0946 - Priester der Kälte
ausdrucksstarken dunklen Augen. Dann strich er seine halblangen mittelblonden Haare hinter die Ohren. Er leckte mit der Zunge über die Unterlippe.
»Das habe ich auch nicht behauptet, werter Oberpriester.«
»Tempelherr… Träumer! « Rakkos Stimme klang knarrend und abweisend. Er mochte es nicht, wenn man derart respektlos mit ihm umging. »So viel Zeit und Respekt voreinander sollte sein.«
»Wir bitten doch lediglich um deine Mithilfe.« Takkon versuchte, der Begegnung etwas von ihrer Schärfe zu nehmen. »Es sollte doch auch in deinem Interesse sein, derartige Drohungen auf deiner Welt auszuschließen.«
»Drei Priester wurden ermordet«, warf Padrig YeCairn ein. »Wer weiß, wer als Nächster getötet wird? Rakko? Takkon? Ich… oder du?«
Der Träumer lachte leise auf, Gevatter Tods Worte schienen ihn äußerst erheitert zu haben. Er schüttelte den Kopf und hob in einer abwehrenden Geste die Hände.
»Ihr seid doch alle drei erfahrene Männer, also verschont mich bitte mit euren abstrusen Vermutungen. Der Silbermond wurde von mir in diese Traumsphäre gebracht. Wer also sollte mir auf meiner eigenen Welt schon gefährlich werden?«, argumentierte er. »Sollte die Traumsphäre mit mir sterben, dann würde sich ein mutmaßlicher Attentäter doch selbst ein Bein stellen.«
YeCairn kniff die Augen zusammen und beugte sich leicht vor. Bisher war er immer davon ausgegangen, dass die Lage des Silbermonds stabil war. Frühere Aussagen von Julian Peters hatten ihn in dieser Meinung bestärkt. Wollte der Träumer sie etwa nur verunsichern? Solche Spielchen mochte der ehemalige Krieger absolut nicht. Er war für Offenheit, gerade dann, wenn man aufeinander angewiesen war. Auch wenn er seit Jahren Philosoph war, so glaubte er doch daran, dass manchmal Angriff die beste Verteidigung war. Zumindest dann, wenn man damit größere Verluste vermeiden konnte.
»Bist du wirklich zu hundert Prozent sicher mit deiner Einschätzung?«, erkundigte sich Gevatter Tod. »Das würde ja bedeuten, dass wir auf einem brennenden Pulverfass sitzen würden und so schnell wie möglich fliehen müssten. In einem solchen Fall sollten wir diese Beratung aussetzen und stattdessen über einen Exodus sprechen.«
Julian wischte seinen Einwand mit einer Handbewegung beiseite. Es wirkte so lässig und einfach, als wollte er jeden Verdacht einer Bedrohung damit ad absurdum führen.
»Mach dir keine Sorgen, alter Mann. Erst dann wenn ich die Traumsphäre abschalte , ist die Party für den Silbermond und seine Bewohner vorbei. Vorher braucht ihr euch keine Sorgen zu machen. Außerdem würde ich in jedem Fall so rechtzeitig Bescheid geben, dass ihr euch retten könntet. Dein Gerede über einen Exodus ist also vorsätzlicher Unsinn.«
Rakko und Takkon fuhren zusammen. Beide sogen heftig die Atemluft ein und musterten den Träumer mit scharfen Blicken. Sie wussten genau, was ihnen Julian Peters mit seiner laxen Ausdrucksweise mitteilen wollte.
Der Tempelherr stand mit einer raschen Bewegung auf. Er schwankte etwas und brauchte einige Sekunden, bis er das Gleichgewicht gefunden hatte.
»Du nimmst uns und unsere Befürchtungen nicht ernst, Träumer «, beklagte er sich. Seine Nickhäute zuckten hin und her, eine Entsprechung zum menschlichen Blinzeln. Daran war erkennbar, dass er innerlich stark erregt war. »Und du behandelst uns, als wären wir unmündige dumme Kinder und du wärst der Erzieher dieser kleinen Leute, die dir auf die Nerven gehen.«
Der Sicherheitsbeauftragte und Gevatter Tod standen ebenfalls auf. Sie hatten das Gefühl, dass dieses Gespräch, bildlich ausgedrückt, in einer Sackgasse gelandet war. Wenn ihnen der Träumer nicht helfen wollte oder konnte, sollte er es gefälligst sagen, aber dieses Verhalten empfanden sie als unwürdig.
»Ich kann nur sagen, dass ihr keine Angst um den Silbermond zu haben braucht«, beeilte sich Julian zu versichern. Er hatte bemerkt, dass er mit seinen Aussagen zu weit gegangen war. »Wirklich! Ich versichere euch, dass der Traumsphäre nichts geschehen kann«, fügte er nach einer kleinen Kunstpause hinzu. »Ich habe alles im Griff. Euch kann nichts passieren. Ihr seid so sicher, wie es nur möglich ist.«
»Und der Mörder?«, wollte Tempelherr Rakko mit knarrender Stimme wissen. Seine Schuppen verfärbten sich ins Dunkelgrüne. »Was ist mit dem? So sicher waren meine Leute nicht, wie du es sagst, sonst würden sie noch leben.«
»Wie soll ich dessen Spur finden, wenn es euch nicht
Weitere Kostenlose Bücher