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0973 - Das verfluchte Volk

0973 - Das verfluchte Volk

Titel: 0973 - Das verfluchte Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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vor ihr lauern mochte. Nur keine Panik, Mädchen. Hier werden schon keine Mumien oder Monsterratten rumschleichen, das ist schließlich das Haus eines Professors. Dann dachte sie an den Keller von Professor Zamorra und war sich nicht mehr ganz so sicher. Nach dem wenigen, was sie über den Parapsychologen wusste, beherbergte der bestimmt die absonderlichsten Geschöpfe in seinen Gewölben.
    Doch wider Erwarten stürzten sich weder ausrangierte Untote noch mutierte Nagetiere auf sie, und nach wenigen Metern erreichte sie eine Treppe, die, wie Paula vermutete, direkt in die Vorhalle führte. Oben angelangt hielt sie kurz inne und presste das linke Ohr an die Holztür. Als sie auch nach gut einer Minute nicht den geringsten Laut gehört hatte, drückte sie vorsichtig die Klinke herab, spähte kurz durch den schmalen Spalt und schlüpfte hindurch.
    Sie befand sich tatsächlich in der Vorhalle, die diesen pompösen Namen völlig zurecht trug. Schon der Eingangsbereich von Professor Roviras Heim glich mit seinen stolz zur Schau gestellten Trophäen völkerkundlicher Expeditionen dem reinsten Museum. Überall standen und hingen Götterstatuen, Tiermasken und archaische Waffen wie Speere und Steinäxte.
    Jetzt musste sie den Besitzer dieser bescheidenen Hütte nur noch finden. Vielleicht war Rovira ja doch bereit, mit ihr zu sprechen, wenn sie persönlich vor ihm stand - bevor er die Polizei rief und sie in den Knast stecken ließ.
    Systematisch arbeitete sie sich vor, durch das Esszimmer und die Küche und weiter zum Salon. Die großzügig geschnittenen Räume wirkten gepflegt, aber seltsam ungenutzt. Nirgendwo entdeckte sie eine achtlos abgestellte Kaffeetasse, ein aufgeschlagenes Buch oder ein vergessenes Kleidungsstück, das darauf hinwies, dass hier tatsächlich jemand lebte.
    Der letzte Raum im Erdgeschoss, den sie sich vornahm, war die Bibliothek. Wie es sich für einen ordentlichen Gelehrten gehörte, füllten viele Tausend dicke Bände die bis an die Decke reichenden Regalwände. Es gab einen wuchtigen Schreibtisch und mehrere Sitzecken, die nicht so aussahen, als seien sie in der letzten Zeit benutzt worden. Große, mit indianischen Kult- und Alltagsgegenständen gefüllte Vitrinen zeugten anschaulich von Roviras intensiver Erforschung der Ureinwohner im Amazonasgebiet.
    Auch hier herrschte perfekte Ordnung. Wer konnte so leben? Aber wohnte Rovira wirklich noch hier? Oder sorgte nur noch seine Haushälterin für Ordnung - und vertrieb dabei zugleich alle zu neugierigen Besucher?
    War Rovira vielleicht tot?
    Es half nicht, sie musste sich auch noch den ersten Stock vornehmen. Sollte der Professor hier tatsächlich noch leben, musste es zumindest im Schlafzimmer und im Bad eindeutige Hinweise geben. Nachdenklich schweifte Paulas Blick über die Vitrinen und blieb an einem großen Messer mit einer scharfen Klinge aus schwarzem Obsidian hängen.
    »Beeindruckend, nicht wahr?«, sagte eine Stimme hinter ihr. »Die Nazca im heutigen Peru haben dieses Schmuckstück benutzt, um ihren Feinden die Köpfe abzuschneiden.«
    ***
    Tagebuch von Friedrich Dörfler,
    9. Oktober 1801
    Das Glück hat uns verlassen. Unser Kahn war so leck, dass wir ihn gestern aufgeben mussten und nun zu Fuß weitermarschieren. Unsere Vorräte sind fast aufgebraucht, und jetzt ist auch noch unser indianischer Führer verschwunden. Offenbar hat er sich heute Nacht einfach in die Büsche geschlagen und sein Heil in der Flucht gesucht.
    Ich kann es ihm nicht verdenken. Nachdem wir schon länger an keinem Dorf mehr vorbeigekommen sind, hat einer von Pacos Spießgesellen gestern versucht, seine rohen Gelüste an ihm zu befriedigen. Der arme Mann konnte sich nur retten, weil Miguel - so heißt der Grobian - viel zu betrunken war, um sein abscheuliches Vorhaben in die Tat umzusetzen. Nachdem der Indianer panisch mit einem Messer herumgefuchtelt und Miguel damit am Arm verletzt hatte, ließ der von ihm ab und legte sich schlafen.
    Wäre der Führer nicht geflohen, Miguel hätte ihn heute Morgen beim Anblick seines zerfetzten Armes vermutlich ohne mit der Wimper zu zucken kaltgemacht. Jetzt weigert sich der Unhold, schweres Gepäck zu tragen, und jammert, dass sich der Arm entzündet habe. Geschieht ihm recht, wegen ihm sitzen wir alle in der Patsche.
    Leider sind Paco und seine Männer entgegen ihrer lebhaft geschilderten Jagdabenteuer, die einem Münchhausen alle Ehre gemacht hätten, nicht besonders erfolgreich, wenn es darum geht, uns mit Wild oder Fisch

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