0945 - Zielort Kristallwelt
klang zu ihrer eigenen Zufriedenheit klar und zitterte nicht.
Der ERHABENE barst förmlich vor Zorn und für einen Moment glaubte Sinje-Li, er wolle sie töten. Seine Augen leuchteten so blau wie der Dhyarra unter seiner Kehle, seine Haut glühte ebenfalls in einer Farbe, die so giftig schien wie ein Schierlingsbecher. Er trat einige Schritte auf sie zu.
»Was sagst du da? Fu Long, der Fürst der Finsternis? Er wagt es, sich gegen mich zu stellen?«
Sinje-Li neigte den Kopf. »So ist es, Herr.«
»Dieser Sohn einer schrumpfköpfigen Dämonenschickse! Er hätte sich weiter heraushalten sollen wie bisher! Seit er auf dem Knochenthron sitzt, hat er sich in meine Belange nicht eingemischt!«
Sinje-Li schwieg und versuchte, diesem Schweigen einen möglichst würdevollen Respekt zu verleihen. Es schien zu funktionieren, denn Tan Morano fuhr mit seinen lauten Überlegungen fort.
»Wieso wagt er es jetzt, sich mir entgegenzustellen? Er muss aufgehetzt worden sein«, murmelte der ERHABENE und ging ruhelos vor seinem Thron auf und ab. Plötzlich blieb er stehen. »Das war Zamorra, dieser Elende. Er hat mit dem chinesischen Vampir bereits mehrfach zusammengearbeitet. Ich werde ihn ausschalten und beide bestrafen, wie es denen zusteht, die sich gegen mich stellen.«
Wieder blieb er vor Sinje-Li stehen. Er war ein wenig größer als sie und sah mit gefletschten Zähnen auf sie herunter. »Wer von den Sippen widersetzt sich mir in Fu Longs Auftrag? Ich werde diese Clans vernichten. Der Fürst der Finsternis soll sehen, welche Macht er über die Sippen hat. Nämlich keine!«
Sinje-Li wich dem Blick nicht aus, sondern erwiderte ihn geradeheraus. »Meladier und Xenia Wrukolaka weigern sich, dir zu folgen. Sie wollen - wenn es denn eine Gefahr gibt, was sie bezweifeln - nicht von dir abhängig sein. Ruthendo hat in Choquai beim Fürsten der Finsternis Zuflucht gesucht. Der Fürst hat auch die chinesischen Vampir-Sippen in seine Residenz-Stadt geholt.«
Der ERHABENE versuchte einen Augenblick, sich zu beherrschen. Doch es gelang nicht. Mit einer knappen Handbewegung riss er einen Ewigen an sich heran. Der Mann stolperte auf ihn zu und blieb zu seinen Füßen liegen. Mit einer einzigen Geste seines kleinen Fingers tötete er den Mann, seine Kehle öffnete sich, als sei ein Rasiermesser darüber gefahren. Ein See von Blut bildete sich unter ihm. Der Ewige röchelte noch einen Moment, zuckte und lag dann still.
»Ich bringe so leicht den Tod«, sagte Morano leise. Doch unter seiner Stimme lauerte Gefahr. Sinje-Li hörte zu und zuckte nicht mit der Wimper.
»Ich bin der Tod und das Leben! Und was tun sie? Sie gehorchen mir nicht. Selbst wenn sie nicht an die Gefahr glauben, von der ich sicher bin, dass es sie gibt - sie haben mir zu gehorchen. Ich bin ihr König! Keine Kompromisse!«
Er ging ein paar Schritte hin und her.
»Geh. Ich werde mich selbst darum kümmern. Bereite weiter die Evakuierung der Erde und der Hölle von den Vampiren vor.« Damit wollte er mit raschen Schritten den Thronsaal verlassen.
»Herr?«, fragte Sinje-Li mit lauter Stimme und hielt ihn zurück. Er stoppte und wirbelte herum. »Was ist?«
Er kam mit langen Schritten zurück und blieb dicht vor Sinje-Li stehen. »Herr, es sind bereits große Mengen an Vampiren eingetroffen. Doch sie marodieren durch die Straßen und glauben, dass sie sich einfach von allem ernähren können, das nicht schnell genug vor ihnen fliehen kann.«
Tan Morano sah Sinje-Li zornig an. »Nun, und? Was kümmert es mich?«
»ERHABENER, die Vampire werden die Ewigen vernichten, wenn Ihr Euren Kindern erlaubt, sie als Freiwild zu benutzen.«
Der ERHABENE sah Sinje-Li lange an. Seine Unterkiefer mahlten, ein Zeichen, das die Raubvampirin als eines der unterdrückten Wut zu deuten gelernt hatte. Doch wieder verbannte sie die Angst aus ihrem Kopf.
»Herr, Ihr habt die Möglichkeit, es zu sehen.« Sie ging hinüber zu einer der Computerkonsolen, die sich überall im Palast befanden. Sie schaltete den Monitor an und lud den ERHABENEN mit der Hand ein, sich die Zustände auf den Straßen anzusehen.
Der Anblick war furchtbar. Die Ewigen huschten nur noch durch die Straßen in der Hoffnung übersehen zu werden. Die Vampire dagegen traten als die Herren auf. Viele von ihnen waren noch nie auf einem fremden Planeten gewesen und auch, wenn dem Kristallplaneten die grüne Idylle einer Erde fehlte, war er doch ein wunderschöner Planet. Die meisten sahen sich staunend um. Und sie wurden
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