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0930 - Das Stigma

0930 - Das Stigma

Titel: 0930 - Das Stigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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konnte mich nicht erinnern, irgendwelche Schlafwandler erlebt zu haben, aber so wie Marcia reagierte, konnten es nur Schlafwandler tun, denn ihre Bewegungen wirkten wie ferngesteuert, und sie waren auch entsprechend langsam.
    Sie drehte sich auf dem Bett, schwang die Beine vor, hielt sie dabei zusammen, dann drückte sie die Füße nach unten und stemmte sich gegen den Steinboden.
    Noch saß sie auf der Bettkante, was sich bald änderte, denn sie bewegte ihren Oberkörper nach oben.
    Für einen Moment blieb sie vor dem Bett stehen, aber den Blick bereits auf ihr Ziel, den Spiegel gerichtet.
    Er war wichtig.
    Es war für mich nicht zu erkennen, ob sie die Augen offen oder geschlossen hielt. Vielleicht waren sie auch nur zur Hälfte zugeklappt.
    Wie auch immer, es war in diesem Moment nicht wichtig, und ich überlegte, wohin ich schauen sollte.
    Zum Spiegel, zu ihr?
    Ich versuchte, beide zu beobachten, was mir auch gelang, denn Marcia näherte sich dem Spiegel. Sie trug noch immer die Turnschuhe, -und die Specksohlen hinterließen auf dem Steinboden bei jedem Schritt saugende Geräusche.
    Normal ging sie nicht. Jetzt schritt sie tatsächlich dahin wie eine Schlafwandlerin, aber das war sie nicht im Sinne des Wortes. Sie schien im Bann einer anderen Macht stehen. Für mich gab es keine Begründung.
    Ich ließ sie gehen und schaute mir den Spiegel an. Bei ihm hatte sich noch nichts getan. Die Oberfläche war gleich und auch glatt geblieben.
    Kein Schimmern, keine Wellen, keine grauen Flecken, er war und blieb normal.
    Marcia ging an mir vorbei. Sie schaute nur nach vorn. Mich sah sie nicht.
    Jetzt war der Spiegel wichtiger und zugleich auch die Kraft, die von ihm aus in Marcia hineingefahren war.
    Vor ihm blieb sie stehen.
    Ihre Hände zuckten. Die Arme waren nicht vorgestreckt, wie es immer in irgendwelchen Witzblättern zu sehen war, wo dann der Schlafwandler über den Dachfirst marschierte.
    Ein Spiegel hing an der Wand. Harmlos. Einer, der die Eitelkeiten und die Ängste eines Menschen stets brutal deutlich widergab. Sonst jedenfalls. Jetzt bewegte sich darin etwas.
    Nur war es nichts Fremdes, wie ich gehofft hatte, sondern einzig und allein die dunkelhaarige Frau, die sich der Fläche immer mehr näherte, als wollte sie in sie hineingehen.
    In mir stieg die Spannung. Ich war plötzlich unsicher geworden, schwitzte und wußte nicht, wie ich mich verhalten sollte. Was war besser? Was war von Vorteil? Sollte ich Marcia jetzt stören oder sie mit der Kraft des Spiegels allein lassen?
    Die Entscheidung hätte ich schon vorher treffen müssen, denn nach Marcias nächstem Schritt war es zu spät. Da hatte sie den Spiegel erreicht, zwar noch nicht berührt, aber sie stand sehr dicht davor, und ihr Körper nahm mir den Großteil der Sicht.
    Was tat sie?
    Nichts!
    Was unternahm der Spiegel?
    Im Moment blieb er ruhig- Es gab nichts, was sich in seiner Fläche bewegt hätte. Mir kam es vor, als wären zwei völlig Fremde dabei, sich gegenseitig anzustarren, sich zu belauern, obwohl sie trotz ihrer Fremdheit zusammengehörten.
    Ich stand auf dem Sprung, und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn ich hatte das rechte Bein vorgestreckt, um mich mit dem Fuß abzustützen. Ich wartete auf den richtigen Moment, um einzugreifen und wußte noch immer nicht, wie ich es anstellen sollte.
    Dafür aber die Frau.
    Sie hob das rechte Bein an.
    Ich beobachtete ihr Knie, denn mit genau dieser Stelle berührte sie zuerst die Fläche.
    Die Berührung erfolgte - und es blieb nicht dabei, denn plötzlich hatte sich die Fläche verändert. Von einem Augenblick zum anderen wurde sie von einem griesigen Grau durchzogen und hatte auch ihre Härte verloren. Es sah so aus, als wäre sie zu einer weichen, puddingartigen Masse geworden, die zugleich noch eine gewisse Sogwirkung besaß, denn Marcias Körper konnte sich nicht mehr vor dem Spiegel halten. Er wurde regelrecht nach vorn gezogen, auf einen Gegenstand zu, der zahlreiche unsichtbare Arme zu besitzen schien, um damit sein Opfer zu umfangen.
    Der Spiegel schluckte die Frau!
    Und ich sprang genau in dem Moment los, als dies passierte. Ich rechnete damit, daß er noch offen war, daß dieses ungewöhnliche Tor mich nicht abwies. Mit der nach vorn gestreckten rechten Hand wollte ich mich zuerst in den Spiegel hineindrücken, aber es war vergeblich.
    Die Fläche hatte sich wieder geschlossen und auch ihr zuvor gezeigtes Grau verloren. Ich stieß mir nur die Knöchel, als meine Hand gegen die wieder

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