0947 - Das Voodoo-Weib
Regeln, die eingehalten werden müssen.«
»Die wären?« fragte Suko.
»Ich werde sie euch gern erklären, deshalb seid ihr ja zu mir gekommen.« Sie lächelte wieder. »Ich habe mir eine Welt geschaffen, die für die meisten Menschen unbegreiflich ist. Aber schon in New Orleans, ich stamme aus dieser Stadt, hat mich diese Welt fasziniert. Ich habe mich umgehört und bin schon als junges Mädchen in den Kult hineingeraten, der sich auf Regeln besinnt, die schon vor Urzeiten Bestand hatten.«
»Wie hieß er?«
»Es ist der Drachenkult gewesen, John.«
Ich runzelte die Stirn. Gehört hatte ich davon noch nichts, schloß aber nicht aus, daß es ihn gab, denn trotz meines Jobs wußte ich einfach zu wenig.
»Du begreifst ihn nicht?«
»Nein.«
»Ihr habt nie etwas von seiner Macht gehört?«
»Nein«, sagte diesmal Suko, »aber wir haben ein Monstrum gesehen oder den Kopf eines Monstrums, der mit dem Ihren verwischte, als man uns angreifen wollte.«
»Richtig!« stimmte sie zu. »Das war ein Teil von ihm. Da habt ihr schon einen ersten Einblick erhalten.«
»Sind Sie ein Mensch oder ein Monster?« fragte ich und hatte mit dieser Frage bereits einige andere übersprungen.
»Ich bin eine Königin!« erklärte sie voller Stolz, »denn mich hat der Drachenkult akzeptiert. Er ist mit mir zufrieden. Ich habe das Blut übernommen…«
»Blut?«
»Ja, die Kraft!«
»In ihren Adern fließt das Blut der alten Drachen?«
»Das kann sein, das müßt ihr herausfinden, wobei es nur eine Chance gibt.«
»Nenn sie uns!« forderte Suko die Frau auf.
»Ihr werdet diese Reise gemeinsam mit mir unternehmen, um in die Geheimnisse einzutauchen.«
»Und dann?«
»Wird es sich herausstellen, ob ihr würdig genug seid oder ob euch der Kult nicht will.«
»Aha«, sagte ich. »Gesetzt den Fall, er will uns nicht. Was geschieht dann mit uns?«
»Ihr habt es schon gesehen. Dann werdet ihr verbrannt werden. Die Haut wird sich von euren Körpern lösen, und ihr werdet so aussehen wie die anderen, die man fand. Skelette, düster, verbrannt, vergangen im Feuer des Drachen, in den Flammen des Voodoo. Das ist euer Test, den ich für euch vorgesehen habe.«
»Und dem wir zustimmen sollen, wie?«
Sie starrte uns für einen Moment bewegungslos an. »Ja, dem ihr zustimmen sollt.«
»Warum?«
»Weil ich es will.«
Ich schüttelte den Kopf. »Aber wir nicht, Leonora. Wir werden nicht zustimmen. Wir sind gekommen, um Sie aus dem Verkehr zu ziehen. Egal, ob draußen der Mob tobt, ich kriege genügend Leute zusammen, die dieses Gelände hier absperren und uns einen freien Rückzug garantieren.«
»Ja, da gebe ich euch recht. Aber ich habe mich einmal entschlossen, und dabei bleibe ich.«
»Wir auch!« erklärte Suko.
Leonora Vendre machte den Eindruck, als würde sie uns nicht ernst nehmen. Sie beugte sich zur Seite und fragte: »Darf ich euch denn etwas zeigen?«
»Was?« fragte Suko.
Sie zögerte mit einer Antwort, denn sie beobachtete Suko wie er seine Dämonenpeitsche aus dem Gürtel zog. Sie sah die drei Riemen und auch den schmalen Griff, den mein Freund festhielt. Das irritierte sie, und sie schüttelte den Kopf.
»Keine Sorge, ich treffe nur gewisse Vorbereitungen, die für uns wichtig sind.«
»Es ist gut«, sagte die Frau, die sich nicht wieder aufrecht hingesetzt hatte und sich nach unten beugte, so daß es aussah, als wollte sie vom Boden abheben, was sie auch tat, und was uns schließlich überraschte.
Auf der Klinge eines Schwertes, das sie vom Boden angehoben hatte, war der häßliche Schädel eines Drachen aufgespießt. Ein wirklich widerliches Monstrum, von dem wir nicht wußten, ob es echt war oder nur eine Attrappe darstellte. Man hätte ihn trotz seiner grünen Schuppen auch als einen mutierten Pferdekopf ansehen können. Die beiden Maulhälften standen weit offen. Wir sahen weiße, spitze, schon säbelartige Zähne. Die Klinge hatte sich durch die Zunge gebohrt, aber auch durch den oberen Kiefer, so daß sie dort wie eine blutige Turmspitze hervorstach.
Leonora hatte die Arme etwas gedreht, damit wir direkt gegen den Monsterschädel schauen konnten, der uns allerdings die Sicht auf die Voodoo-Frau nahm.
Nur den häßlichen und widerlichen Schädel sahen wir vor uns. Suko drehte den Kopf für einen Moment nach links. Ich hatte die Bewegung mitbekommen und schaute ihn an.
Er nickte mir zu.
Ich nickte zurück.
Wir verstanden uns auch ohne Worte. Er würde den Drachenkopf mit seiner Peitsche angreifen, um
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