0946 - Priester der Kälte
Sergej?«, erkundigte YeCairn sich, obwohl er genau den gleichen Gedanken hegte wie der Druide. Doch bevor er nicht absolute Sicherheit hatte, wollte er sich zu keinen Spekulationen hinreißen lassen.
Als Antwort zuckte Sergej die Schultern und wandte sich einfach ab. Auch dies war extrem unhöflich, doch YeCairn beschloss, darüber hinweg zu sehen.
Vali hob beide Hände mit den Innenflächen nach oben, es sah aus, also ob sie das Verhalten ihres Artgenossen entschuldigen wollte. Sie biss sich leicht auf die Unterlippe, denn sie wusste, dass Sergej oft genug mit seiner Wesensart provozierte, obwohl er genau das nicht wollte.
Er wollte nur in Ruhe gelassen werden. Meistens war er sich selbst genug.
Vali legte Sergej eine Hand auf die Schulter, wie um ihn zu beruhigen.
»Wir sind uns ganz sicher, dass es nur Sauroiden sein können«, erklärte sie. »Wer sollte es sonst auf dieser Welt sein?«
Sergej zuckte zusammen. Er drehte sich hastig um, Valis Hand rutschte dabei von seiner Schulter. Er blickte Vali an, dann YeCairn. Seine Augen schienen zu glühen.
»Jetzt weiß ich auch, wo das passiert ist!«, stieß er hervor. »Kommt mit!«
»Was…?« Gevatter Tod kam nicht dazu, die Frage zu stellen, denn Sergej griff nach seinem Oberarm. Mit der anderen Hand hielt er Vali fest.
Ohne eine Vorwarnung zog er beide mit sich in den zeitlosen Sprung .
***
Die Aufregung im Tempel der Kälte war enorm. Viele Hundert Sauroiden hatten sich in den letzten Minuten vor dem Heiligtum eingefunden. Auch sie hatten die telepathischen Todesschreie ihrer Artgenossen vernommen. Ratlosigkeit herrschte vor, niemand wusste genau, was zum Tod dreier Priester geführt hatte, die mit verrenkten Gliedern im Versammlungssaal auf dem Boden lagen. Sie wiesen keine äußeren Verletzungen auf, doch die vor Entsetzen weit geöffneten Augen bewiesen, dass sie keinen leichten Tod erlitten hatten.
Tempelherr Tzakk Rakko war einer der Ersten am Tatort, gefolgt vom Sicherheitsbeauftragten Korr Takkon. Der Nachfolger des unvergessenen Reek Norr - der vor sechs Jahren in der Hölle der Spiegelwelt getötet wurde -, hatte keinen leichten Stand bei seinen Leuten, zumindest nicht bei den ultrareligiösen. Die Sekte der Priester der Kälte verband Religion mit Wissenschaft, ging aber teilweise skrupellos bei der Durchsetzung ihrer Ziele vor.
Tzakk Rakko stand Korr Takkon und seiner Schutztruppe zwar nicht ganz so ablehnend gegenüber wie sein Vorgänger Orrac Gatnor es bei Reek Norr getan hatte, aber eine gewisse Rivalität bestand dennoch.
Nur zögernd machten die Versammelten den beiden Würdenträgern Platz. Gaffen war normal keine Angewohnheit der Sauroiden - es sei denn, sie hätten sich diese Unart bei den Menschen abgeschaut, die bei Unfällen die Rettungsmannschaften behinderten -, aber die Todesfälle hatten für Angst und Unruhe gesorgt.
Korr Takkon und Tzakk Rakko lenkten ihre Schritte auf die am Boden liegenden Toten und die davor wie unter Schock stehenden Priester. Sie liefen in ihrem typischen, eigenartigen Schaukelgang, der Menschen an aufrecht gehende Krokodile erinnerte; so es sie auf der Erde denn wirklich geben sollte.
Rakko beugte sich über die Toten und versuchte deren Nickhäute zu schließen, sozusagen als Zeichen der letzten Ehre. Das gelang bei jedem der Verblichenen erst beim vierten Versuch. Er blickte auf die Drei hinab, es wirkte, als könnte er allein dadurch das Verbrechen aufklären. Der Eindruck war natürlich unsinnig, tatsächlich konzentrierte er sich mit seiner Magie auf die Ereignisse, die geschehen waren. Doch er war nicht fähig, eine Spur zurückzuverfolgen. Zu sehr hatte ihn der Tod der Drei getroffen, die eine vielversprechende Zukunft vor sich gehabt hatten.
»Sie waren alle drei erst vor kurzer Zeit von Adepten aufgestiegen und hatten gerade die Weihe empfangen«, hörte Korr Takkon einen der älteren Priester, der oft mit ihnen zu tun gehabt hatte, erklären.
»Welchen Zauber haben sie ausgeführt?«, wollte der Sicherheitsbeauftragte wissen. »Es steht fest, dass sie Magie benutzten, ehe sie ermordet wurden.«
Die Priester wichen vor ihm zurück. Als Chef der Polizei war Takkon ihr Widersacher. Sie schauten demonstrativ auf Tzakk Rakko und hofften, dass der oberste Priester ein Machtwort sprechen oder zumindest den Sicherheitsbeauftragten in seine Schranken weisen würde. Doch der Tempelherr dachte gar nicht daran. Ihm war eher an einer Aufklärung gelegen als an einer Konkurrenz mit den
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