Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0949 - Die geronnene Zeit

0949 - Die geronnene Zeit

Titel: 0949 - Die geronnene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
Vom Netzwerk:
darfst nicht sterben. Nicht jetzt. Nicht hier. Und vor allen Dingen nicht so! Nicht durch eine Herzattacke!
    Er starb nicht.
    Langsam ließen Schmerz und Panik nach.
    Das Amulett war schuld! Der Angriff hatte zu viel Kraft gekostet. Mit seinem alten Körper… ohne jede Spur von Humor lachte er innerlich bei dieser Formulierung auf und korrigierte sich: Mit seinem früheren , durchtrainierten Körper wäre der Energiebedarf für den Blitz ein Klacks gewesen. Doch stattdessen hatte sich Merlins Stern am Leib eines fast Siebzigjährigen bedienen müssen, der dieses Alter innerhalb von Sekunden erreicht hatte. Der sich deshalb älter fühlte als der jedes anderen Siebzigjährigen. Der sich plötzlich all der Verwundungen der letzten Jahre erinnerte, die nur dank des Lebenswassers schnell und spurlos verheilt waren. Der mit einem Mal all die Krankheitskeime in sich entdeckte, deren Wirkung der Schluck von der Quelle stets unterdrückt hatte. Und der dementsprechend erschöpft war.
    Zu erschöpft.
    Der Vampir, den der Blitz eigentlich hätte vernichten müssen, baute sich vor ihm auf. Sein Gesicht war eine verbrannte Fratze. Die Reste der verkohlten Haare sonderten einen widerlichen Gestank ab. Wie zum Trotz ragten zwischen zerfetzten Lippen blendend weiße Vampirhauer hervor.
    Verdammt!
    Hilfe suchend sah er zu Rhett, doch der hatte selbst mit dem einen Blutsauger noch mehr als genug zu tun. Ein kurzer Blick zu Dylan verriet ihm, dass er auch von ihm keine Unterstützung erwarten durfte. Der Unsterbliche - nein, falsch! - der ehemalige Unsterbliche lag noch immer in der Nähe des Monolithen. Vermutlich bewusstlos. So genau konnte Zamorra das nicht mehr erkennen. Er, der einst die Sehschärfe eines Adlers besessen hatte, fühlte sich nur noch wie ein Maulwurf.
    Der Boden um Dylan schien zu leben. Er bewegte sich und schob sich langsam auf den Schotten zu.
    Zamorra kniff die Augen zusammen, konnte aber trotzdem nicht besser ausmachen, was dort geschah. Er wandte den Blick wieder dem Blutsauger zu, der vor ihm stand. Da er noch immer im Dreck kniete, musste er zu ihm aufsehen.
    Gab es noch einen Ausweg?
    Moment mal!
    Der Blaster! Er hatte ihn fallen lassen, als er die vermeintliche Herzattacke erlitten hatte. Der Professor verfluchte sich selbst. Was war nur aus seiner Reaktionsschnelligkeit geworden?
    Ohne den Vampir aus den Augen zu lassen, tastete er den Boden ab. Schnell hatte er die Waffe aus dem Arsenal der DYNASTIE DER EWIGEN gefunden.
    Er packte den Blaster und wollte auf den Widerling anlegen. Da schoss von der Seite ein Schatten heran.
    Der Junge, der sie angegriffen hatte! Er war aus seiner Ohnmacht erwacht, rannte auf Zamorra zu und trat ihm mit einem Vollspannkick, auf den Thierry Henry stolz gewesen wäre, den Strahler aus der Hand.
    Ein Schmerzgewitter raste ihm durch die Finger. Er spürte - und hörte! - wie mehrere Knochen zerbrachen wie dürre Zweige. Dass der Blaster in hohem Bogen ins Unterholz verschwand, bekam er kaum mit.
    Er stieß einen infernalischen Schrei der Qual aus. Übelkeit überfiel ihn. Die hinteren drei Finger standen in unmöglichen Winkel ab. Wie abgeknickte Bäume nach einem Sturm. Zamorra presste die Hand gegen den Körper, wiegte sich hin und her, doch er konnte nichts tun, um den Schmerz zu lindern.
    Dass sich der Vampir mit gebleckten Zähnen zu ihm herunterbeugte, um ihn von seinem Leid zu erlösen, stellte allerdings auch keinen Trost dar.
    ***
    Lemuria - vierzehn Jahre nach der Reinigung
    »Das kann nicht dein Ernst sein!« Kesriel rang um Fassung. »Ich bin doch nicht wahnsinnig und betrete dieses… dieses schwarze Monstrum. Diejenigen, die es bisher versucht haben, hat niemand jemals wiedergesehen. Warum sollte ich diesem Vorbild nacheifern?«
    Merlin strich sich durch den Bart. Er schien darüber nachzudenken, wie viel er Kesriel erzählen konnte oder durfte. Oder vielleicht auch nur wollte.
    »Habt ihr euch nie Gedanken gemacht, wieso das Dunkel so friedlich daliegt?«, fragte er den Erbfolger. »Warum es nicht versucht, sich auszubreiten und weitere Teile Lemurias zu umhüllen?«
    »Nein! Bei einem Stein oder einer Wolke fragt sich auch niemand, weshalb sie so groß sind, wie sie nun einmal sind.«
    Eine Augenbraue des Magiers zuckte nach oben. Hatte er eine andere Antwort erwartet? Kesriel vermutete, dass diese Geste für Merlin ein wahrer Emotionsausbruch gewesen war. Nur einen Moment später hatte der Magier sich wieder im Griff.
    »Ich verrate es dir trotzdem«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher