Schlussfolgerung.«
    Johaan nickte. »Die Wachen wurden bestochen.«
    Er hatte es befürchtet. Schon als er hörte, dass Jenny aus dem Palast entführt worden war, hatte er sich gefragt, ob die Wachen daran beteiligt gewesen waren. Jetzt schien es sicher: Die Menschen, die zum Schutz der Palastbewohner eingestellt waren, arbeiteten gegen sie.
    Matt hob den Kopf und sah Johaan an. »Es gibt da jemanden, mit dem ich reden möchte.«
    ***
    »Hey, Taratzenarsch, das ist mein Tisch. Ich ess hier jeden Abend.« Der junge kräftige Soldat, der vor Bulldogg trat, hatte sich einen Laib Brot unter den Arm geklemmt und hielt einen Holznapf mit Gulasch in der Hand. »Verpiss sich«, fügte er hinzu und ballte die Faust.
    Bulldogg machte sich nicht die Mühe, aufzustehen. Mit einem Tritt fegte er dem Burschen die Beine unter dem Körper weg.
    Gleichzeitig zog er seinen Napf zur Seite. Sein Gegenüber schlug schwer mit dem Kinn auf die Tischplatte. Sein Blick wurde glasig, dann sackte er auch schon zu Boden.
    Bulldogg nahm ihm den Brotlaib aus der Hand und legte ihn neben seinen eigenen Teller. »Heute Abend isst du nicht hier«, sagte er ruhig, während er einige Brotstücke in seiner Suppe aufweichte. Zwei Freunde des Soldaten, die ebenfalls die Uniform der Stadtwache trugen, zogen den Bewusstlosen zu ihrem eigenen Tisch. Bulldogg beachtete sie nicht weiter.
    Eigentlich konnte er sich das Essen in der Taverne nicht leisten, schließlich hatte er Frau und Kinder zu versorgen, aber manchmal überkam ihn der Drang, etwas anderes als Deersuppe auf der Zunge zu schmecken. Dann verschlug es ihn in die Schankstube des Trunkenen Kepirs, wo es den besten Fischeintopf der ganzen Stadt gab und das größte Brot.
    Letzteres würde es allerdings nicht mehr lange geben, denn der König hatte die einzigen Bäcker mit Mehlvorräten in den Kerker werfen lassen.
    Bulldogg tauchte den Löffel in den Eintopf und begann schmatzend und schlürfend zu essen. Es stand ihm nicht zu, die Entscheidung eines Königs anzuzweifeln, also fand er sich einfach damit ab und hoffte, dass die Krise vorüber war, bevor die

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