0998 - Die Welt der verlorenen Kinder
blickte und den Himmel genau an den finsteren Stellen mit einer frisch geteerten Umgebung verglich.
Der Boden unter seinen Füßen verlor an Härte, setzte ihm kaum mehr Widerstand entgegen. Er war wie ein Gummiteppich. Zum Teich hin waren die Abdrücke noch tiefer. Sie alle füllten sich langsam mit Wasser.
Er blieb stehen.
Der Teich war jetzt gut zu sehen, aber McCormick wollte noch näher heran, um alles so zu erleben, wie er es erwartete, es sich zwar herbeisehnte im Grunde seines Herzens, aber trotzdem Furcht davor empfand.
Es war so still um ihn herum.
Er kannte diese nächtliche Stille. Er wollte auch nichts dagegen sagen, diese aber kam ihm beunruhigend vor. Nichts Neues, denn bei seinen heimlichen Besuchen hatte er es immer wieder erleben müssen, aber trotzdem gefiel ihm die Stille nicht.
Die letzten Schritte fielen ihm beinahe schwer. Er hörte sich atmen. Der Dunst stand vor seinen Lippen, dann stoppte auch Brett McCormick seine Schritte.
Jetzt brauchte er nur zu warten. Blickte zunächst auf seine Uhr und stellte fest, daß er um genau drei Minuten zu früh an den Teich herangetreten war.
Sein Blick streifte über die Oberfläche hinweg, die zwar dunkel war, aber nicht so dunkel wie in den Nächten zuvor, weil sich etwas Kaltes, Rundes und Glänzendes darin abzeichnete.
Der Mond spiegelte sich in dem Teich, als wollte er den Zuschauer an den Himmel erinnern, der über ihm lag.
Brett McCormick hüstelte. In seiner Brust hatte sich etwas zusammengezogen. Er war auch unruhig geworden. Das lag zum Teil an der Stille, die ihn nicht beruhigen konnte.
Er wartete.
Wieder der Blick auf die Uhr.
Noch zehn Sekunden bis Mitternacht, das las er auf dem beleuchteten Zifferblatt ab.
Er holte tief Luft. Die Enge in der Brust blieb. Die letzten zehn Sekunden kamen ihm so lang vor, und dennoch gingen sie schnell vorbei. Plötzlich war die Tageswende da.
McCormick verkrampfte sich. Er ärgerte sich selbst darüber, daß er so reagierte, aber er konnte einfach nicht anders.
Es mußte passieren! Und es geschah.
Der Mond verschwand. Nicht vom Himmel, sondern als Abbild aus dem kleinen Teich. Es war ein natürlicher Vorgang, weil sich eine Wolke vor das helle Rund geschoben hatte, aber dem einsamen Betrachter kam es in diesem Augenblick unheimlich vor, als hätten fremde Mächte diesen Vorgang gelenkt.
An seinen Handflächen war es feucht geworden. Hitze strömte durch seinen Körper, während die Kälte blieb. Sehr kalt war es geworden. Unnatürlich kalt. Brett glaubte, daß die Temperatur innerhalb kürzester Zeit um einige Grade gefallen war. Es hätte ihn nicht gewundert, wenn plötzlich Schnee gefallen wäre.
Er schaute auf den Teich.
Ja, es kam.
In der Tiefe fing es an. Noch nicht genau zu sehen, mehr zu ahnen, denn dort hatte sich eine gewisse Unruhe entwickelt, die sich immer mehr ausbreitete und dabei in die Höhe stieg, um die Oberfläche zu erreichen.
Aus der Tiefe hatte sich das Unheimliche gelöst. Der alte Schrecken fand den Weg zurück. Er würde höher und immer höher steigen und sich dann zeigen.
McCormick sah die hellen Inseln im Teich. Sie schwebten in der Flüssigkeit, stiegen höher und höher.
Noch weiter…
McCormick verkrampfte sich. Wenn er noch weiter wartete, würde er alles sehen können. Er würde auch den Geruch wieder aufnehmen und sich wieder vor ihm ekeln.
Bisher war das Wasser still gewesen. Auch das änderte sich, denn an Bretts Ohren drang ein leises Klatschen, als die Wellen auf der Oberfläche tanzten.
Noch war nichts durch den Wasserspiegel gebrochen, aber das Tanzen blieb und dicht unter dem Spiegel bewegte sich etwas hin und her, als wollte es dem einsamen Beobachter zuwinken.
Es war hell, es war länglich. Es hatte an den oberen Enden so etwas wie kleine Klumpen, die sich allerdings bewegten, als wollten sie jemanden grüßen.
Dann bekamen sie noch einmal Druck - und brachen durch!
Wieder hörte er das Klatschen, doch darauf konnte und wollte der ehemalige Polizist nicht achten. Sein Augenmerk galt einzig und allein dem, was da an die Oberfläche gestoßen war.
Zwei Hände, zwei Arme…
Kinderhände…
***
Brett McCormick stöhnte auf. In seinem Kopf tobte einiges durcheinander. Er fühlte sich wie in eine andere Welt versetzt, der das kalte Mondlicht den nötigen Atem einhauchte.
Für ihn war es einfach nicht faßbar, diese Hände zu sehen, die das Wasser durchdrungen hatten und jetzt die Kälte der Luft spüren mußten.
Es waren ja nicht nur die
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