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0984 - Tränenwelt am Abgrund

0984 - Tränenwelt am Abgrund

Titel: 0984 - Tränenwelt am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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Das furchtbare Entsetzen lähmte Tem’uu für einige Augenblicke. Erst dann kam langsam wieder Bewegung in ihn. Der »Priester an der Spitze« erhob sich wie ein alter Mann. Er stierte sekundenlang auf Maccara. Sie war genauso nackt wie er selbst, lag auf dem Boden und rührte sich nicht.
    Nacktheit als solche war nichts peinlich Anrührendes für einen Mach’uu. Im Gegenteil. Sie galt als wohlgefälliger Zustand; der Schwarzgott verlangte ihn sogar von seinen Kindern, wann und wo immer es ging - vorausgesetzt, die Nacktheit ging mit möglichst zahlreichen Heißphasen einher.
    Das Grauenhafte war vielmehr, dass Tem’uu und Maccara ihre letzte Heißphase anscheinend direkt unter dem riesigen Standbild des Schwarzgottes ausgelebt hatten, in der eng begrenzten, verbotenen Zone, die »Die Intimität Lezefaans« genannt wurde. Und das war eine Todsünde. Nicht einmal der »Priester an der Spitze« durfte »Die Intimität Lezefaans« betreten - denn das hieß, sich auf eine Stufe mit dem Schwarzgott zu stellen.
    Tem’uu stierte an den mächtigen Beinen hoch, an dem seltsamen Körper, an den Flügeln. Den Kopf konnte er von seinem momentanen Standpunkt aus nicht sehen, aber er kannte das Abbild des Schwarzgottes von zehntausend Besuchen bis ins kleinste Detail.
    Der »Priester an der Spitze« sah sich verstohlen um. Sein Denken wurde langsam wieder klar und zielgerichtet. Mit dem Schwarzgott würde er sich einigen können. Wenn nur die anderen Priester nichts von seinem Frevel erfuhren. Aber wie war das nur möglich? Auch eine Maccara konnte unmöglich Heißphasen in ihm auslösen, die ihn so vollständig um den Verstand brachten. Oder doch? Er klackte nervös mit den Kopfzangen.
    Mit eckigen Kopfbewegungen sah er sich in der riesigen, domartigen Höhle um, die dem Schwarzgott Lezefaan als Heimat diente. Nur Volkes Vater, dem »Priester an der Spitze« und den drei »Priestern knapp unterhalb der Spitze« war es erlaubt, dieses größte Heiligtum der Mach’uu zu betreten. Großer Andrang herrschte hier normalerweise also nicht. Tatsächlich erblickte Tem’uu niemanden sonst.
    Er beugte sich über seine Heißphasenpartnerin. Maccara war warm. Sie lebte also noch. Er versuchte, sie wach zu bekommen. Vielleicht konnte sie ja etwas Erhellendes beitragen. Aber alle seine Bemühungen fruchteten nichts. Die wilde Maccara blieb bewusstlos. Es fuhr ihm heiß unter den Panzer.
    Was bei Lezefaan ist hier passiert? Wie und warum sind wir überhaupt hierher gekommen? Warum erinnere ich mich nicht? Tue ich Dinge, über die ich keine Kontrolle habe? Bin ich etwa ein Abweichender Geist?
    Ein erschreckender Gedanke, mit dem er sich würde auseinandersetzen müssen. Aber nicht jetzt. Im Moment galt es, den eigenen Panzer zu retten. Und seine Bestimmung. Denn wenn das hier geheim blieb, konnte er vielleicht doch noch Volkes Vater werden.
    Tem’uu schlüpfte in sein Gewand, nahm Maccara auf seine Hauptarme und stützte sie mit den darunter angeordneten Zweitarmen, als seine Augenfacetten eine Bewegung im äußersten Bereich wahrnahmen. Erschrocken fuhr er herum. Dabei ließ er seine unglückliche Heißphasenpartnerin wieder fallen. Maccara knirschte mit dem Mund, als sie auf den felsigen Boden krachte, erwachte aber nach wie vor nicht.
    »Arachn’uu«, knirschte Tem’uu entsetzt. Seine Kieferzangen fielen kraftlos nach unten, er knickte abrupt in seiner schlanken, biegsamen Taille ab, was sein Gegenüber als Zeichen des totalen Zusammenbruchs werten durfte.
    Aus, dachte Tem’uu beim Anblick seines großen Rivalen, der höhnisch mit den Augenfühlern wackelte.
    Arachn’uu rief etwas. Gleich darauf erschienen fünfzehn schwer bewaffnete Priestersoldaten, die sich breit gefächert in einer Reihe hinter ihm aufstellten. Er gab ihnen die Erlaubnis, Lezefaans Haus betreten zu dürfen. Sie trugen gelbe Kristalle in ihren Händen. Magiedämpfer. Ein magischer Schlag gegen Arachn’uu und die Soldaten war somit unmöglich geworden.
    »Du bist festgenommen, du schmutziger Verräter an Lezefaans Idealen«, sagte Arachn’uu mit lauter Stimme und hektisch klappernden Kieferzangen, womit er seine Autorität unterstrich. »Verlass nun sofort ›Die Intimität Lezefaans‹ und nimm diese Heißdirne mit hinaus. Ich werde ihr persönlich den Kopf abbeißen. Schade, dass ich es bei dir nicht auch tun kann. Aber was soll ich mir die Zangen an einem wie dir schmutzig machen? Volkes Vater wird gerecht und weise über dich richten.«
    Tem’uu war nur

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