0955 - Blutiger Dschungel
Hundes.
»Rede weiter.«
O'Hara wusste, dass er Artimus für seine Sache bereits gewonnen hatte.
»Die Dreckskerle sind schlau. Am liebsten kidnappen sie Geschwister - je mehr, je besser. Das schwächste wird dann unter Drogen gesetzt und den anderen gesagt: Macht eure Arbeit gut, denkt nicht mal an Flucht, denn sonst geht es eurer Schwester, eurem Bruder schlecht, denn dann müssen sie Höllenqualen leiden.« Van Zant begriff das Prinzip, das an Boshaftigkeit seinesgleichen suchte.
»Warum denkst du, ich könnte da helfen?« Artimus spürte, dass er sich schon fast zu einem Wechsel nach Kolumbien entschieden hatte, denn hier in der Kasbah kämpfte er gegen Windmühlen. Dennoch wollte er eine letzte Entscheidungshilfe von O'Hara haben. Der blickte den Freund fest an.
»Ich weiß nicht viel von dem, was du in den vergangenen Jahren so getrieben hast, doch es kursieren da eine Menge Gerüchte.« Van Zant war verblüfft, doch er schwieg. O'Hara fuhr fort.
»Wenn davon auch nur die Hälfte stimmen sollte, dann bist du ein Mann, der weder Tod noch Teufel fürchtet. Und die Drogenbosse sind wahre Teufel, glaube mir.«
Weder Tod noch Teufel.
So falsch lag O'Hara da nicht, denn der Physiker hatte beiden getrotzt. Er kannte die Brut des Teufels, die Gesichter des Todes. Doch oft genug hatte sich gezeigt, dass die unersättliche Gier und Gewissenlosigkeit der Menschen dies alles noch in den Schatten zu stellen vermochte.
Zumindest waren die Level nicht weit voneinander entfernt.
Für einen Augenblick war Artimus abgelenkt von dem, was O'Hara ihm hier offenbarte. Er dachte an die E-Mail, die er vor einigen Tagen bekommen hatte. Nein, falsch, denn bekommen hatte er sie schon vor längerer Zeit, doch Artimus rief seine Nachrichten per Handy nur äußerst selten ab, daher war die Information nicht mehr ganz neu - jedoch brandaktuell und brisant, wie es keine zweite hätte sein können.
Sie lautete schlicht und ergreifend: Die Hölle existiert nicht mehr!
Zamorra hatte in kurzen Sätzen die Geschehnisse erläutert und diese Rundmail an all die Mitglieder und Freunde des Zamorra-Teams geschickt. Zwischen den Zeilen glaubte Artimus Zamorras Unglauben herauslesen zu können, denn diese Tatsache musste zwangsläufig das ganze Leben des Parapsychologen aus Frankreich auf den Kopf stellen. Und nicht nur seines. Allerdings warnte Zamorra seine Freunde auch zugleich vor den Ausnahmen, denn er befürchtete, dass einzelne Mitglieder der schwarzen Familie noch existierten. Das war allerdings nur eine Theorie - Tatsache hingegen war, dass Tan Morano - der Herr über alle Blutsauger - sein Volk weitestgehend mit dem Machtkristall vor der Vernichtung geschützt hatte. Sicher nicht die, die sich zum Zeitpunkt der Vernichtung in den Schwefelklüften befunden hatten, doch das war wohl nur eine kleine Minderheit gewesen. Den größten Teil der Vampire hatte Morano auf den Kristallplaneten gebracht, auf dem er als ERHABENER über die DYNASTIE DER EWIGEN herrschte. Die Blutsauger, die auf der Erde hausten, hatten ebenfalls überlebt - wobei man ja wohl kaum von Leben sprechen konnte.
Dass unter den Nachrichten erst vor Kurzem auch eine gewesen war, die besagte, dass London von der Bildfläche verschwunden war, geriet in Artimus' Prioritätenliste angesichts der anderen Gefahren ziemlich in den Hintergrund. Darum sollte sich Zamorra kümmern. Der hatte ganz andere Möglichkeiten.
Für Artimus bedeutete das Geschehen um Tan Morano eine nahtlose Fortführung der für ihn akuten Gefahr, denn es waren in erster Linie die Vampire, die nach seinem Leben trachteten. Sinje-Li, die Raubvampirin, hatte sich Morano angeschlossen, doch van Zant war sicher, dass sie den Rachefeldzug gegen ihn nicht vergessen hatte. Und dieser Starless hielt sich in ihrem direkten Dunstkreis auf. Artimus war sicher, dass er es war, der Manja Bannier, die Erzieherin von no tears , getötet hatte.
Viel hatte sich also geändert, doch die Gründe, wegen denen der Physiker no tears aufgelöst hatte, die existierten nach wie vor. Die Vampire, die DYNASTIE DER EWIGEN - für ihn war alles beim Alten geblieben.
Van Zant schob all diese Gedanken beiseite und konzentrierte sich wieder auf das Gespräch mit O'Hara.
»Warum ausgerechnet ich?« Artimus beschränkte sich auf kurze Sätze; er fühlte sich in dieser Kaschemme ausgesprochen unwohl, es lag ihm also fern, hier eine ausufernde Diskussion zu führen. Je eher alles besprochen war, je schneller konnte er diesen Laden auch
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