0955 - Der Gruftie
dazu kommen konnte. Shao sprach vom Wetter, Suko ebenfalls, und ich schloß mich ihrer Meinung schließlich an. Eine grundlegende Änderung schlug sich zumeist auf das Gemüt der Menschen nieder. Das Essen hatte auch nicht zu lange gedauert, zudem wollte ich die beiden allein lassen und war nach nebenan in meine Wohnung gegangen, die mir überheizt vorkam.
Zwar drückte draußen die Kälte, ich hatte trotzdem das Fenster geöffnet und mich der kalten Luft preisgegeben. Sie bewegte sich kaum, war wie eine Mauer. Noch schwebte der klare Abendhimmel über mir, bedeckt von einem fast vollen Mond und einem Heer von Sternen, aber die Veränderung würde kommen. Es war Regen und Schnee angesagt worden, was zum Glatteis führte, das letztendlich in einem Chaos endete.
Der Blick zum prächtigen Nachthimmel hatte meine Unruhe trotz allem nicht vertreiben können. Sie steckte einfach zu tief in mir, obwohl es äußerlich keinen Grund dafür gab.
Aber da war wieder dieses komische Gefühl in meinem Innern, das sich zu einem Klumpen verdichtete. Ich merkte die Nervosität immer stärker, schloß das Fenster, da es mir mittlerweile auch zu kalt wurde, und ging zu einem Sessel.
Um sich schlafen zu legen, dazu war es noch zu früh. Ich hätte auch nicht die Ruhe gefunden, und so überlegte ich, ob ich noch ein Bier trinken sollte. Einen Absacker. Mal richtig am Tresen sitzen, mit fremden Leuten über Probleme reden, ohne sie zu lösen, das Bierchen trinken. Ein schönes Pils und kein Ale, das lockte mich schon. Der nächste Tag würde mich nicht im Büro sehen, denn da hatten wir Samstag, und im Moment lag nichts an.
Ja, das war gut.
Sehr gut sogar!
Ich lächelte vor mich hin, ließ das Buch Buch sein, in dem ich hatte weiterlesen wollen, und auch die Glotze blieb aus. Ich dimmte das Licht herunter und ging in den Flur, um die Jacke vom Haken zu holen.
Es waren alles völlig normale Bewegungen und Taten. Nichts Ungewöhnliches war dabei, trotzdem wollte die Nervosität nicht weichen. Als ich schon auf dem Weg zur Wohnungstür war, erwischte es mich. Da tutete das Telefon.
Ich blieb stehen. Ein Automatismus, der wie eingehämmert wirkte. Keinen Schritt mehr weiter, aber auch keinen zurück, denn ich dachte darüber nach, ob ich den Quälgeist vielleicht klingeln lassen wollte.
Wer rief um diese Zeit noch an?
Ein Spaßvogel sicherlich nicht. Bestimmt jemand, der etwas von mir wollte, und als ich daran dachte, siegte letztendlich das Pflichtgefühl in mir.
Ich ging zurück in den Wohnraum und hob nach dem fünften Tuten den Hörer ab.
Zu melden brauchte ich mich nicht, denn die flüsternde Frauenstimme war schneller. »Endlich, John, endlich habe ich dich erwischt! Ich dachte schon, daß du ausgeflogen wärst.«
»Das wäre ich auch beinahe. Die Jacke habe ich schon übergezogen.«
»Dann laß sie auch an.«
»Aha«, sagte ich nur und wußte, daß Jane Collins Probleme bekommen hatte. Grundlos rief sie um diese Zeit nicht an, auch ihre Stimme klang anders. Geschäftsmäßig kühl, sachlich, aber dennoch leicht zitternd, als hätte sie Mühe damit, gewisse Dinge zu unterdrücken.
»Du mußt sofort kommen, John!«
»Wohin?«
»Nicht in meine Wohnung. Ich stehe hier auf einem Grundstück, das einem gewissen Douglas Waterman gehört.«
Waterman… Ich dachte über diesen Namen nach. Gehört hatte ich ihn schon, konnte aber damit nichts anfangen, außerdem störte mich Janes Stimme beim Nachdenken, die mir erklärte, was ihr in der letzten Stunde widerfahren war.
Und das hörte sich nicht gut an. Zwar hatte sie den Zombie, von dem sie sprach, selbst nicht gesehen, sie war allerdings fest davon überzeugt, daß er existierte und sich auch außerhalb des Grundstücks bewegte, wie ihr Kollege herausgefunden hatte.
»Gut, Jane, ich komme.«
»Wunderbar, dann beschreibe ich dir den Weg. Du mußt allerdings in den Süden, Richtung Wimbledon.«
»Die Straßen sind frei.«
Jane kannte sich aus, ich ebenfalls, und ich brauchte mir keine Notizen zu machen. Ich mußte in den südlichen Teil von Wandsworth fahren, was eigentlich schon zu Wimbledon gehörte, wo sich der all England Tennis Ground befand.
»Und wo wartest du?« fragte ich.
»Auf dem Grundstück. Ich möchte die Mauer nicht noch einmal überklettern. Du wirst die Stelle rasch finden, denn fast genau gegenüber parken zwei Autos. Mein Golf und der Nissan meines Kollegen.«
»Die werde ich finden.«
»Dann bis gleich.«
»Moment noch, Jane«, sagte ich. »Sollte
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