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0949 - Die geronnene Zeit

0949 - Die geronnene Zeit

Titel: 0949 - Die geronnene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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um bei den Lemurern in einem besseren Licht dazustehen.
    Was er auch tat oder nicht tat - man interpretierte es zu seinen Ungunsten.
    »Selbst dich schneiden die Menschen«, fuhr er fort. »Und das nur, weil dich mein Vater gezwungen hat, mich zur Welt zu bringen. Vielleicht wäre es das Beste, wenn der nächste Mordversuch gelingt.«
    »Ich glaube nicht, dass das geschehen wird«, ertönte eine sonore Stimme hinter ihm.
    Kesriel zuckte zusammen und fuhr herum.
    In der Küche stand ein Mann mit einer langen weißen Kutte und einem ebensolchen Bart. Dennoch wirkte der Besucher nicht alt, was hauptsächlich an den Augen lag. Diese versprühten nämlich die Energie ewiger Jugend.
    Der Erbfolger hatte ihn noch nie zuvor gesehen. Aus den Erzählungen seiner Mutter glaubte er aber sehr gut zu wissen, um wen es sich handelte. Nur Augenblicke später bestätigte Elada seinen Verdacht.
    »Merlin«, hauchte sie. »Was führt dich her?«
    Sie warf Kesriel einen ängstlichen Blick zu. »Ist alles in Ordnung?« Die Worte mit meinem Sohn sprach sie nicht aus, dennoch klangen sie in der Frage deutlich mit.
    Das war er also. Der weise Magier Merlin, der mit den sieben Seelenhorten die Erbfolge gereinigt hatte. Der an seinem Geburtsbett gesessen und Elada einen der Kristalle überreicht hatte. Der Mann, von dem er geglaubt hatte, ihn niemals kennenzulernen.
    Und nun stand er bei ihnen in der Küche. Ein Höflichkeitsbesuch? Oder steckte mehr dahinter?
    »Nein«, antwortete Merlin auf Eladas Frage. »Ich fürchte, es ist nicht alles in Ordnung.«
    Kesriels Herz vereiste. Gleich würde der Magier ihm mitteilen, dass die Reinigung der Erbfolge gescheitert sei, dass noch immer etwas Böses in ihm stecke. Doch passte dazu Merlins gewinnendes Lächeln?
    Dann sagte er etwas, womit Kesriel am allerwenigsten gerechnet hätte.
    »Ich brauche deine Hilfe!«
    »Du brauchst - was?«, fragte der Junge.
    »Deine Hilfe.« Merlins Gesichtsausdruck zeigte, dass er es nicht gewohnt war zu bitten. Üblicherweise befahl er. »Die Reinigung der Erbfolge hat nicht ganz das Ergebnis gezeigt, das ich erwartet hatte.«
    Da! Also doch! Ich habe es geahnt.
    Merlin schien seine Gedanken gelesen zu haben. »Keine Sorge. Es hat nicht direkt mit dir zu tun. Mit dir ist alles bestens.«
    »Nicht direkt. Aha. Sondern?«
    »Ich würde es dir lieber zeigen.« Er wandte sich an Elada. »Du erlaubst, dass ich dir deinen Sohn für ein paar Stunden entführe?«
    »Natürlich.«
    Auch wenn es Kesriel nicht behagte, wie Mutter und Merlin über seinen Kopf hinweg über ihn verfügten, wagte er nicht zu widersprechen. Stattdessen schloss er sich dem Magier an, als dieser das Haus verließ.
    Statt den Weg hinab in die Stadt zu beschreiten, wählte er die entgegengesetzte Richtung. Die Anhöhe entlang, auf der anderen Seite durch ein Süßkolbenfeld hinunter ins Tal. Durch einen kleinen Wald hin zur Steinbrücke über den Celuru-Errem. Von dort aus weiter durch Wiesen, Weiden und Wälder.
    Während des gesamten Marsches herrschte Schweigen. Drei Stunden lang. Dann endlich erreichten sie den Ort, den Kesriel längst als Ziel ihrer Wanderung vermutet hatte.
    Das Shevnaron-Gebirge.
    Eine Landschaft voller saftiger Wiesen. Hier wuchsen Unmengen wilder Obstbäume und - sträucher, aber auch prächtige Rotblatttannen oder Aggara-Bäume mischten sich in das idyllische Bild.
    Bei den Auen in den Tälern des Gebirges hätte es sich vermutlich um die schönsten Landstriche Lemurias gehandelt, hätte da nicht etwas existiert, was diesen Eindruck zerstörte.
    »Eigentlich hatte ich erwartet«, ergriff Merlin mit einem Mal das Wort, »dass sich die Seelen der Sha'ktanar und der finstere Teil deiner Seele…«
    »Der Seele meiner Vorfahren«, stellte Kesriel richtig. Rein technisch gesehen hatte Merlin natürlich recht. Aber der Junge legte Wert darauf, dass man ihn nicht mit seinen bösen Vorvätern in einen Kessel warf.
    »… gegenseitig zerstören«, fuhr Merlin unbeeindruckt fort. »Ich vermutete, dass lediglich der gute, reine Teil deiner Seele übrig bleibt. Ich habe mich geirrt.«
    Er zeigte auf das, was Kesriel im Gespräch mit seiner Mutter als Phänomen bezeichnet hatte. Eine riesige schwarze Wolke etliche Kilometer vor ihnen, die eines der Täler verbarg und an manchen Seiten sogar einige Berge mit verschluckt hatte. Hätte sich der Erbfolger Jahrhunderte später noch an diesen Anblick erinnern können - zu einer Zeit, in der Lemuria die ersten Schritte ins All wagen sollte und

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