0975 - Hier wohnt der Tod
meinen zischelnden Ruf, sah mich auch winken, als ich nach vorn getreten war, und kam auf mich zu.
»Was Neues, John?«
»Nein.« Ich deutete auf den Boden.
»Da ist er.«
»Schau ihn dir an.«
Wir sprachen in nur sehr kurzen Sätzen miteinander. Währenddessen ließ ich meine Blicke ständig durch die Tiefgarage wandern. Noch immer auf der Suche nach einem zweiten Feind.
Suko kniete neben dem Bewußtlosen, als er ihn sich näher anschaute.
»Da hast du ganz schön hingelangt!« kommentierte er. »Mein lieber Mann, der hat schon etwas abbekommen.«
»Ich mußte mich wehren. - Er hatte einen Dolch.«
»Und?«
»Nichts und. Ich denke nur daran, daß er nicht allein hergekommen ist. Deshalb sollten wir uns umschauen.«
Suko war zwar nicht der Überzeugung, daß es viel brachte, aber er ging trotzdem mit. Wir durchwanderten die Tiefgarage, leuchteten in die finsteren Ecken. Dabei entdeckten wir Müll, auch den Inhalt mehrer Aschenbecher, aber keinen Gegner, der darauf wartete, uns an den Kragen gehen zu können.
»Pech«, sagte ich.
»Für wen?«
»Weiß nicht.«
Suko räusperte sich. Er ließ seine Beretta wieder verschwinden. »Was mir noch sauer aufstößt, ist seine Kleidung. Ich kenne sie nicht. Scheint mir eine Art Uniform zu sein.«
»Das ist sie auch.«
»Weißt du denn mehr, John?«
»Leider nicht.«
»Aber der Knabe müßte in ärztliche Behandlung, seine Nase sieht nicht gut aus.«
»Stimmt. Nur würde ich mich zuvor gern mit ihm unterhalten. Du kannst dir denken, wie ich das meine.«
Mein Freund lachte leise. »Es ist ja deine Wohnung, in die wir ihn bringen.«
»Eben.«
Wir waren neben ihm stehengeblieben. Der Gefesselte lag noch immer in einer tiefen Bewußtlosigkeit. Bevor wir ihn anhoben, stellte ich Suko noch eine Frage. »Es geht mich ja im Prinzip nichts an, aber bei Shao ist ja wieder der Computertick ausgebrochen. Nur - was bringt es euch, wenn ihr im Internet surft.«
»Da mußt du sie fragen.«
»Macht sie das nur aus Spaß? Reiner Zeitvertreib und…«
»Nein, nein, so ist das nicht. Es gibt schon einen Grund. Wir bekommen schließlich jeden Morgen die neuesten Informationen auf den Schreibtisch, John. Auch wenn wir nicht alle lesen, aber es gibt schon Gruppen, die ins Internet einsteigen und so versuchen, gewisse Verbindungen zu knüpfen. Ich denke da an Sekten, an Gruppierungen, die sich dem Teufel verbunden fühlen. Da ist es schon gut, wenn man informiert ist. Und es kann auch sehr spannend sein.«
Da gab ich ihm recht. »Neues habt ihr nicht herausgefunden?«
»Nein, John. Aber denk an die Prinzessin aus Atlantis, die jetzt beim Eisernen Engel lebt. Da hat sich der Computer schon bezahlt gemacht, finde ich.«
»Kein Widerspruch.« Ich deutete auf den Bewußtlosen. »Dann faß mal mit an, Alter.«
Suko lächelte. »Und du willst ihn tatsächlich in deine Wohnung legen und aushorchen?«
»Sicher. Der hat mich aus dem Hinterhalt angegriffen. Er wollte mich töten. Mir den Dolch in den Rücken rammen. Da steckt was dahinter. Und das will ich erfahren.«
»Sind wir denn jemandem auf die Füße getreten?«
»Immer.«
»Moment, John. Ich meine, sind wir jemandem auf die Füße getreten, der uns diesen verkleideten Killer hätte schicken können?«
»Keine Ahnung. Wenn ich ihn mir so anschaue, gehört er irgendeiner Gruppe oder Sekte an, die wir nicht eben zu unseren Freunden zählen. Aber wissentlich sind wir denen auch nicht auf die Füße getreten. Oder siehst du das anders?«
»Nein.«
»Dann pack mit an.« Wir schafften den Mann in den Lift, ließen uns hoch in die entsprechende Etage schießen, luden ihn wieder aus und schafften ihn in mein Wohnzimmer, wo er auf der Couch seinen Platz fand.
Gesehen oder beobachtet hatte uns niemand. Erst hier in der Wohnung fühlten wir uns einigermaßen sicher.
Im Licht schimmerte die Kopfbedeckung in einem dunklen, tiefen Rot.
Auch der Gürtel in der Mitte zeigte diese Farbe. Für mich waren beide eine Art Zeichen. Man erkannte sich wieder. Man wußte genau, wer zusammengehörte.
Das Gesicht des Mannes sah wirklich nicht gut aus. Die untere Nasenpartie erinnerte mich an eine aufgeplatzte Blume. Das Blut hatte sich bis zum Kinn verteilt. Suko ging ins Bad, wo er einen Lappen anfeuchtete, um mit vorsichtigen Bewegungen das Blut wegzuwischen. Er befreite vor allen Dingen den Mund.
»Da hast du ganz schön hingelangt, John.«
»Das mußte ich.« Wieder den Griff mit einem Taschentuch umwickelnd holte ich den Dolch hervor
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