0947 - Das Voodoo-Weib
Und das dicht vor dem Weihnachtsfest, das für dich sicherlich ein außergewöhnliches werden wird.«
Ich gab ihr keine Antwort. Es war alles so fremd für mich. Ich wollte auch nicht über ihre letzten Versprechungen nachdenken, sondern schaute nur auf das Gefäß, das bereits über meiner Brust gehalten wurde, dicht vor meinem Mund.
»Es wird dir vielleicht sogar munden, Sinclair, denn es gibt viele Dinge, die schlechter schmecken.«
Sie hatte den Satz kaum vollendet, da spürte ich bereits das Metall an meiner Unterlippe.
Ich wollte nicht trinken und den Mund geschlossen halten, was Leonora wohl merkte, den Kopf schüttelte und mit vorwurfsvoller Stimme sagte: »Aber John, du sollst dich nicht anstellen wie ein kleines Kind. Oder muß ich dir die Nase zuhalten, um dir damit den Mund zwangsweise zu öffnen?«
Sie hatte recht. Es ergab keinen Sinn, wenn ich mich querstellte, also öffnete ich den Mund, und sofort kippte die Frau den Kelch.
Durch die Veränderung des Winkels konnte ich für einen Moment den Inhalt erkennen, bevor er meine Lippen benetzte. Es war ein zähes, sirupartiges Zeug. Es sah aus wie Rübenkraut mit grünen Streifen darin, und es rann in meinen offenen Mund hinein.
Neutral schmeckte es nicht. Eher bitter und widerlich, aber nicht süßlich wie Blut.
Wie dem auch sei, ich trank, denn ich wollte nicht, daß sie mir die Nase zuhielt.
Dann ließ sie mich los.
Mein Kopf kippte wieder nach hinten. Ich war versucht, den letzten Rest auszuspucken, doch diesmal hielt sie mir die Nase wirklich zu, wartete ab, schaute mich dabei an und nickte, als sie festgestellt hatte, daß auch dieser Rest aus meinem Mund verschwunden war.
»Gut, John Sinclair, sehr gut. Du bist der erste. Ich werde mich jetzt um deinen Freund kümmern. Und danach werde ich euch verlassen. Ihr werdet mich nicht finden, auch wenn ihr alles absucht. Ich bin und bleibe nicht mehr hier…«
Sie stand auf.
Einen letzten Blick warf sie mir noch zu, dann verschwand sie aus meinem Sichtbereich.
Ich hörte, daß sie die Füße jetzt härter aufsetzte, aber die Geräusche wurden immer leiser, was auch an mir lag, denn ich sackte hinein in den schwarzen Kessel der erneuten Ohnmacht…
ENDE des ersten Teils
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