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Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel

Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel

Titel: Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Funke
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Julebukk fällt vom Himmel
    In der Nacht zum zehnten Dezember zog ein furchtbares Gewitter aus dem Norden heran. Tausend Blitze spießten die Sterne auf und der Donner polterte wie ein entgleister Güterzug über den schwarzen Himmel.
    Niklas Julebukk, Weihnachtsmann von Beruf, merkte von alldem nichts. Friedlich schnarchend lag er in seinem Wohnwagen, während Sternschnuppe, sein Rentier, ihn hoch über der schlafenden Welt durch die Wolken zog. Die Blitze leckten wie Schlangenzungen an dem klapprigen Wagen, doch Niklas Julebukk träumte von Mandeln und Marzipan, wie Weihnachtsmänner das eben tun.
    Sternschnuppe rannte immer schneller durch die schwarzen Wolken. Doch dem Gewitter konnte er nicht davonlaufen. Die grollende Finsternis verschluckte die Sterne, Blitze fuhren ihm zischend zwischen die Hufe. Sternschnuppe bäumte sich auf, zerriss seine Zügel und stürmte hinab zur Erde.
    Julebukks rentierloser Wohnwagen schwankte hin und her wie ein Boot auf wilder See, dann kippte er vornüber ins Nichts. Polternd fiel Julebukk aus dem Bett, stieß sich den Kopf an einem Stuhlbein und rollte holterdiepolter unter den Tisch. »Haaaalt!«, rief er. »Himmel, was ist los?« Aber da stürzte er auch schon mitsamt seinem Wagen auf die Erde zu.
    In Julebukks Kopf sauste und brauste es, als würde er zerplatzen. Der Wagen streifte Baumwipfel mit den Rädern, stieß gegen einen Schornstein, knickte zwei Fernsehantennen um und landete krachend im Rinnstein einer schmalen Straße.
    Ein Schwarm Rabenkrähen erhob sich mit wütendem Gekrächze aus einer kahlen Linde. Ein dicker grauer Kater rutschte vor Schreck fast vom Dachfirst. Und die Menschen, die wach in ihren Betten lagen, weil das Gewitter sie nicht schlafen ließ, dachten: Was für ein Donner! Als wäre der Mond vom Himmel gefallen.
    Julebukks Wohnwagen rollte noch ein kleines Stück, lehnte sich dann ächzend zur Seite und blieb stehen.
    Niklas nahm die Hände von den Ohren und lauschte. Kein Sausen und Brausen mehr, kein Krachen, nur das Grollen des Donners. Er krabbelte unter dem Tisch hervor. »Matilda? Emmanuel? Alles in Ordnung?«, rief er und tastete in der Dunkelheit nach seiner Taschenlampe. Aber die lag natürlich nicht mehr da, wo sie mal gelegen hatte. Nichts war mehr an seinem Platz.
    »Oje, oje!«, zwitscherte jemand. »Oje, oje, was war denn das? Julebukk, was ist passiert?«
    »Wenn ich das wüsste!«, murmelte Niklas Julebukk und betastete die riesige Beule auf seiner Stirn.
    Ein Streichholz flammte in der Finsternis auf und eine kleine dicke Engelsfrau flatterte mit einer Kerze in der Hand vom Schrank herunter. Ein zweiter Engel lugte entsetzt über die Schrankkante.
    »Oh, was für ein Unglück!«, rief die Engelsfrau und flatterte aufgeregt um Niklas herum.
    Der saß immer noch ganz verdattert auf seinem Hosenboden, inmitten von Büchern und zerbrochenem Geschirr. »Matilda, sieh bitte mal nach den Kobolden, ja?«, sagte er.
    »Ach, die!« Matilda stellte die Kerze auf den Tisch. »Hörst du, wie sie schon wieder fluchen? Pfui.«
    In der obersten Schublade einer umgekippten Kommode rumorte es. Aufgeregte Stimmen schimpften durcheinander.
    »Ja, ja!«, rief Matilda. »Aber erst mal hört ihr auf zu fluchen. Sonst rühre ich keinen Flügel, verstanden?«
    Julebukk richtete sich auf und torkelte über den schrägen Wohnwagenboden zur Tür. Vorsichtig lugte er in die Nacht hinaus. Kein Mensch, kein Tier war zu sehen. Julebukk zog seinen roten Mantel an und stieg mit zitternden Beinen die zwei morschen Holzstufen des Wagens hinab. Fast stolperte er über ein umgeknicktes Straßenschild, das unter dem Wohnwagen hervorragte. »Nebelweg« stand darauf. Der Wohnwagen lehnte windschief im Rinnstein. Zwei Räder waren zerbrochen.
    »Ach je, ach je!« Julebukk schüttelte den Kopf. »Nun sieh sich das einer an. Was bin ich nur für ein Pechvogel!« Ratlos sah er sich um. Von seinem Rentier war nichts zu sehen. Kein Wunder. Sternschnuppe war unsichtbar wie alle Weihnachtsrentiere – unsichtbar und verfressen. Julebukk holte ein paar zerdrückte Pfeffernüsse aus seinem Mantel und hielt sie hoffnungsvoll ins Dunkel.
    »Sternschnuppe?«, rief er leise und schnalzte mit der Zunge. »Sternschnuppe, Fressen. Nun komm schon her, du treuloser Klepper!«
    Nichts. Keine klappernden Hufe, keine Glöckchen, kein Schnauben und Schmatzen, nur ein letztes Donnergrollen. Auf Julebukks Nase landete ein Regentropfen. Platsch. Im nächsten Augenblick goss es wie aus Kübeln.

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