0947 - Das Voodoo-Weib
wollte, was hinter mir geschah. Wenn die Gäste loyal waren, dann mußten sie etwas unternehmen. Sie konnten es nicht zulassen, daß wir hier aufräumten und ihre Basis womöglich zerstörten.
Aber sie taten nichts. Sie hockten da wie Figuren oder Gestalten, die auf einen Einsatzbefehl warteten.
Ich hörte Suko sprechen. »Wer?« keuchte er dem Keeper ins Gesicht. »Wer hat es getan? Woher hast du ihn? Ich will, daß du redest, Meister, und zwar sofort!«
Der Inspektor war nicht eben zärtlich mit ihm umgegangen. Zum erstenmal entdeckte ich in seinem Gesicht auch so etwas wie eine Reaktion, denn er zog die Lippen in die Breite, als wollte er uns mit einem totenschädelähnlichen Grinsen anlächeln, aber Suko gab ihm keine Chance. Noch einmal wiederholte er seine Frage.
Der Keeper verrenkte sich. Er zog die Haut an seinem Hals stramm und drehte den Kopf zur Seite. Durch die linke Mundhälfte zischte er seinen Kommentar. »Es wurde mir gegeben, verdammt! Ich habe es einfach nur bekommen…«
»Von ihr?«
»Ja!«
»Leonora?«
»Sie war bei mir. Sie gab es mir.«
»Was sagte sie?« Suko schüttelte den Knaben wieder durch. Ich schaute dabei von der Seite her zu.
»Nicht viel. Ich - ich sollte es euch geben. Das habe ich getan, gemacht…«
»Ja, das hast du getan.« Suko schüttelte ihn noch einmal durch, aber er ließ den Kerl nicht los. »Dann wollen wir noch von dir wissen, wo wir sie finden können. Sie muß ja in der Nähe sein. Sie hält sich bestimmt hier auf - oder?«
»Ja, fast immer!«
»Hinter dir?«
Der Keeper deutete ein Nicken an. »Ja, sie - sie ist hinter uns. Der Vorhang verdeckt alles. Da ist ihr Reich, da lebt sie immer. Von da regiert sie. Eine Königin, sie ist eine Königin, verstehst du das? Eine Voodoo-Königin. Sie ist die Herrin…« Er röchelte plötzlich und konnte nicht mehr sprechen.
Suko ließ den Mann los, ohne ihm einen Stoß zu geben. So fiel der Keeper auch nicht rücklings gegen ein Regal, sondern blieb auf den Beinen stehen.
Er schwitzte, als käme er aus der Sauna. Während der Bewegungen hatte er auch die kleine Truhe angestoßen. Sie war verrutscht und wäre beinahe über den Thekenrand gekippt.
Ich schob sie auf einen sicheren Standplatz.
Der Keeper zeigte Emotionen. Wäre er ein Wurm gewesen, hätte er sich bestimmt verkrochen. Da er sich aber nicht in ein derartiges Tier verwandeln konnte, blieb er zunächst einmal stehen, zitternd und leicht geduckt.
Ich hatte mich schon in Bewegung gesetzt und steuerte die Lücke an der linken Seite der Theke an. Durch sie schob ich mich, um nicht nur nahe an den Kerl, sondern auch an den Vorhang heranzukommen, hinter dem das Allerheiligste verborgen lag.
Suko blieb mir auf den Fersen, und der Keeper wußte nicht, wie er sich verhalten sollte.
Er hatte die Augen verdreht, als wollte er in einer unmöglichen Position stehend gegen den Vorhang schielen, um zu überlegen, ob er die Vendre nicht warnen sollte, doch es war mein Blick, der ihn erstarren ließ.
»Verschwinde!« flüsterte ich ihm zu. »Verschwinde aus diesem Bereich. Weg mit dir…«
Er nickte, bevor er sich an uns vorbeidrückte und dorthin ging, wo wir hergekommen waren.
Hinter der Theke war es eng. Suko und ich konnten nicht nebeneinander hergehen, so hatte ich die Führung übernommen und stand auch als erster vor dem Vorhang.
Suko nickte mir zu. Unsere Hände berührten keine der Waffen. Wir warteten ab.
Hinter dem Vorhang tat sich nichts. Kein Geräusch drang an unsere Ohren. Ich fragte mich, wie es Bayou wohl ging und hoffte - so schrecklich es sich auch anhörte -, daß es nur beim Verlust des kleinen Fingers geblieben war und er sein Leben noch hatte.
Kein Windhauch bewegte die Falten des Vorhang. Ich griff nach dem Stoff, der sich in meiner Hand trocken anfühlte. Im Magen spürte ich schon einen gewissen Druck, als ich den Vorhang mit einem Ruck zur Seite zog…
***
Wir waren eigentlich auf alles gefaßt gewesen. Auf einen Angriff, auf einen Willkommensgruß besonderer Art, aber wir waren schon davon überrascht, daß nichts, aber auch gar nichts geschah. Wir konnten hinter den Vorhang schauen, entdeckten jedoch niemanden, zumindest kein menschliches Wesen. Ein kleiner Flur führte tiefer in das Haus hinein, vielleicht sogar in einen kleinen Anbau, wo wir aber rechts zwei Türen sahen. Eine normal große und eine zweite, die schmaler war.
Keine Spur von Leonora. Dafür brannte eine schmale Lampe über unseren Köpfen, und wir entdeckten in
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