0975 - Die zweite Welle
viel mehr in dieser Art gesagt, wären nicht plötzlich wieder ein paar Dutzend Sterne mehr für ihn sichtbar geworden.
„Die KuppeI, in der ich liege, will anscheinendzusammenbrechen", sagte er so ruhig, wie es ihm unter den gegebenen Umständen gerade noch möglich war.
„Das bildest du dir nur ein, Tao", sagte Gloria Faye nach einer kurzen Pause. „So eine Kuppel kann gar nicht zusammenbrechen."
„Aber der Spalt verbreitert sich! Ich kann es doch genau verfolgen!"
„Sicher ist es eine optische Täuschung. Die Schwerkrafterzeuger arbeiten einwandfrei, und die Platte, auf der alle Kuppeln stehen, ist unversehrt geblieben. Wie, um alles in der Welt, sollte also ausgerechnet deine Kuppel aus dem Gleichgewicht geraten?"
Tao-Tan war plötzlich ganz ruhig.
„Du glaubst mir nicht", stellte er fest. „Nun gut, jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung. Trotzdem soIltest du herkommen und es dir ansehen. Und bringe Andromeda mit, sie wird sich vielleicht noch daran erinnern, wie breit der Spalt vorher war."
Wieder blieb es für kurze Zeit still, dann kam Andromedas Stimme.
„Wir sind unterwegs zu dir", sagte sie. „Wir wollten dich sowieso gleich holen. Wie geht es dir sonst?"
Tao-Tan antwortete nicht. Voller Unruhe wartete er darauf, daß jemand kam und ihm bestätigte, was sich vor seinen Augen abspielte. Hatte er nur mehr Licht hier drinnen gehabt! Die rötlichen Notlampen konnten einen luftgefüllten Raum soweit erhellen, daß man sich einwandfrei zu orientieren vermochte. Im Vakuum dagegen wurde das Licht nicht zerstreut, und so bildeten sich nur scharf umrissene rote Lichtflecken auf den den Lampen gegenüberliegenden Wänden.
Er sah eine Bewegung und drehte den Kopf, überzeugt davon, endlich die beiden Frauen zu sehen.
Der Anblick, der sich ihm bot, erfüllte ihn mit Entsetzen. Da, wo eben noch das offene Schott gewesen war, senkte sich etwas von oben herab, eine dunkle Schicht, die die Öffnung langsam, aber sicher zu verschließen drohte.
‘Licht!’ dachte er - und schalt sich einen Narren, weil ihm erst jetzt einfiel, daß der Raumanzug auch über einen Scheinwerfer verfügte.
Der grelle Lichtkegel traf auf eine graue Masse, die wie ein zäher Brei über die Wand nach unten floß. Das geschah nicht nur da, wo das Schott sich befand, sondern rund um ihn herum. Zwisehen Wand und Boden gab es bereits einen knöcheltiefen Wall von diesem zähen Zeug. Er richtete den Scheinwerfer auf den Spalt und wunderte sich nicht länger darüber, daß er immer mehr Sterne sehen konnte.
Es schien, als würde die aus Arkonstahl bestehende Wand sich langsam, aber sicher verflüssigen.
„Was ist denn das?" hörte er Andromedas Stimme verwundert fragen.
Dem Wissenschaftler wurde endlich klar, in welch zusätzlicher Gefahr sie alle sich befanden. Wie auch immer die Verflüssigung der Wände zu erklären war - der Prozeß würde sich mit Gewißheit nicht auf diese eine Kuppel beschränken.
„Zurück!" schrie er den anderen zu. „Bleibt von dem Schott weg. Ihr müßt sofort die Station verlassen.
Schaltet die künstliche Schwerkraft aus, und beeilt euch dabei. Ihr könnt mich von draußen aus der Kuppel holen."
„Der Stahl ist weich wie Pudding!" stellte Gloria verblüfft fest.
„Ja!" rief Tao-Tan verzweifelt. „Begreift ihr denn nicht? Das Zeug wird uns unter sich begraben, wenn ihr nicht endlich die Schwerkraft abschaltet!"
„Er hat recht!" flüsterte Andromeda. „Mein Gott, so etwas gibt es doch gar nicht. Stahl kann sich nicht einfach auflösen, nicht auf diese Weise! Es entsteht ja nicht einmal Wärme dabei ..."
„Am besten holst du ein Thermometer und prüfst es nach!" empfahl Tao-Tan sarkastisch. „Hauptsache, es geht möglichst viel Zeit verloren."
„Dir geht es offenbar schon besser", bemerkte Gloria spitz.
Aber sie wandte sich schon im nächsten Moment an Prok S’Kun und bat ihn, den Gravitationsprojektor abzuschalten.
„Ich kümmere mich inzwischen um den Funkspruch", erklärte sie. „Du, Andromeda, solltest unsere wichtigsten Aufzeichnungen zusammensuchen. Sobald wir fertig sind, verlassen wir die Station."
Wieder vergingen einige Minuten, und Tao-Tan beobachtete mit wachsender Furcht, wie die Wände um ihn herum sich immer schneller veränderten.
„Cybermed!" sagte er leise. „Du mußt etwas unternehmen. Wenn ich mich nicht bald bewegen kann, wird dieses Metall sich über mich ergießen."
Der Cybermed reagierte, indem er seinem Patienten ein starkes, schmerzstillendes
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