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0965 - Die zweite Unendlichkeit

0965 - Die zweite Unendlichkeit

Titel: 0965 - Die zweite Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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der Wand vor ihr! Sie verbanden sich miteinander, wurden zu einer nahezu lückenlosen Schicht aus Eis. Und Nicole, deren Leib innerlich zu erstarren schien, verlor den Boden unter den Füßen.
    Als hätte sie eine Ozeanwelle gepackt, wurde sie hochgehoben. In der Luft drehte die Welle sie einmal um die eigene Achse - und wäre Nicole nicht ohnehin schon bewegungsunfähig gewesen, so wäre sie nun vor Schreck erstarrt.
    Sie sah ins Zimmer. Und auf das zerbrochene Fenster.
    Die Energie des Feuerballs draußen im Nichts musste das Glas getroffen und zerstört haben. Nun drang sie völlig ungehindert in den Raum, und was immer sie traf, verging. Fror ein. Erstarb.
    Ein dünner Strahl goldgreller Energie führte direkt in Nicoles Brustkorb. Fassungslos starrte sie ihn an. Und die Welle, von der sie nun wusste, dass sie die Wucht des Strahls sein musste, trug sie weiter, bis Nicole rücklings gegen die Zimmerwand schlug. Der Aufprall war so hart, dass ihr fast die Sinne schwanden.
    Ein schwaches Keuchen rechts von ihr, kaum hörbar über dem Tosen der Energieblitze. »Nici!«
    Die anderen! Erst jetzt bemerkte sie, dass ihre Begleiter noch immer bei ihr waren. Mühsam sah sie zur Seite. Auch Zamorra und die Campbells waren von den Blitzen aus dem Nichts getroffen worden. Wie sie hingen sie wehrlos an der Wand, aufgespießt wie Schmetterlinge. Nicole sah in erschrockene Gesichter, über die - langsam, aber stetig - das Eis zu wachsen begann. Ben war schon regelrecht blau geworden. Nicht mehr lange, und er würde erfrieren.
    Auf Zamorras Brust prangte Merlins Stern . Das magische Schutzamulett glühte förmlich, aber der feindliche Energiestrahl, der den Professor gepackt hatte, war direkt auf dem Amulett aufgekommen. Vermutlich hinderte die eisige Energie Merlins Stern daran, in das Geschehen einzugreifen und seinen Träger zu retten.
    »Was -« Es war unglaublich anstrengend, überhaupt noch Worte zu bilden. Zu wenig Atemluft, zu wenig Muskelkontrolle. Selbst das Denken fiel ihr immer schwerer. Doch sie musste wissen, was hier gespielt wurde, verdammt! Wenn sie schon starb, dann wollte sie wenigstens den Grund dafür kennen. »Zamorra! Sag mir, was -«
    Was habt ihr erlauscht?
    »Die Alte«, keuchte Zamorra. Auch ihm schien jede Bewegung entsetzliche Schmerzen zu bereiten. »Sie ist… Kern des Ganzen. Ein Mensch wie wir. Aber auch… Dämon. Sie… ist nur Wirtskörper. Er… stammt aus der Hölle.«
    Nicoles Gedanken überschlugen sich. Ein Wesen aus der Hölle? Ein Parasit? Das ergab irgendwo sogar Sinn. Hatte Ellie nicht vermutet, der Fädenzieher dieses bizarren Spiels lebe auf Pump? Von der Lebenszeit, die er seinen Opfern stahl? Nun, vielleicht tat er dies, weil seine eigene Zeit ablief - oder längst abgelaufen war!
    Weil er einer Sphäre entstammte, die es nicht länger gab.
    Konnte es sein, dass dieses Haus, oder was immer es war, einem Höllendämon die Chance gegeben hatte, seine Existenz zu verlängern?
    Die Wissenslücken waren noch immer zu groß, und doch ahnte Nicole, der Wahrheit einen guten Schritt näher gekommen zu sein. Aber sie ahnte auch, dieses Wissen nicht mehr nutzen zu können.
    Es war vorbei. Das Geheimnis der zweiten Unendlichkeit würde mit ihnen sterben, so wie die Unmengen an Vorgängern in diesen Räumen gestorben waren.
    Sinnlos.
    ***
    Das Gefühl überstieg alles. Endlich wieder er selbst! Endlich der einengenden Hülle ledig! Kyrgon der Immer-und-überall driftete durch das Nichts jenseits der Kammer und verstand die Welt nicht mehr. Die unsichtbare Energiewelle der Alten im Schaukelstuhl hatte ihm kurzzeitig das Bewusstsein geraubt, doch als er wieder zu sich gekommen war, hatte er sich schon auf halbem Weg in den »Bauch« dieses Haus gewordenen Ungetüms befunden. Wie die Kimono-Tante von vorhin hatte ihn das gleißende Licht - Kyrgon bezeichnete es insgeheim als das Blut des Hauses - mit sich gerissen. Ein Fluss aus Energie, warm und tosend. Und in diesen Fluten hatte der Jäger die Hermann-Schneider-Gestalt auf einmal hinter sich lassen können. Kyrgon hatte versucht, sich zu entkörpern - und es war ihm gelungen!
    Schwarzer Dunst erhob sich aus dem Leuchten, befreite sich von ihm. Und flog als eine Wolke aus Nacht von dannen. Ins Nichts.
    Das war er, nur das. Dies allein war sein wahres Gesicht. Zumindest, sofern es ihn betraf. Nichts anderes wollte er sein.
    Ob es an der Energie lag, auf der er weggetrieben war wie ein Blatt im Wind? Ob das »Blut« sein besonderes Talent

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