0938 - Rabenherz
gewesen war, hatte sie Duuna geheißen. So viel wusste sie inzwischen. Bereits damals hatte sie über den Zukunftsblick verfügt, hatte ihn durch bestimmte Kräuter - die später leider mit dem sagenhaften Kontinent untergegangen waren - sogar willentlich hervorrufen können. Die anderen Bürger Lemurias achteten sie für ihre Fähigkeiten, insbesondere nach der schlimmen Zeit!
Dunja hatte allerdings keine Ahnung, was für eine schlimme Zeit das gewesen sein sollte. Sie erinnerte sich jedoch noch an einen weiteren Namen: Atrigor. Ein Krieger für die helle Seite - was auch immer das bedeuten mochte. Irgendetwas hatte er mit ihrer Unsterblichkeit zu tun, auch wenn sie beim besten Willen nicht sagen konnte, was.
Sollte dieses geheimnisvolle Schloss die nächste Erinnerung an ihre Vergangenheit sein?
Nein, das hielt sie für abwegig.
Sie schaute aus dem Fenster. Direkt in den Burghof von Château Montagne.
Eine weitere Flammenlohe zuckte durch ihren Kopf.
Auf dem Hof stand ein Mann in weißem Anzug…
(Zamorra)
... und unterhielt sich mit einem jungen Burschen. Gleichzeitig wandten sie ihr die Gesichter zu und starrten sie durch das Fenster hindurch an.
Bevor sie sich in die Hochhäuser von New York zurückverwandelten, sagten sie etwas, das Dunja eine Gänsehaut über die Arme jagte.
»Achte auf die Hülle! Wenn sie in die falschen Hände gerät, wirst du sterben!«
***
Rhett Saris ap Llewellyn sah in Kathrynes Augen, versank in deren Tiefe, fühlte die Wärme ihrer Finger auf den Wangen und wünschte sich einmal mehr, ein ganz normaler Teenager zu sein.
Doch das war er nicht. Er war der Erbfolger . Als solcher lebte er bereits seit über dreißigtausend Jahren in verschiedenen Inkarnationen und in jeder davon ein Jahr länger als in der vorherigen. Neun Monate vor seinem Tod zeugte er einen Sohn, in dessen Körper seine Seele nach seinem Ableben weiter existierten konnte. Seine Aufgabe bestand darin, in jeder Inkarnation einen Auserwählten zur Quelle des Lebens zu führen und ihn so zum unsterblichen Kämpfer gegen die Mächte der Finsternis zu machen.
Zumindest war es bis vor Kurzem so gewesen. Doch dann hatte sich alles, was er wusste, alles, wofür er sich hielt, ins Gegenteil umgekehrt.
»Hey!« Kathryne hauchte ihm einen zarten aber intensiven Kuss auf die Lippen. »Schön, dass dein Körper bei mir ist. Aber wo ist dein Geist?«
»Sorry.« Rhett richtete sich aus seiner halb liegenden Position auf dem Bett auf. Sein Blick fiel in Kathrynes bis zum Nabel aufgeknöpfte Bluse. »Ich bin nicht dort, wo ich sein müsste.«
Das Mädchen setzte sich neben ihm auf und griff seine Hand. »Das ist mir aufgefallen. Was ist los?«
Vor einigen Wochen hatte Rhett herausgefunden, dass Lucifuge Rofocale die Erbfolge als Werkzeug des Bösen erschaffen hatte. Dabei sollte der Erbfolger mit jeder Inkarnation stärker werden, indem er die Seele seines Sohnes, in den er schlüpfte, in sich aufnahm. Am Ende, nach der zweihundertfünfzigsten Geburt, sollte er sich in ein Wesen namens Xuuhl verwandeln. Ein unglaublich machtvoller Dämon, der ein wie auch immer geartetes Geschenk für LUZIFER darstellte.
Diese zweihundertfünfzigste Inkarnation war Rhett!
Lucifuge Rofocales Plan war gescheitert, weil Merlin die Erbfolge vor zwanzigtausend Jahren gereinigt und in etwas Gutes umgewandelt hatte. Erst seit dieser Zeit wies der Llewellyn einem Auserwählten den Weg zur Quelle. Zumindest konnte Rhett sich nicht daran erinnern, das auch in seinen ersten bösen Leben schon getan zu haben.
Auch Krychnaks Vorhaben, die Reinigung rückgängig zu machen und Rhett durch die Verschmelzung mit Aktanur, seinem finsteren Zwilling - streng genommen seinem finsteren Ururururururonkel, wenn es so etwas überhaupt gab -, doch noch in Xuuhl zu verwandeln, war fehlgeschlagen. [1]
Und doch…
»Dieser Körper gehört nicht mir«, sagte Rhett. »Die Seele, der er wirklich gehört, steckt zwar auch irgendwo in mir drin, aber ihre zweihundertneunundvierzig Vorgänger haben sie einfach aufgefressen. Ich bin echt voll froh, dass es nach mir keinen Erbfolger mehr geben wird.«
Zumindest hoffte er das. So war es von Lucifuge Rofocale vorgesehen gewesen! Andererseits hatte er auch geplant, dass die Erbfolge mit einem starken Dämon endete, was ebenfalls nicht eingetreten war. Vielleicht ging es also doch weiter. Und weiter und weiter.
Rhett grinste Kathryne schief an. »Weißt du, was das Ironische daran ist? Die Frauen, von denen ich mir
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