0931 - Shinigami
überrascht den Geräuschteppich um sich herum. Die Menschen murmelten einander ihre Bestürzung zu und starrten betroffen auf sie und die reglos am Boden liegende Alphonsine, und für einen Moment fragte sich Nicole, ob das Gespräch mit dem Shinigami wirklich stattgefunden hatte. In der Ferne waren die jetzt lauter werdenden Sirenen des Krankenwagens zu hören.
Nicole hob den Kopf zum Fenster der Wohnung und sah, wie Yasmina ihr von oben Zeichen gab. Nicole verstand: Yasmina hatte die Zeichen vom Boden gewischt, sodass es keine Hinweise mehr auf dämonische Aktivitäten geben würde, wenn die Flies auftauchten.
Alle würden glauben, dass sich ein tablettensüchtiges Model aufgrund einer Halluzination wegen Entzugserscheinungen selbst das Leben genommen hatte. Nicole seufzte. »Haben Sie sie gekannt?«, hörte sie hinter sich einen jungen Mann fragen. Er war der Kellner im Restaurant Ô Beau B'arts . »Ich habe Ihnen beiden heute Mittag die Suppe gebracht.«
Nicole lächelte. »Richtig. Ich erinnere mich.«
»Ich habe sie gekannt«, sagte der junge Mann bekümmert. »Sie ist eine schöne Frau gewesen. Tragisch, dass das passieren musste.«
»Ja«, sagte Nicole leise. »Da haben Sie recht. Sehr tragisch.«
Sie sah wieder auf Alphonsine und bemerkte die schwarz gekleidete Gestalt mit den goldenen Locken und den seltsam bernsteinfarbenen Augen nicht, die etwa einen Meter entfernt von ihr stand und deren schön geschwungener Mund sich jetzt zu einem anmutigen Lächeln verzog.
***
»… deshalb bin ich - wenn Sie mir die Schlussfolgerung erlauben, Professor Landru, der Ansicht, dass Paulette Blazon durchaus etwas Unterstützung verdient hat.«
Louis Landru fixierte Julie Deneuve alias Nicole Duval mit seinen braunen Knopfaugen. »Ich kann ja nicht behaupten, dass mir gefällt, wenn Sie derartige Aktionen vornehmen und ich muss ja sicher nicht betonen, warum.«
Nicole biss sich schuldbewusst auf die Lippen. »Ich weiß schon. Es ist in der Tat nicht angenehm, dass dadurch Conimissaire Macardet bei Ihnen auftauchen würde.«
»Das ist es nicht. Glücklicherweise schien er unserer Organisation bei Weitem nicht so skeptisch gegenüberzustehen wie die meisten seiner Amtskollegen, mit denen ich bisher zu tun hatte.«
Nicole wusste nicht, ob sie diese Bemerkung erleichterte oder beunruhigte. Einerseits war es gut, dass die deBlaussec-Stiftung nicht weiter in die Schlagzeilen geriet, andererseits schien es, als würde der Professor jetzt doch langsam darauf kommen, dass an Julie Deneuve irgendetwas nicht stimmte.
Landru betrachtete Nicole aufmerksam. »Sie kennen sich wirklich bemerkenswert gut aus mit Dämonen, Madame Deneuve, das muss ich schon sagen, auch wenn Sie meiner Meinung nach mehr Glück als Verstand bei dieser ganzen Sache hatten. Ich möchte noch einmal betonen, dass ich bei meinen Mitarbeitern ein derartiges Engagement dennoch nicht sehr schätze. Ich halte es für zu gefährlich. Bei unseren Stiftungsvorsitzenden«, er wies hinter sich auf das postergroße Porträt von Nicole und Zamorra, »ist das etwas anderes. Die beiden haben jedes Recht, diese Dinge selbst in die Hand zu nehmen.«
Nicole spürte zu ihrem Ärger, wie sie rot wurde, doch sie wusste nicht, was sie antworten sollte. Rechtfertigen konnte sie sich nicht - sie hätte ja erklären müssen, warum sie sich so gut auskannte auf dem Gebiet der Dämonenbekämpfung. Dennoch passte ihr ganz und gar nicht, sich von Louis Landru so abkanzeln zu lassen.
Auf dessen Gesicht zeigte sich nun ein Ausdruck von Zufriedenheit. »Ich sehe, wir haben uns verstanden, Madame Deneuve. Derartige Aktionen wünsche ich nur nach vorheriger Absprache - und mit guter Begründung und Erklärung Ihrer Fähigkeiten, verstanden?«
Nicole nickte. »Vielleicht ist es besser, wenn ich Paris für eine Weile verlasse«, sagte sie dann, einer plötzlichen Eingebung folgend. »Haben Sie nicht einen Auftrag im Ausland für mich?«
Überrascht lehnte Landru sich in seinem Sessel zurück. »Im Ausland?« Er nahm seine Hornbrille ab und begann, sie sorgfältig zu putzen. »Da habe ich einige Fälle, die ich gerne einer so engagierten Mitarbeiterin, wie Sie es sind, übertragen würde.« Er griff nach einem unglaublich hohen Berg von Mappen und Akten, die links auf seinem Schreibtisch aufgetürmt waren, und setzte die Brille wieder auf. »An welches Ausland hatten Sie dabei denn gedacht?«, fragte er und fixierte Nicole über seine Brille hinweg eindringlich.
Nicole erwiderte
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