0943 - Herren aus der Tiefe
Freunde, von daher ließ ich ihn ein, ging mit ihm hinauf in meine kleine Wohnung über dem Museum und machte ihm einen Tee zur Beruhigung, doch George wollte sich nicht beruhigen. ›Hilf mir‹, wiederholte er ständig. ›Ich werde verfolgt‹.«
»Von einem Dämon«, murmelte Zandt trocken.
»Ganz recht.« Hollisters Nicken hatte etwas Trotziges. »Von einem Dämon. Schauen Sie, George wusste, dass das Okkulte meine zweite Leidenschaft ist. Deshalb wandte er sich an mich. Er war überzeugt davon, dass eine Art Teufelswesen auf seiner Spur sei und es nur eine Frage der Zeit bliebe, bis es ihn erreiche und ihn mitnähme.«
»In die Hölle«, spottete Zandt weiter, jedes Wort so kühl und schneidend wie ein Säbel.
»Na ja«, erwiderte Hollister mit einem Achselzucken, »das wohl nicht gerade. Eher ein wenig weiter himmelwärts, wenn Sie verstehen.« Er lächelte entschuldigend.
»Wenn ich verstehe?« Der Lieutenant fuhr sich mit der Hand über die kurzen Stoppelhaare und seufzte gequält. »Nein, Doktor, ich verstehe gar nichts. Vor allem nicht, wie ein Mann der Wissenschaft so einen Stuss glauben kann! Ich frage mich, wie…«
»Verzeihen Sie, Sir«, unterbrach Andy seinen Vorgesetzten. Eine unschöne Vorahnung bahnte sich in seinen Geist. »Aber… Ähm, Doktor, Sie sagten gerade etwas von weiter himmelwärts. Was genau meinen Sie damit?«
»Dass George nicht die Hölle fürchtete, sondern eine Qual, die weiter oben liegt. Näher an der Erdoberfläche.« Hollister lächelte. »Die Stadtväter, Sergeant Sipowicz. George D'Aquino war letzte Nacht überzeugt davon, die Götter New Amsterdams seien ihm auf den Fersen. Und wenn ich mir die Schlagzeilen der heutigen Tagespresse so anschaue, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie ihn gefunden haben.«
Diesmal war Zandts Grunzen so laut, dass man es noch am Ufer des Harlem River hören musste.
Kapitel 2 - Schatten der Vergangenheit
Vor der breiten Marmortreppe, die hinauf zum Eingang von Police Plaza 1 führte, der Zentrale des New Yorker Police Departments, regierte der Wahnsinn. Menschenmassen fluteten den Gehsteig. Selbst ernannte Prediger standen auf den Stufen und riefen ihren wirren Sermon über die Köpfe der Wartenden, als seien diese die Gemeinde, auf die sie ihr Lebtag gewartet hatten. Abgewrackte Gestalten in Kapuzenmänteln - die Haare und Kleidung so schwarz, wie das Mascara an ihren Augen, die blassen Wangen durchstochen und die dünnen Arme mit bunten Tätowierungen bedeckt - huschten umher, tauschten sich miteinander aus oder entzündeten stinkende Kerzen. Manche fassten sich an den Händen und stimmten seltsam sakral klingende Gesänge an. Andere trugen Banner und Plakate umher, wie auf einer Demonstration. Jenny Moffat fühlte sich, als habe jemand eine Gruftie-Convention mit einer Versammlung der Dorftrottel zusammengelegt und ausgerechnet sie dazu eingeladen.
Die junge Journalistin stand nun schon eine geschlagene Stunde da und versuchte vergeblich, die Pressestelle des Police Departments zu erreichen. Nachdem ein persönlicher Vorstoß nichts gebracht hatte, hatte sie es mehrfach per Handy versucht, aber selten mehr als die Warteschleife zu hören bekommen. Und das alles wegen diesen Stadtvätern!
Die Zeitungen waren voll davon. TÖTETEN SINISTRE GÖTTER AUS DER TIEFE MUSIKPRODUZENTEN?, prangte es von den Titelseiten der New York Post . Selbst das altehrwürdige Frühstücksfernsehen hatte nicht versäumt, über den mysteriösen U-Bahn-Mord zu berichten und auch die übersinnliche Komponente dabei nicht übergangen.
Kein Wunder, dass hier all diese Spinner aufgetaucht sind , dachte Jenny, seufzte und steckte das Handy weg. An dem Thema kommt man heute Morgen, kaum vorbei. Wusste gar nicht, dass New York City seine eigene Variante des Loch-Ness-Monsters hat.
All das war natürlich Humbug. Höllische Kreaturen aus der Tiefe, die die Lebenden angriffen? Dämonische Wesen, die seit Urzeiten unter der Stadt lebten und das Geschick ihrer Bewohner lenkten? Wie groß musste das Sommerloch wohl sein, dass die hiesige Lokalpresse derart triviale Kühe durchs Dorf trieb, um ihre Seiten zu füllen? Und doch. In einer Stadt, die niemals schlief, fand selbst der größte Mumpitz noch begeisterte Anhänger.
»Huldigungsfeier morgen um 21 Uhr, Huldigungsfeier morgen, um 21 Uhr!« Ein schlanker Italoamerikaner mit leerem Blick zog an ihr vorbei durch den Pulk an Freaks und drückte ihr eines seiner Flugblätter in die Hand.
Sie sah ihm
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