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0973 - Das verfluchte Volk

0973 - Das verfluchte Volk

Titel: 0973 - Das verfluchte Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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Weiß der Henker, wieso sie überhaupt noch aufrecht sitzen und einen geraden Satz herausbringen können. Und dann noch die Kokablätter. Tagein, tagaus kauen sie das Zeug. Ab und zu bieten sie mir auch etwas an, aber ich brauche meinen Verstand. Wer weiß, welche Prüfungen uns noch bevorstehen.
    Wenn wir bei einer der wenigen Siedlungen Halt machen, um unsere Vorräte aufzustocken, besorgen sie sich weiteren Alkohol und vergnügen sich mit den Frauen des Ortes. Nicht immer zur Freude der Väter und Ehemänner. Gestern sind wir gerade noch mit heiler Haut davongekommen. Auf der Rückreise werden wir einen anderen Weg nehmen müssen.
    Langsam frage ich mich, ob es wirklich eine gute Idee war, mich auf Gedeih und Verderb diesen Halsabschneidern anzuvertrauen. Heute Morgen sind sie wegen einer Nichtigkeit mit unserem indianischen Führer in Streit geraten und ich konnte sie nur mit Mühe und Not davon abhalten, ihm ein Messer in den Bauch zu stoßen. Was, wenn sie zu der Überzeugung gelangen, dass ihnen das bisschen Geld, das ich bei mir trage, lieber ist als die unvorstellbaren Reichtümer, die erst am ungewissen Ende unserer Reise auf sie warten?
    ***
    Paula saß in ihrem alten verrosteten Chevrolet, biss auf einem Pfefferminz herum und versuchte, nicht an eine Zigarette zu denken. Es fiel ihr schwer genug, doch immerhin hatte sie es geschafft, seit zwei Tagen keine Kippe mehr anzurühren. Das Jagdfieber hatte sie gepackt, und das machte es sehr viel leichter, die Sucht in Schach zu halten. Und dann gab es ja auch noch Pfefferminz. Unmengen von Pfefferminz.
    Knack.
    Nach der unerfreulichen Begegnung mit Roviras Telefondomina, von der sie inzwischen wusste, dass es sich tatsächlich um die Haushälterin handelte, hatte sie am nächsten Morgen Luis Ortegas Vorschlag angenommen und zwei Wochen Urlaub genommen. Sehr zur Erleichterung des Chefredakteurs, dem sie sehr überzeugend vorgeschwindelt hatte, dass sie tatsächlich dringend eine Weile abschalten müsse und da ein schnuckeliges Badehotel in Cartagena kenne.
    Natürlich war das Hotel reinste Erfindung. Stattdessen hockte sie seit Tagen in ihrer stickigen kleinen Kiste und observierte Roviras Haus. Schöner Urlaub.
    Knackknack.
    Sie hatte erst gar nicht versucht, durch die Nachbarn etwas über den geheimnisvollen Wissenschaftler zu erfahren. Wer in so einer exklusiven Wohngegend lebte, neigte nicht zu Klatsch und Tratsch. Aber die Hausangestellten waren für einige Pesos gerne bereit, ein paar harmlose Informationen mit ihren Mitmenschen zu teilen. Schließlich bekamen die meisten von ihnen nur einen Hungerlohn dafür, dass sie ihren Arbeitgebern das Leben so angenehm wie möglich machten.
    Nur dass niemand etwas wusste. Paula hatte einen nicht geringen Teil ihres Monatsgehaltes geopfert, nur um herauszufinden, dass Rovira auch für seine unmittelbaren Nachbarn ein absolutes Rätsel war. Tatsächlich konnte sich keiner der Hausangestellten daran erinnern, wann er Rovira überhaupt das letzte Mal gesehen hatte.
    Knackknackknack.
    Estelle Avilés dagegen bekamen die Hausangestellten des Viertels häufiger zu Gesicht. Die Haushälterin war seit bestimmt 20 Jahren in Roviras Diensten und schützte seine Privatsphäre wie ein Zerberus. Schön für Rovira. Nicht so schön für Paula, die irgendwie an diesem Hausdrachen vorbei musste. Und das ganz ohne Schwert oder Tarnkappe. Aber vielleicht gab es für die Tarnkappe ja einen modernen Ersatz. Ein Pick-up fuhr vor. Auf der Ladefläche saß ein halbes Dutzend Männer in grünen Overalls.
    Es war so weit.
    Paula schluckte die Reste des Pfefferminz-Bonbons herunter, setzte sich eine grüne Schirmmütze auf, unter der sie ihre widerspenstigen rotbraunen Locken fast vollständig versteckte, und öffnete die Fahrertür. Der Pick-up fuhr auf die Auffahrt zu Roviras Grundstück und hielt neben dem Hauptgebäude vor einem schmiedeeisernen Tor, das den Zugang zum parkähnlichen Garten verwehrte. Die Männer sprangen von der Ladefläche. Sie trugen Heckenscheren, Harken und andere Gerätschaften bei sich. Einer ging zum Tor und betätigte eine Klingel.
    Hastig sah sich Paula um. Als sie sich sicher war, dass sie niemand beobachtete, verließ sie das Auto und näherte sich der Auffahrt. Sie hatte die Gruppe gerade erreicht, als das Tor aufschwang und der Pick-up im gemächlichen Tempo den gepflasterten Gartenweg entlangrollte. Die grün gekleideten Arbeiter schwärmten sofort aus. Ein älterer Mann bellte ein paar Anweisungen, aber

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