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0965 - Die zweite Unendlichkeit

0965 - Die zweite Unendlichkeit

Titel: 0965 - Die zweite Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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wiederbelebt hatte? Er wusste es nicht. Es klang vorstellbar, aber es kümmerte ihn auch nicht. Was zählte, war das Ergebnis, nicht der Lösungsweg.
    Und der Jäger, der Immer-und-überall, zögerte nicht.
    Endlich seinem Menschengefängnis entkommen, stand ihm plötzlich wieder alles offen. Er wusste , dass es für ihn keine Grenzen mehr gab. Er wusste , dass nur ein Gedanke genügte, ihn jedes Hindernis überwinden zu lassen. Nicht anders war es stets gewesen.
    Die ganze Welt lag ihm wieder zu Füßen. Die ganze Unendlichkeit. Ein Blumenstrauß voller Optionen.
    Kyrgon musste nur zugreifen und sich eine Blume auswählen.
    Der Jäger hatte keinen Körper, um zu grinsen. Doch innerlich grinste er breit.
    ***
    Ben Campbell schrie auf, als die Nacht aus dem Eis brach. Eine pechschwarze Wolke platzte mit einem Mal aus der Wand rechts von ihm. Sie zertrümmerte die immer dicker gewordene Eisschicht, in der Ben nun schon bis zu den Ohren steckte, schoss ins Raumesinnere und formierte sich zu einem Wirbelsturm im Kleinformat, der sich mit rasender Geschwindigkeit um die eigene Achse drehte.
    »Was… im Namen… aller Ewigen… ist das?«, keuchte Nicole Duval links von ihm. Auch sie steckte bereits zur Hälfte in der eisigen Fessel. Das Sprechen fiel ihr schwer.
    hallo jungchen hast du mich vermisst
    Und plötzlich wusste Ben die Antwort. »Kyrgon«, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    Dann hatte der Wirbel das Fenster erreicht. Es zischte und sirrte, als sich das dunkle Gebilde vor die zerschmetterte Scheibe drängte und damit in den Weg der goldenen Energiestrahlen geriet. Zwar drangen diese durch es hindurch, doch in schwächerer Intensität. Ben spürte sofort, wie der Schmerz auf seiner Brust - dort, wo der Paralyseblitz seinen Körper getroffen hatte - nachließ. Auch das Eis schien sich zurückzubilden.
    »Das… ist… Kyrgon«, wiederholte er so laut, wie es ihm möglich war, und sah Zamorra überrascht die mit Raureif überzogenen Brauen heben. »Er… lebt.«
    und jetzt sorgt er dafür dass ihr lebt
    Die Stimme in seinem Kopf war so klar und deutlich, als wäre es seine eigene. Kein Interpretationsspielraum, keine Zweideutigkeiten - Ben verstand genau, was der Jäger aus dem Jahr 2045 vor hatte.
    Und er verstand, was es bedeutete.
    »Nein«, keuchte er. Er versuchte, sämtliche Kraftreserven seines Körpers zu mobilisieren, um aus der eisigen Umklammerung des Hauses zu entfliehen und diesen Wahnsinn zu verhindern. Doch so sehr er sich auch anstrengte, gewann er nur Millimeterbruchteile an Spielraum - längst nicht genug, um sich selbst aus dem Eis zu reißen. »Nein, Kyrgon. Nicht.« Sie bringen sich um!
    weiß ich jungchen aber das macht nichts
    Und Ben verstand. Kyrgon bestimmte endlich wieder selbst, wie das Spiel verlief.
    Der junge Campbell sah zu Nicole, die nun bewusstlos im Eis hing, Arme und Beine von sich gestreckt. Nur ihre vordere Gesichtshälfte, ihre Finger, Fußspitzen und ihr Brustkorb ragten noch aus dem Block aus Substanz gewordener Kälte. Ben sah zu Ellie, die aus trüben, aber schreckgeweiteten Augen das Schauspiel am Fenster betrachtete und ebenfalls begriff.
    Und er sah zu Zamorra. Der Meister des Übersinnlichen zwinkerte ihm zu. Hoffnung flackerte in seinem Blick. Und Dankbarkeit.
    Noch immer regierte überall der Wahnsinn. Was nicht unter der Berührung der inzwischen wie wild durch den Raum peitschenden Energieblitze verging, stürzte entweder bei den ständigen Erschütterungen ein, oder es erfror wie Ben und seine Begleiter.
    Einzig die schwarze Wirbelwolke schien sich den mannigfachen Gefahren mühelos entziehen zu können. Und sie hatte einen Plan.
    Kyrgon, wenn Sie das tun… , dachte Ben und wusste, dass der Jäger seine Gedanken besser verstand, als er sein Gekeuche würde hören können. Denn Kyrgon witterte sie. Warum? Warum opfern Sie sich für uns?
    Angestrengt lauschte er. Doch es dauerte einen Moment, bis Antwort kam. Statt Worten empfing Ben zunächst Bilder: von Zamorra im Kampf mit den Spinnen. Von Nicole, wie sie sich den Zombiehorden entgegensetzte. Willoughby im Maul des Albinowurms.
    Und dann Ellie. Ellie in der Dunkelheit. Ellie, die weinte. Ellie, die trotzdem weitermachte.
    hast ne wahnsinnig scharfe Schwester jungchen
    wie gesagt genau mein beuteschema
    wäre doch ne schande sie jemand anderem zu überlassen
    wenn ich nicht darf darf keiner dürfen
    Schweigen.
    grüß sie von mir
    Dann hielt der Wirbel an. So plötzlich, wie er erschienen

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