0971 - Die zerrissene Stadt
würde. Trotz der schweißtreibenden Hitze fror sie mit einem Mal erbärmlich, es rann ihr kalt über den Rücken.
»Dann sollten wir die Flucht nach vorne betreiben«, sagte Tendyke. »Vielleicht lassen die mit sich reden. Wir sind in den Höllentiefen ja auch keine Unbekannten.«
Die Amazonen kamen näher, die Zweite war mit einem Schwert und einem Speer bewaffnet, aber auch Peters und Tendyke hielten ihre Buschmesser noch in der Hand. Der Vampir transformierte seine Gestalt, er erhob sich und flog langsam über Robert und Uschi hinweg. Wenige Meter hinter beiden landete er und nahm wieder Menschengestalt an. Peters drehte sich um, sodass sie mit ihrem Gefährten Rücken an Rücken stand.
»Wen haben wir denn da?«, fauchte der Vampir und blickte die Menschen aus rot glühenden Augen an. »Da ist jemand aber ganz schön unvorsichtig gewesen…«
Er öffnete den Mund, seine Augzähne wuchsen deutlich sichtbar.
»Begrüßt man so seine Gäste?«, fragte Tendyke und drehte sich halb zu dem Vampir um. Er reizte ihn mit voller Absicht. »Da müssen wir aber in puncto Höflichkeit noch ein bisschen üben.«
»Du bist gekommen, um hier zu sterben! Die Dämonen werden dich zerfleischen und deinen Geist vernichten, denn sie sind stärker, als du es bist. Und ich bin ihr Vollstrecker.« Der Vampir blickte den Abenteurer an und schüttelte langsam den Kopf. Seine ausgeprägten Sinne hatten etwas im Zusammenhang mit Tendyke gespürt. »Das…«
Die Amazonen bemerkten, dass ihr Verbündeter anders reagierte als ausgemacht.
»Was hast du?«, wollte diejenige wissen, die Tendyke und Peters zuerst gesehen hatten.
»Das ist der Sohn des Asmodis«, stammelte der Blutsauger. »Seine schwarzmagische Präsenz ist deutlich zu spüren.«
Tendyke biss die Zähne zusammen. Sonst waren ihm die Vergleiche mit seinem Vater unangenehm, aber vielleicht konnte er in diesem Fall Profit daraus schlagen.
»Das ist richtig. Ich…«, begann er, doch er wurde gleich unterbrochen.
»Aber der Sohn eines Verräters ist nicht besser als sein Vater!«, kreischte der Vampir. »Tötet ihn!«
Er hastete auf Uschi Peters zu, doch die blonde Deutsche zog ihre Machete reaktionsschnell von unten nach oben und spaltete seinen linken Ellenbogen.
Der Vampir schrie vor Schmerz auf. Aber die Verletzung würde ihn wohl trotz der geweihten Silberklinge nicht lange aufhalten, mit dem ersten Kratzer setzten schon die enormen Selbstheilungskräfte ein, die umso schneller arbeiteten, je mehr frisches Blut der Vampir getrunken hatte.
Die Amazonen sprangen im gleichen Augenblick die letzten paar Meter auf Tendyke zu. Sie mussten aufpassen, dass sie nicht auf dem schmalen Streifen festen Bodens ausrutschten, der sich durchs Bayou zog.
Die Erfahrung von über fünf Jahrhunderten hatte Robert Tendyke gelehrt, dass ein fairer Kampf die größte Dummheit sein konnte. Er war weit davon entfernt, die Amazonen zu unterschätzen; oft genug hatte er schon ihre Kampfkunst erlebt. Ihm würde nur unfaires, vielleicht sogar heimtückisches Verhalten helfen.
Und das setzte er ohne zu Zögern ein. Während Uschi Peters dem Vampir eine zweite Wunde mit der Machete an der Schulter beibrachte, wechselte Tendyke seine Waffe in die linke Hand und griff in die linke Innentasche seiner Lederjacke.
Dabei verlor er sein TI-Alpha. Die zweite Kriegerin nagelte es sogleich mit ihrem Speer am Boden fest. Ihre Kampfschwester musste sie dazu vorbeilassen, da für beide nebeneinander kein Platz war.
Wie sehr viele andere Bewohner der USA besaß auch der Alleinbesitzer der Tendyke Industries mehrere Handfeuerwaffen, sowohl Pistolen als auch Gewehre. Das war bei seinem Lebensinhalt als Abenteurer auch gar nicht anders denkbar.
Für Einsätze wie diesen hatte er eine Heckler & Koch P2000 mitgenommen, eine Pistole, die normalerweise als Dienstwaffe für die Polizei gedacht war - sogar Pierre Robin, der Chefinspektor von der Mordkommission Lyon, und ebenfalls ein Freund von Professor Zamorra, benutzte eine solche halbautomatische Rückstoßladerpistole. Mit dem entsprechenden Geldbetrag konnte man eben alles bekommen, auch Polizeiwaffen.
»Zurück mit euch! Sonst schieße ich!«, warnte Tendyke.
Die Amazonen hatten noch nie eine Pistole gesehen und konnten nicht glauben, dass der Mann vor ihnen so töricht war, mit diesem kleinen schwarzen Ding gegen ihre Schwerter bestehen zu wollen.
Die Kriegerin, die sie zuerst gesehen hatten, hob das Schwert in ihrer linken Hand und versuchte, damit
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