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0973 - Das verfluchte Volk

0973 - Das verfluchte Volk

Titel: 0973 - Das verfluchte Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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offenbar wussten die meisten, was sie zu tun hatten.
    Niemand achtete auf Paula, deren Overall von denen der Gartenarbeiter kaum zu unterscheiden war. Die Reporterin hatte herausgefunden, dass der Gärtner mit seinen Gehilfen einmal pro Monat kam, um das Grundstück in Schuss zu halten. Sie arbeiteten für eine große Firma, deren Personal häufig wechselte. Ein unbekanntes Gesicht in der Gruppe würde kaum auffallen.
    Die Reporterin schnappte sich eine herrenlose Harke vom Pick-up und suchte sich ein Stück Rasen, das sie damit bearbeiten konnte, während sie unauffällig die Rückseite des Hauptgebäudes in Augenschein nahm. Der Professor wohnte standesgemäß in einem zweistöckigen Haus im Kolonialstil. Im Erdgeschoss gab es zum Garten hin eine große Terrasse, deren Möbel jedoch allesamt mit Schutzfolien bedeckt waren. Offenbar pflegte Rovira nicht einmal im abgeschotteten Schutze seines eigenen, von hohen Mauern umgebenen Grundstücks an die frische Luft zu gehen.
    Sehr seltsam.
    Die schweren Gardinen waren überall zugezogen. Drinnen musste es dunkel sein wie in einer Gruft. Keine Bewegung, kein Schatten deutete darauf hin, dass jemand im Haus war, aber irgendwer musste das Tor betätigt haben.
    »Hey, du, was machst du denn hier?«
    Vor Schreck hätte Paula beinahe die Harke fallen gelassen. Mit Mühe unterdrückte sie ihre Panik und drehte sich um, während ihr Gehirn fieberhaft nach einer Erklärung für ihr Eindringen suchte. Die kolumbianischen Richter waren nicht gerade nachsichtig bei Hausfriedensbruch. Schon gar nicht, wenn es sich um unliebsame Reporterinnen handelte, die bei angesehenen Mitgliedern der Oberschicht eindrangen.
    Vor ihr stand der Chefgärtner und funkelte sie wutentbrannt an. Sein hochrotes, von aufgeplatzten Adern verunziertes Gesicht ließ vermuten, dass er nicht nur Milch zum Frühstück getrunken hatte.
    »Bist du taub? Was machst du hier?«
    »Ich…«, verzweifelte suchte die ertappte Journalistin nach einer Ausrede, doch daran war ihr Gegenüber offenbar gar nicht interessiert. Wütend deutete der Mann auf die Terrasse. »Ich habe gesagt, ihr sollt dahinten anfangen. Hier gibt’s doch gar nichts zu tun. Ihr werdet nicht fürs Nichtstun bezahlt!«
    Abrupt drehte sich der Mann um und stapfte davon. Dabei murmelte er etwas, das wie »verfluchte Tagelöhner« klang.
    Paula atmete tief durch und ging in Richtung Terrasse, in deren Nähe schon einige andere Overallträger arbeiteten. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, was ihre »Kollegen« taten und machte es ihnen dann so gut wie möglich nach. Während sie scheinbar vollkommen konzentriert verwelktes Laub vom Rasen harkte, arbeitete sie sich unauffällig immer weiter ans Haus heran und suchte nach einer Möglichkeit, ins Innere zu gelangen.
    Und dann sah sie es. Eine Kellertür rechts von der Terrasse. Sie war mit Sicherheit abgeschlossen, aber das Schloss sah so einfach aus, dass sie es mit dem Werkzeug, das sie mitgebracht hatte, vermutlich aufbekommen würde. Sie hat in ihrer Jugend viel Zeit mit ihren übermütigen Cousins verbracht, und die hatten ihr einige Tricks beigebracht, mit denen man nicht unbedingt in einem Bewerbungsschreiben prahlen würde, die aber verdammt nützlich sein konnten, wenn man als investigative Journalistin arbeitete.
    Während sie noch darüber nachdachte, wie sie sich am unauffälligsten am Schloss zu schaffen machen konnte, unterbrachen die anderen ihre Arbeit für eine kurze Zigarettenpause.
    »Was ist mir dir?«, fragte der ihr am nächsten stehende Arbeiter, ein grauhaariger Typ mit brauner, wettergegerbter Haut.
    »Hab’ gerade aufgehört.«
    »Wie du meinst.« Der Gärtnergehilfe zuckte die Achseln und gesellte sich zu den anderen, die sich im Schutz einer Platane ihre Kippen anzündeten, ohne dass man sie vom Haus aus sehen konnte. Im Gegenzug konnten sie auch einen Teil der Terrasse samt dem benachbarten Kellereingang nicht überblicken.
    Perfekt.
    Sofort ließ Paula die Harke fallen, eilte die Treppe hinunter und fischte eine stattliche Anzahl von Schraubenziehern und Dietrichen aus der Tasche. In weniger als einer Minute hatte sie das Schloss geknackt und schlüpfte in einen dunklen Flur.
    Und schioupps ist aus schlichtem Hausfriedensbruch ein veritabler Einbruch geworden, dachte Paula.
    Der Flur roch muffig und war stockdunkel, sodass sich Paula komplett blind vorwärts tasten musste. Für einen Moment drohte sie Panik zu überwältigen, als sie an das dachte, was in der Finsternis

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