0955 - Blutiger Dschungel
Langzähnen zeigte ihm nichts Gutes. Alle fünf waren bereits wieder in der Luft, und der, den der Splitter so knallhart aus dem Spiel geworfen hatte, schien sich nun absolut nicht mehr beherrschen zu können.
Van Zant hörte seinen Schrei und alle Nackenhaare stellten sich auf. Die Kopfwunde blutete zwar noch immer, aber das war sicher normal, wenn man in diesem Bereich verwundet wurde. Schmerzen konnte der Physiker nicht spüren - zu viel Adrenalin verhinderte das mit Sicherheit.
Später würde er einen Brummschädel der Extraklasse haben. Später?
Wenn es das überhaupt für ihn geben würde, denn sein ganz spezieller Freund war nun bereits nahe bei ihm. Was hätte Artimus dafür gegeben, Professor Zamorra oder Dalius Laertes jetzt an seiner Seite zu haben, die ihre Kräfte zumindest in den meisten Fällen gezielt und bewusst einzusetzen vermochten. Doch beide waren weit entfernt…
Der Vampir ließ sich wie ein Geschoss auf van Zant fallen, wollte ihn unter seiner Körperfülle begraben und mit einem gezielten Biss erledigen. Doch dagegen hatte der Physiker einiges einzuwenden. Dieses Mal duckte er sich nicht, sondern machte einen Satz zur Seite, ging auf die Knie und streckte dem Angreifer die linke Hand entgegen. Eine verzweifelte Geste, denn er konnte ja nicht wissen, ob der Splitter überhaupt reagieren würde.
Doch er reagierte - und zwar heftig!
Keine Druckwelle, nein, in diesem Fall schoss eine weiße Flamme in Richtung des Vampirs und hüllte ihn komplett ein. Der Blutsauger schrie wie ein gequältes Tier auf - und brannte lichterloh.
Irgendwie versuchte er sich vom Boden zu lösen und in die Luft aufzusteigen, doch das Ergebnis fiel eher kläglich aus. Mehr als einen Meter Höhe gewann er nicht, dann wälzte er sich kreischend am Boden, doch auch das zeigte keine Wirkung, denn die Flamme ließ sich einfach nicht ersticken.
Van Zant wartete nicht ab, bis die anderen Vampire sich entschieden hatten, ob sie ihrem Artgenossen helfen oder sich auf den Südstaatler stürzen sollten. Letzteres schienen sie sich im Augenblick dreimal überlegen zu wollen, denn das Leuchten in Artimus' Hand nötigte ihnen einen gewaltigen Respekt ab.
Artimus sprintete los, direkt den Kindern hinterher.
Er sprintete - doch diesen Ausdruck konnte man im Grunde nicht verwenden. Artimus stolperte voran, seine Beine erschienen ihm plötzlich wie tonnenschwere Gewichte, die ihn zu Boden ziehen wollten. Dann fiel er auf seine Knie, rappelte sich nur mit Mühe hoch und setzte Fuß vor Fuß. Kalter Schweiß brach ihm aus jeder einzelnen Pore.
Was geschah hier?
Er warf einen Blick zu seinen Verfolgern. Zwei von ihnen waren in die Lüfte gestiegen und wollten van Zants Schwäche augenblicklich ausnutzen, doch was dann passierte, verblüffte sicher nicht nur den Physiker. Kraftlos landeten die Vampire wieder, ohne etwas ausgerichtet zu haben. Sofort versuchten es die anderen beiden, die sich bisher um den fünften Vampir gekümmert hatten, der noch immer in Flammen stand, im Grunde hatten sie nur da gestanden, weil sie es nicht wagten, dem Verwundeten zu nahe zu kommen. Doch nun mussten auch sie erkennen, dass sie ihre Flugfähigkeiten scheinbar eingebüßt hatten.
Eine Weile lang versuchten die Blutsauger es weiter, doch dann traten sie den Rückzug an - und auch sie bewegten sich dabei, als würden schwere Gewichte auf ihnen ruhen.
Artimus hätte laut aufjubeln können, doch selbst dazu fehlte ihm die Kraft.
Er versagte, als er versuchte, die Kinder zu erreichen. Nach nur wenigen Schritten brach er zusammen. Sein Kopf schien plötzlich so leer zu sein, alle Gedanken flohen. Was Einzug hielt, war böse, nur böse.
Und die Last auf seinem Körper raubte ihm das Bewusstsein.
***
Um ein Haar wäre er zu spät gekommen.
Der Vampir war kurz davor gewesen, sich das frische Blut der jungen Frau einzuverleiben.
Alejandro hatte ihn gerade noch zurückhalten können. Was für eine Verschwendung, eine solche Schönheit als reines Gefäß für seine Nahrung zu betrachten. Der Vampir hatte gefaucht und Alejandro verflucht, doch er hatte gehorcht, weil er nur zu gut wusste, dass der alte Krüppel unter dem Schutz von El Rojo stand.
Und nun lag die noch immer bewusstlose Frau auf der eisernen Pritsche in dem Kellerraum, den Alejandro »Verhörzimmer« getauft hatte. An Händen und Füßen war sie mit dicken Ledergurten fixiert. Wenn sie erwachte, würde sie rasch die Aussichtslosigkeit ihrer Lage begreifen. Vielleicht war sie dann ja
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