1. Die Connor Boys: Komm ich zeig dir wie man liebt
sonst noch eine Vermisstenmeldung auf. Normalerweise komme ich nicht so spät nach Hause. Aber eines wollte ich Ihnen noch sagen... wenn Sie einen Freund brauchen, Sie haben einen."
Vielleicht hätte er sie davon abhalten können, wenn er geahnt hätte, was sie beabsichtigte. So hatte er beide Hände in den Ta schen seiner Jeans, als sie unvermittelt auf ihn zukam und ihn berührte. Mit den Fingerspitzen fuhr sie erst über sein bärtiges Kinn, dann legte sie ihre Hand gegen seine Wange. Ihre Berührung war so sacht, dass es kitzelte. Dann, ganz unverhofft, umfasste sie seinen Kopf, stellte sich auf Zehenspitzen und küsste ihn mitten auf den Mund.
Er erstarrte. Es sollte wohl ein Ausdruck ihrer Zuneigung sein, ein Zeichen, dass sie Freunde sein konnten. Es würde schneller vorübergehen, als er mit dem Finger schnipsen konnte, wenn er nur stillhielt.
Sie löste sich von ihm und sah zu ihm auf. Kaum merklich hatte sie die Brauen zusammengezogen, so als würde sie über etwas nachdenken. Der Kuss war nicht lang gewesen, jedoch lang genug, um ihre Neugier zu wecken. Gordon merkte sogleich, dass sie es noch einmal versuchen würde.
Für eine Frau, die behauptete, verheiratet gewesen zu sein, hatte sie verdammt wenig Ahnung von Männern. Sah sie denn nicht, dass er zu der Sorte gehörte, denen sie nicht so leicht vertrauen sollte? Vorsichtshalber nahm er die Hände aus den Hosentaschen. Sollte sie noch einmal versuchen, ihn zu küssen, würde er sie deutlich zurückweisen.
Zu spät. Ihre Lippen streiften schon verführerisch und einladend über seine. Er umfasste ihre Taille, so als wollte er sie wegschieben, doch irgendwie schaffte er es nicht. Er wusste nicht, wie er sie zurückweisen sollte, ohne ihre Gefühle zu verletzen. Wie zum Teufel konnte er eine Frau kränken, die Regenbogen auf ihrem Sweatshirt trug?
Mit dem Daumen fuhr sie zärtlich über seine Narbe an der Braue, so als wollte sie ihm damit sagen: Es ist alles in Ordnung, Gordon. Nimm es leicht. Es wird alles gut werden.
Dabei war gar nichts in Ordnung, und nichts war leicht. Kirstin gehörte zu den verbotenen Früchten. Sie war die Frau, der er sich von seinem Gewissen her nicht nähern durfte.
Doch noch immer lagen ihre Lippen auf seinem Mund, weich, nachgiebig und gefährlich verwirrend. Sie schmeckte nach Pfefferminz, als hätte sie vorhin ein Bonbon gelutscht.
Er hatte viele Frauen geküsst. Keine wie sie. In seiner Welt war ein Kuss das Vorspiel für Sex, eine Art Probe, bei der man herausfand, ob man zusammenpasste. Er kannte bis jetzt nur Frauen, die etwas von ihm wollten. Kirstin schien jedoch nichts von ihm zu wollen. Ihr Kuss war wie ein Geschenk. Er war so lang allein gewesen, und sie war hier bei ihm. Ihm war innerlich kalt, solange er sich erinnern konnte, und ihre Lippen berührten seine, sacht und warm wie Sonnenschein. Sie ging so behutsam mit ihm um, als glaubte sie verrückterweise, dass er zerbrechen könnte, so als würde der leiseste Druck ihn verletzen.
Dabei war sie die Verletzliche. Nicht er. Und wenn er den Kuss vertieft hatte, würde er sich von ihr lösen. In ihrer Nähe fühlte er sich alt, verbraucht und belastet mit Sünden und Fehlern, die sie nie verstehen würde. Er sollte sie in Ruhe lassen. Und das wollte er auch. Sofort. Gleich.
Doch auf einmal hatte er Angst, sie loszulassen. Irgend etwas Verrücktes geschah mit ihm.
Etwas Unmögliches, was er nicht begreifen konnte, aber es lag an ihr.
Sie hatte ihm die Arme um den Hals gelegt und hielt sich an ihm fest. Auf den Druck seiner Lippen öffnete sie ihren Mund. Sie schmiegte sich an ihn und entfachte in ihm eine Erregung, bei der ihm siedendheiß wurde. Ihre Zunge schmeckte süßer als Honig. Durch das dicke Sweatshirt spürte er die Wärme ihres Körpers und ihre straffen Brüste. Mehr noch, er fühlte ihren schneller werdenden Puls, ihren he ftigen Herzschlag. Und er hörte etwas. Das ergab keinen Sinn. Weil es Musik war, die Melodie eines Liebesliedes, geheimnisvolle, zauberhafte Töne, die ihn aus ihrem Herzen erreichten.
Er löste sich abrupt von ihr, fühlte sich kindisch und dumm. Die plötzliche Stille, die ihn umgab, brachte ihn sofort in die Wirklichkeit zurück. Da war keine Musik. Nur irgend etwas an Kirstin, was ihn verwirrte. Diese verflixte Frau hatte ihn gleich bei der ersten Begegnung verwirrt.
Sie atmete rasch aus und schaute zu ihm auf, suchte seinen Blick. Ihre Arme lagen noch immer um seinen Hals. Langsam ließ sie sie jetzt sinken.
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