0989 - Das Erbe der Fremden
lag auf dem Rücken. Die Augen standen offen. Sie starrten zur Decke, und wir sahen in ihnen nicht die geringste Spur von Leben.
Um uns herum vibrierte der Boden. Die letzten Gäste verließen die Disco fluchtartig. Ich aber hob den Kopf und schaute Suko an. Er las die Frage in meinen Augen und hob die Schultern. »Ich hoffe nicht, daß sie tot ist, John.«
»Das weiß ich, aber ich kenne auch deine Schläge.«
»Er ist genau angesetzt worden. Ich habe nicht zu fest geschlagen!« Seine Stimme klang so wie bei einem Menschen, der wirklich von seinem Tun überzeugt war.
»Okay, es muß was geschehen.« Ich faßte Celia an. Natürlich hatte ich ihre Veränderung längst gesehen, und ich ging auch davon aus, daß dieses Erbe sie das Leben kosten würde.
Als ich sie schüttelte, öffnete sie plötzlich die Augen. Nein, es war kein richtiges Öffnen. In diese beiden Ovale hinein trat ein silbriges Leuchten, das nicht auf diese beiden Ziele beschränkt blieb und weiter zum Kopf hin wanderte, wo sich die Tätowierungen abzeichneten. Für mich waren sie die Verbindung zwischen dem Menschen Celia und den Wesen aus einer anderen Galaxie.
Keiner von uns beiden konnte den Schauer unterdrücken, als sich die drachenähnlichen Male erhellten und der jungen Frau einen gewissen Kraftstrom gaben, denn sie war plötzlich in der Lage, noch einige Worte zu sagen.
»Sie holen mich wieder zurück…«
Wir empfanden diese Aussage als furchtbar, ebenso den Klang ihrer Stimme, der uns störte, denn sie schien aus einem hohlen Gegenstand zu dringen.
Ich wollte etwas sagen, auch Suko setzte dazu an, aber Celia Wayne hatte es besser gewußt.
Die anderen holten sie. Sie hatten ihre Zeichen hinterlassen, und wir schauten zu, wie sich der Körper der jungen Frau von innen her auflöste. Es war ein Verbrennen der besonderen Art, denn gleichzeitig drückte er sich zusammen und auch in den Boden hinein, denn er war zu einer schimmernden Spirale geworden.
Ich hatte es schon bei dem Aufpasser oder Bewacher gesehen und wußte, daß wir ihr nicht mehr helfen konnten.
Suko wollte zugreifen. Er zuckte zusammen, als er den Körper nicht mehr spürte, ihn aber noch sah, denn er hatte seine normalen drei Dimensionen verloren.
Er wurde eins mit dem Boden. Er drehte sich hinein und sank vor unseren Augen tiefer in die Unendlichkeit.
Dann war er weg. Wir schauten uns an.
Suko nickte, bevor er flüsterte: »Du hast recht, John, die anderen haben sie wieder geholt. Celia war nur ein verdammt kurzes Gastspiel auf dieser Welt vergönnt gewesen…«
Es dauerte nicht mal fünf Minuten, da wimmelte es von Helfern in der Disco. Suko und ich hatten uns an die Theke zurückgezogen, wo eine zitternde Yvonne stand, die immer nur den Kopf schüttelte und mit sich selbst sprach.
Wenn es ein Glück im Unglück gibt, so war das hier der Fall gewesen, denn keiner der Gäste war gestorben. Es hatte einige Verletzte gegeben, aber nicht zu schwer, das hatten wir bereits herausgefunden.
Viel sprachen wir nicht. Jeder hing seinen Gedanken nach und mußte diesen Fall verkraften. Eine derartige Begegnung hatten wir auch noch nicht erlebt, und das wollten wir auch nicht noch einmal durchmachen, wie Suko mit großer Bestimmtheit sagte.
Ich gab ihm recht.
»In Zukunft werde ich eine Flüssigkeit mit ganz anderen Augen ansehen, ob du es glaubst oder nicht.«
»Welche denn?«
»Whisky, Suko. Ganz normalen Whisky. Daß er einmal zu meinem Lebensretter werden würde, das hätte ich mir nie träumen lassen. Aber es zeigt auch wieder, daß nicht alles perfekt ist.«
»Stimmt.« Suko lächelte seit langer Zeit mal wieder. »Selbst Außerirdische nicht…«
ENDE des Zweiteilers
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