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0946 - Der sechste Schlüssel

Titel: 0946 - Der sechste Schlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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den Boden, wo er eben war, und erinnerte an Risse, die sich in trockenem, heißem Lehm bildeten. Felsgebilde, zerfressen von den mindestens sechs- bis siebenhundert Grad betragenden Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht, ragten wie groteske Ruinen hier und dort unvermittelt aus dem sonst flachen Gelände hervor. Die tief stehende Sonne warf lange, pechschwarze Schatten vor ihnen her. Wenn Dante Alighieri diese Welt hätte sehen können, dann wäre ihm die Schiiderung der Hölle womöglich noch besser gelungen.
    Das einzig zusammenhängende Gebilde in der weiten, glühenden, felsbesetzten Ebene war der Ringwall, der den Krater umgab, über dem Bardiocs Burg schwebte. Er hatte einen Durchmesser von etwa drei Kilometern und war damit dreimal so groß wie das größte Ausmaß der Burg. Die Burg wirkte aus meiner jetzigen Sicht zu einem Drittel in den Krater eingetaucht. Wer sie dort schweben sah, der wunderte sich, von welch unsichtbaren Kräften sie gehalten wurde - und in eben diesem Sinne wunderte ich mich während dieser Sekunden; denn ich wußte immer noch nicht, ob die Aggregate der Burg selbst oder der Drugun-Umsetzer für den Zustand verantwortlich waren.
    Ich bewegte die virtuellen Blickpunkte, so daß sie mir den Kurs der zwei Energie-Wale relativ zu Bardiocs Burg zeigten. Ich erkannte, daß die Norane auf der der Sonne abgewandten Seite unter der eiförmigen Hülle der Burg zum Vorschein kommen würden. Das war ein Vorteil für mich. Denn sobald die durch keinerlei Atmosphäre gebremste Sonnenstrahlung auf die Wale einzuwirken begann, würde sie die spezifisch federleichten Gebilde mit hohen Werten beschleunigen. Je größer aber die Geschwindigkeit der Energie-Wale war, desto schwieriger wurde mein Vorhaben.
    Auf den Bildempfängern erschienen die Norane jetzt deutlich voneinander getrennt. Ich justierte je zwei Bildpunkte auf jeden und erreichte dadurch, daß die Bewegung der Bildpunkte von den Energie-Walen selbst gesteuert wurden. Ich brauchte mich darum nicht mehr zu kümmern: Die beiden Ziele blieben von selbst jederzeit im Blickfeld. Das war wichtig, weil ich in Kürze alle Hände voll zu tun haben würde.
    Aus der Sicht der Norane kam jetzt der Kraterrand ins Blickfeld. Sie stießen einer nach dem anderen kurz gegen die Hülle der Burg, wurden durch den Aufprall abgelenkt und glitten an der Rundung der Hülle entlang zum Kraterrand empor. In meiner Ungeduld erschienen sie mir endlos lang. Es dauerte mehr als eine Minute, bis sie sich in ihrer ganzen Länge unter der Burg hindurchgewunden hatten, obwohl sie sich schon jetzt mit beachtlicher Geschwindigkeit bewegten.
    Sie schwebten parallel zueinander über den Kraterrand hinweg. In wenigen Sekunden würde die Sonne auf sie einzuwirken beginnen. Sie waren nicht besonders groß, höchstens zwei Kilometer in der Länge und achtzig Meter im mittleren Durchmesser. Der Abstand zwischen ihnen betrug nach meiner Schätzung dreihundert Meter. Ich sah deutlich, daß die Flanken, die sie einander zuwandten, auf unnatürliche Weise abgeplattet wirkten. Ongelsken hatte das Phänomen richtig beschrieben: Die Norane übten einen Druck aufeinander aus.
    Für mich stand fest, daß ich unter allen Umständen eine Berührung der beiden Energiegebilde miteinander verhindern mußte. Es gab nur eine Vorgehensweise, mit der sich eine Kontaktaufnahme verhindern ließ.
    Ongelsken gab ein halblautes Glucksen von sich, als ich begann, die Lichtzelle mitten zwischen die beiden Wale hineinzusteuern.
     
    *
     
    Zum erstenmal sah ich das fremdartige Gebilde aus nächster Nähe. Es wand sich schlängelnd hin und her, während es sich von der harten Strahlung der nahen Sonne beschleunigen ließ. Sein Heck war unter dem Aufprall des Sonnenwindes schirmförmig aufgebläht. Im Innern des Energiewals ließen sich keine Konturen erkennen. Ein homogenes, milchiges Leuchten durchdrang die Formenergiehülle - grell, aber nicht unerträglich.
    Die Lichtzelle bewegte sich zwischen den beiden Noranen mit derselben Geschwindigkeit. Die Triebwerke hatten zu arbeiten begonnen, um die stetige Beschleunigung der Wale zu kompensieren. Unser Abstand von der Oberfläche des Planeten betrug in diesem Augenblick bereits achtzig Kilometer und nahm mit jeder Sekunde zu.
    Ich hatte mir den in. Flugrichtung links von uns liegenden Noran als Opfer ausgesucht. Ongelsken übernahm es, den Wal zur Rechten im Auge zu behalten. Die beiden Gebilde hatten bislang noch nicht spürbar auf den Fremdkörper

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