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1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

Titel: 1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra van Laak
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Ku’damm. Er war gut gelaunt, hatte fünf Kinder, wir kamen ins Gespräch. Als ich ihn endlich gezwungen hatte abzuschließen, war er weniger unglücklich als ich. Ich saß da wie betäubt, Madame lobte mich kurz, dann ging es weiter.
    Am Ende der Schicht waren zunächst zwei andere Frauen an der Reihe, dann wurde ich einzeln beiseitegenommen.
    »Wir werden nun ein Motivationsgespräch führen.«
    Ich musste doch nach Hause! Ich dachte an den Besuch beim Kinderarzt, der mit der Kleinen in neunzig Minuten anstand, an die Mahlzeiten, die ich vorkochen wollte, an den Elternabend im Hort.
    »Petra, du hast bisher nur einen Abschluss erreicht. Du musst aufpassen, dass du deine Arbeit ernst genug nimmst. Das ist deine ganz besondere Chance, Erfolg zu haben und viel Geld zu verdienen. Sieh dir Christian an. (Ich begann ihn zu hassen.) Er liebt seinen Job. Ich werde dir noch eine Chance geben. Aber morgen Mittag ist es sonst vorbei.« Ich nickte. Und schwitzte. Ich brauchte das Geld.
    Die anderen waren schon gegangen, als ich auf die Straße trat, nur noch die beiden anderen Frauen standen dort, sie rauchten und hatten sehr rote Augen. Am nächsten Tag waren wir nur noch zu acht.
    »Heute ist der James-Bond-Tag.« Peitschenknall-Klatschen. »Ihr meldet euch mit Bond, James Bond, also Schröter, Christian Schröter. Alles klar?« Christian nickte eifrig. – Heute waren bei mir die Diplomaten dran. Ich machte mich auf besonders resolute Vorzimmerdamen gefasst.
    »Van Laak, Petra van Laak, Herrn Mahasani bitte.« – Mehr sagte ich anfangs nicht, kein Wort mehr, dazu eine tiefe Stimmlage, ein Ton, der erkennen ließ, dass ich Befehlen und Delegieren gewohnt war. – Es funktionierte. Immer wieder wurde ich direkt zum Entscheider durchgestellt. Die Herren Diplomaten (Rumänien, England, USA, Pakistan, Slowenien usw.) waren interessiert, teilweise leicht amüsiert, nur wenige von ihnen irritiert – und der schrille Klingelton erklang mehrmals an diesem Tag mir zu Ehren. Ich freute mich – das machte mir Sorgen.
    Noch ein halbes Jahr zuvor hatte ich als Ehefrau eines in der Berliner Wirtschaft geschätzten kreativen Kopfes bei einem Dinner neben dem schwedischen Botschafter gesessen und über die Vorzüge des Ehrenamtes parliert, hatte auf dem musikalischen Abend des isländischen Diplomaten mit Henryk M. Broder über die Marotten jüdischer Einwanderer gewitzelt, mir in der American Academy am Wannsee von Gary Smith Anekdoten über alleinerziehende Väter erzählen lassen. Wenn die wüssten, was ihre unterhaltsame Tischdame von einst gerade machte … Ich ließ vorsorglich drei bestimmte Institutionen auf meiner Liste aus.

    »Herr Moskowic, schätzen Sie die gehobene Küche?« – Ja. – »Sagen Ihnen Gault-Milleau-Punkte etwas?« – Ja. – »Kennen Sie das Interconti?« – Ja. – Also dreimal Ja, das war das Nirwana der Telefonmarketing-Menschen. Ich plauderte dann stets ein wenig über die Gastronomie in Berlin, streute ein paar Wörtchen in der jeweiligen Fremdsprache ein, schukran, ez jo, Djin dobre, isn’t that so, alors, well … – und mit beängstigender Vertraulichkeit bekam ich personenbezogene Daten und manchmal auch die persönlichen Meinungen über Berlin, die Ehefrau und das Leben allgemein. Ein einziges Mal bekam ich das Angebot, die Mitgliedschaft bei einer Flasche Sekt in einer der Suiten des Interconti gemeinsam zu feiern. Es fiel mir nicht schwer, abzulehnen – obwohl ich Sorge hatte, dass dieser großzügige Mensch die Mitgliedschaft wieder zurückziehen würde. Was prompt am nächsten Tag geschah. Madame España bestrafte mich mit Nichtbeachtung, als sei ich an allem schuld gewesen.
    Am nächsten Tag fehlte die Gepiercte. Man habe sich von ihr trennen müssen, schnappte Madame nur kurz, als einer von uns es wagte, nachzufragen. Ein kalter Hauch wehte durch den Raum. Sie duldete kein Innehalten, keine Schweigesekunde. Christian, der seit meinem Erfolg den Kontakt zu mir suchte, sagte mir später bei seiner Zigarettenpause, sie sei von selbst gegangen, weil der Verdienst zu gering sei. Der Hüne dagegen war mit seinen vielen Mitgliedschaften bereits in eine besondere Sternchen-Kategorie aufgestiegen, er durfte am Telefonplatz ein spezielles Abzeichen tragen. Über unseren Plätzen waren an die Wände unsere Erfolgsstorys gepinnt – bei Christian ging die Linie im Diagramm stets steil nach oben. Ich bewegte mich, wie die anderen auch, immer noch in den Niederungen.
    Am Nachmittag

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