0932 - Statue der Macht
um seine Gedanken zu sammeln. Er war schon vor geraumer Zeit zu der Erkenntnis gekommen, daß die Berufung von Individuen nach Green Darkness zwar in Abhängigkeit von gewissen Seinscharakteristiken, wie die Stimme sie nannte, aber sonst nach den Gesetzen der Statistik erfolgte und daß er selbst durch reinen Zufall in diesen exotischen Kreislauf geraten sei.
Aber es war in seinem Verstand nie ein Zweifel daran gewesen, daß die Stimme ihn wiedererkennen würde, wenn er zum dritten Mal nach Green Darkness kam. Das Amt, das sie ihm zu verleihen gedachte, hörte sich wichtig und bedeutungsvoll an. „Dein Name wird durch den gesamten Kosmos genannt werden", hatte sie gesagt.
Aber jetzt gab sie vor, ihn nicht zu kennen?
Grauen beschlich Perry, als er sich in diesen Sekunden einen körper- und seelenlosen Prozeß ausmalte, der wahllos Individuen aus ihren angestammten Universen nach Green Darkness rief, sie mit einer unvorstellbaren Machtfülle belud und wieder in ihre Universen entließ ein Prozeß, der weder Ursprung noch Ziel hatte, der sein Dasein selbst wiederum einem Zufall verdankte und ganz und gar sinnlos war. Wie viele der Machtbeladenen aber mochten die Sinnlosigkeit des Vorgangs erkannt und auf ihre Machtfülle verzichtet haben? Ihre Zahl war gewiß verschwindend gering neben der jener, die das Amt eines Regenten angenommen und ihre Machtfülle zu gebrauchen begonnen hatten - in der festen Überzeugung, daß sie eine unendlich wichtige Aufgabe versahen. Wieviel Elend aber mochte die Ausübung solcher Macht in die verschiedenen Universen getragen haben! Denn Wesen, die sich die Macht schenken lassen, ohne zu fragen, ob sie sie auch verdienen, zeichnen sich gewöhnlich nicht durch Weisheit in ihrer Anwendung aus.
Wem gehörte diese fürchterliche Stimme? Wessen Mentalimpulse schwangen da im Äther? Die Gedanken des Bösen?
Perry wurde aus seinen düsteren Gedanken aufgeschreckt, als die Stimme wieder zu sprechen begann.
„Ich habe deinen Fall analysiert", sagte sie. „Du bist entweder ein Verräter oder ein Unwürdiger. In beiden Fällen ist deine Vernichtung unerläßlich."
*
Perry starrte zu der Frauengestalt empor. Er sah, wie ein Leuchten aus ihr hervordrang und sie einhüllte. Es war ein unschönes Leuchten von feindseliger, giftgrüner Farbe. Perry fragte sich noch, was die Leuchterscheinung zu bedeuten haben mochte, da wurde die Strahlung in der Höhe des Kopfes der Statue plötzlich blendend intensiv. Ein Strahlenbündel stand plötzlich im Dämmerlicht des Felsenplaneten. Fauchend fuhr es nur wenige Schritte von Perry entfernt in den Boden und erzeugte eine wuchtige Detonation, die glühende Felsstücke und Steinsplitter wie eine Fontäne in die Höhe schleuderte.
Perry reagierte instinktiv. Er warf sich zur Seite. Er fiel, kam wieder auf die Beine und lief auf die Mauer zu, die die Statue umgab. Hinter ihm knisterte und prasselte es. In unaufhörlicher Folge lösten sich dicke. energiereiche Strahlenbündel aus der leuchtenden Hülle des Bildnisses und schossen hinter dem Fliehenden her.
Als Perry die Mauer schließlich erreichte, hielt er es für ein Wunder, daß er bisher noch nicht getroffen worden war. Im Schutz der hoch aufragenden Wand hielt er sich für eine Weile sicher. Er blickte den Weg zurück, den er gekommen war. Der früher ebene Belag des Innenhofs, aus dem sich die Statue erhob, wies mehr als ein Dutzend häßlicher schwarzer Krater auf. Aus den Kratermündungen stieg Qualm.
Das Bildnis selbst war noch immer in das grüne Lichtfeld gehüllt. Perry, der sich für halbwegs sicher gehalten hatte, zuckte unwillkürlich zusammen, als aus der leuchtenden Hülle von neuem ein Strahlenbündel hervorzuckte. Wäre es scharf gezielt gewesen, hätte es für ihn keine Rettung mehr gegeben. So aber fuhr der Energiestrahl etwa vier Meter von Perry entfernt in den Boden und warf einen weiteren Krater auf, an dessen Rändern das Gestein rötlich glühte.
Perry war verwirrt. Wo sollte er sich verbergen? Er musterte mit Besorgnis die grüne Sonne und stellte fest, daß sie eben erst den höchsten Punkt ihrer Bahn erreicht hatte. Er würde es also noch eine Zeitlang auf Green Darkness aushalten müssen. Wo war er am sichersten?
Die Frage ließ sich nicht beantworten, solange er nicht wußte, welche Wahrnehmungsfähigkeiten der Gegner besaß. Einigermaßen zerknirscht gestand Perry sich ein, daß seine erste Reaktion zwar rasch, aber nicht unbedingt logisch gewesen sei. Er hatte
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