0971 - Die zerrissene Stadt
ich keine Rücksicht auf Verluste!«, tobte der Wächter. »Dann gebe ich den Drois den Befehl, unbarmherzig ihre Desintegratoren einzusetzen.«
Wie zur Bestätigung von Theronns Worten, umfassten die wenigen Drois, die noch geblieben waren, die Griffe ihrer Auflösungswaffen.
»Bist du wahnsinnig?«, herrschte der Dämonenjäger den Wächter an und zeigte mit der Hand auf Julian Peters. »Ohne die Hilfe von Julian hätten die Dämonen deine Stadt überrannt und euch mit.«
»Ohne die größenwahnsinnigen Eltern des Träumers, die es unbedingt mit einer Schar Höllischer aufnehmen wollten, hätten uns die Schwarzblütigen in Ruhe gelassen«, konterte Theronn, während er auf Uschi Peters und Robert Tendyke zeigte. Uschi war froh, dass sie ihren Gefährten unversehrt wieder hatte, dennoch kam er ihr etwas verändert vor.
»Eine Zusammenarbeit zwischen uns ist doch besser als diese Geheimniskrämerei«, versuchte Zamorra, den Malham umzustimmen.
»Ich weiß etwas, das noch viel besser ist«, sagte der Wächter mit überaus freundlicher Stimme. »Ihr verschwindet sofort von hier und lauft mir nie mehr über den Weg.«
»Theronn, ich…« Zamorra wollte nicht glauben, dass sie hinausgeworfen wurden.
»Ich sagte sofort!« Die Stimme des Wächters bellte, seine Augen schienen Pfeile das Hasses abzuschießen. »Und ich dulde keine Diskussion!«
Einem Aufbruch stand also nichts im Wege, auch wenn Zamorra sich lieber im Guten von Theronn getrennt hätte.
Sergej brachte erst Julian Peters und Zamorra per zeitlosem Sprung an die Blockhütte, danach holte er Julians Eltern. Als Uschi Peters und Robert Tendyke eintrafen, hatte sich der Träumer schon auf den Silbermond versetzen lassen. Er war total erschöpft gewesen, sein real verfestigter Traum hatte ihn sehr viel Kraft gekostet.
»Und dabei wollte ich mich bei ihm bedanken«, seufzte Uschi und presste die Lippen aufeinander. Sie hätte viel darum gegeben, würde ihr Sohn sie einmal wie seine Mutter behandeln.
Aber es sollte wohl nicht sein.
Zamorra reiste noch kurz mit zu Tendyke’s Home. Er besprach noch einiges mit Robert Tendyke und Uschi Peters, dann verließ er seine Freunde, um ins Château Montagne zurückzukehren, wo ihn Nicole Duval gerade dabei war, April Hedgesons Rätsel zu lösen.
***
Das Leben ist ein Kreis. Du kannst ihn nie verlassen. Auch nicht mit deinem Sterben. Theronn rezitierte die uralten Pido-Schriften aus dem Glaktian, die einst vom Sternenbaron überliefert wurden. Irgendwie fand er diesen Spruch passend. Er vollendete den Spruch nicht im Geist, sondern murmelte ihn vor sich hin: »Denn Sterben ist auch Leben.«
Der korydische Wächter war unzufrieden mit sich selbst. Hatte er im Rahmen seiner Möglichkeiten richtig reagiert? Oder hätte er etwas besser machen können? Im Nachhinein ist man immer schlauer, dachte er und verzog die Lippen.
Er war bestürzt darüber, dass jetzt schon an der zweiten Blauen Stadt Krieg gegen Schwarzblütige geherrscht hatte. Wie sollte es erst werden, wenn er die nächsten Del'Alkharam bergen musste? Würde es wieder eine solche Menge Toter geben, so wie hier?
Auch wenn er kommentarlos so viele Drois bekam wie er anforderte, so besaß er doch eine Art Verantwortungsgefühl seinen Leibwächtern gegenüber.
Die Versiegelung und der Transport müssen forciert werden, damit nicht in jeder Blauen Stadt Kampfhandlungen Vorkommen, nahm er sich vor.
Und so geschah es auch. Kurz darauf hatte sich ein Hügel in den Bayous von Louisiana, unter dem eine ganze Stadt Platz gefunden hätte, wie aus heiterem Himmel um mindestens zwanzig Meter abgesenkt…
ENDE
[1] Siehe Professor Zamorra Nr. 735 »Tod in der Blauen Stadt«
[2] Siehe Professor Zamorra Nr. 634 »Duell der Schamanen«, Professor Zamorra Nr. 635 »Der achtarmige Tod«
[3] Siehe Professor Zamorra Nr. 417 »Silbermond-Vampir«
[4] Siehe Professor Zamorra Nr. 874 »Gedankentöter«
[5] Siehe Professor Zamorra Nr. 961 »Nähre deine Wut!«
[6] Siehe Professor Zamorra Nr. 895 »Im siebten Kreis der Hölle«
[7] Siehe Professor Zamorra Nr. 901 »Kampf um die Schwefelklüfte«
[8] Siehe Professor Zamorra Nr. 935 »Tochter der Dunkelheit«
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