0945 - Verdammte Totenbrut
Grundsätze. Daran konnte man nichts machen. - Sie ließ das Nachthemd fallen, setzte die Duschhaube auf und kletterte in das Duschbecken. Sie fühlte sich matt, kaputt, einfach mies, und sie hoffte auf die erfrischende Wirkung einer Dusche. William hatte versprochen, gegen Mittag oder am Nachmittag wieder zurück zu sein.
Bis dahin wollte sie wieder fit sein.
Nach fünf Minuten hatte sie die Dusche verlassen, fühlte sich aber kaum besser. Sie trocknete sich ab. Aus dem Schlafzimmer holte sie den Slip, einen schlabberigen, pflaumenblauen Pullover und zog die weißen Jeans über. Das halblange Haar band sie im Nacken fest. Bevor sie etwas Schminke auflegte, schaltete sie die Kaffeemaschine ein und in der Küche das kleine Radio.
So kam sie sich nicht so allein vor. Musik beschwingte und tröstete über vieles hinweg.
Vor dem Spiegel schminkte sich Wendy, allerdings nicht zu stark. Gerade so, daß mit sich einigermaßen zufrieden war. Nach einer Nacht, in der an Schlaf kaum zu denken gewesen war, wieder so auszusehen, war schon toll.
Die Küche war ziemlich groß, so daß noch ein Tisch in ihrer Mitte Platz gefunden hatte. An ihn setzte sich Wendy und schaute in den mit Kaffee gefüllten Becher.
Sie trank das heiße Zeug langsam und in kleinen Schlucken. Dabei schaute sie aus dem Fenster, ohne jedoch wahrzunehmen, was draußen ablief. Zu sehr war Wendy in den eigenen Gedanken versunken. Die sich allerdings nicht um ihre Person direkt drehten, sondern um das schon unheimliche Gefühl, das sie seit dem Erwachen nicht mehr verlassen hatte. Es war geblieben. Es klebte an und in ihr, und sie machte sich allmählich Sorgen. Von nichts kam nichts. Es mußte irgend etwas passiert sein, daß sie so dachte.
Aber was?
Nichts, überhaupt nichts. Zumindest nichts, was mit ihr zu tun gehabt hätte.
Mit wem dann?
Da gab es nur eine Erklärung. Es mußte mit ihrem neuen Freund zusammenhängen und möglicherweise auch mit dessen Reise nach London.
Wenn sie ehrlich gegen sich selbst war, dann war ihr diese Fahrt suspekt vorgekommen. Trotz intensiver Nachfrage von ihrer Seite hatte er nicht konkret geantwortet. Geschäfte, Geldangelegenheiten, das war ein sehr weites Feld, und komischerweise hatte sie William dies auch nicht geglaubt.
Auf der anderen Seite wollte sie auch nicht so mißtrauisch wie manche Ehefrau sein. Auf keinen Fall wollten sich beide einengen. Da sollte schon jeder seine Freiheit haben, vorausgesetzt, er nutzte sie nicht zu sehr aus. Und bisher konnte sich keiner über den anderen beschweren.
Trotzdem stimmte etwas nicht.
Der Kaffee war heiß durch ihre Kehle geflossen und hatte sich im Magen ausgebreitet. Wendy fühlte sich jetzt besser und konnte sich wieder konzentrieren. Die Konzentration brauchte sie für ihre Malerei. Sie wollte an ihrem Bild weitermalen. An einem Porträt, das ihren neuen Freund William Cox zeigte und beinahe fertig war. Nur noch einige Details mußten nachgemalt werden, und sie wollte auch am Hintergrund arbeiten.
Aus der Kanne schenkte sie noch einmal Kaffee nach und machte sich dann auf den Weg ins Gästezimmer, das zu ihrem Arbeitsraum umfunktioniert worden war.
Sie schaltete das Licht ein.
Das große Fenster reichte dort bis zum Boden und gehörte zu einem nach hinten liegenden Erker.
Wer dort stand, konnte den Eindruck haben, sich auch im Garten aufzuhalten, aber Wendy hatte genau in diesen Erker ihre Staffelei aufgebaut.
Sie schaute sich im Licht der Strahler um. Es war alles so geblieben wie am Abend zuvor. Trotzdem schien sich etwas verändert zu haben. Nicht am Schrank, nicht am Gästebett, nicht an den beiden Sesseln und auch nicht dort, wo ihr Farbkasten und die Pinsel standen. Der Boden war mit einer Decke belegt worden, die das Parkett schonte. Da konnte ruhig mal ein Farbklecks landen, das machte nichts.
Etwas zögernd schritt sie auf ihre Staffelei zu. Darüber wunderte sich Wendy ebenfalls. Normalerweise konnte sie es nicht erwarten, ihren Arbeitsplatz zu erreichen, um die kreative Phase einzuleiten. An diesem Morgen war alles anders.
Nicht daß sie sich vor etwas gefürchtet hätte, es gab da aber ein Gefühl in ihr, daß sich immer mehr verdichtete und ihr mitteilte, daß sie noch eine Überraschung erleben würde.
Bisher war es nicht geschehen.
Sie wartete. Schaute sich um. Es war alles normal. Noch war es draußen finster, sie konnte sich nur auf das Licht im Raum verlassen, das auch gegen ihre Staffelei floß. Allerdings war ihr Blickwinkel
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