1 Ranch des Schicksals - Warum bist du so kühl, Geliebte?
über seinen eigenen Witz.
„Sie hat uns doch eine DVD geschickt“, warf Audrey ein, während sie die Temperatur der Milch mit dem Finger überprüfte. „Mary ist eine fantastische Ausbilderin.“ Sie stellte das Gas ab und sah Mary an, während sie den Topf vom Herd nahm. „Ich habe mir die DVD auf dem Computer angesehen, aber dein Vater mag keine Computer.“
„Sie mögen mich nicht“, kommentierte er trocken.
„Warum sehen wir uns die DVD nicht nachher alle zusammen an?“, schlug Audrey vor. „Dann kann Mary uns genauer erzählen, was sie eigentlich bei der Armee macht.“ Sie öffnete den Kühlschrank und holte Eier und Sahne heraus. „Wir könnten währenddessen das Eis essen und dazu ein paar …“
„Die Drexlers wollen das ganze Gebiet westlich des Highways übernehmen“, fiel Dan ihr ins Wort. Offensichtlich hatte er noch mehr Witze auf Lager. „All das Indianerland, das ich gepachtet habe.“
„Das ist doch mehr oder weniger unfruchtbar, oder?“, entgegnete Mary. Ihr Verstand riet ihr, Dans Bemerkungen einfach ignorieren, aber sie konnte sich einfach nicht beherrschen.
„Quatsch, da drüben wächst jede Menge Gras. Und die Lakota wollen es jetzt einfach so diesen Mädchen und ihrem dämlichen Wohltätigkeitsprojekt überlassen.“
„Du nutzt das Land doch sowieso kaum. Es ist genauso verwildert wie diese Pferde.“
„Offensichtlich verstehst du nicht das Geringste von Viehzucht. Weiß der Teufel, was aus dieser Ranch hier werden soll, wenn ich eines Tages nicht mehr da bin! Du und dein Bruder!“ Dan schnaubte verächtlich. „Da schuftet man sein ganzes Leben, um etwas aufzubauen, und die Tutan-Erben haben keinen blassen Schimmer, wie sie den Betrieb weiterführen sollen! Aber anscheinend ist das zu viel verlangt!“
„Tutan-Erben? Klingt wie eine Gruppe Backgroundsänger“, höhnte Mary.
„Na, wenn es hart auf hart kommt – denn früher oder später wird man sich zwischen ihren Pferden und unseren Kühen entscheiden müssen – wird sich ja zeigen, auf wessen Seite du und dein Bruder stehen!“
„Wann hast du eigentlich das letzte Mal von deinem Sohn gehört?“
Schweigen. Marys älterer Bruder hatte das Haus sofort nach dem Highschool-Abschluss verlassen, um aufs College zu gehen. Mary hatte große Hochachtung vor ihm, weil er sich das Studium selbst mit Jobs finanziert hatte. Er arbeitete inzwischen für die Forstverwaltung im Pacific Northwest. Leider hatten die Entfernung und die Zeit den Kontakt zu ihm einschlafen lassen.
„Er hat mich am Muttertag angerufen“, erzählte Audrey. „Ihm und Adrienne geht es gut.“
„Freut mich zu hören“, sagte Mary. „Wenn er seine Meinung zu South Dakota je ändern sollte, überlasse ich ihm gern die Ranch.“
„Erst einmal muss er seine Meinung über mich ändern“, sagte Dan gereizt. „Bevor er sich nicht bei mir entschuldigt, braucht er gar nicht erst anzukommen. Außerdem schuldet er mir noch die zweitausend Dollar, die ich ihm für sein Auto geliehen habe.“
„Das brauchte er dringend fürs College, Dad. Und der Wagen war …“
„Ein Haufen Schrott, ich weiß, aber immerhin hat er gelernt, ihn zu reparieren. Und zwar nicht auf dem College. Da lernt man doch sowieso nichts Nützliches. Ich werde nie verstehen, was er in diesem Elfenbeinturm verloren hat! Ich sage dir eins: Bevor er diese beiden Bedingungen und vielleicht ein, zwei weitere nicht erfüllt hat, kriegt er gar nichts von mir! Ich habe ihn abgeschrieben.“
„Na, Mom kann ihn wieder zurückschreiben, wenn du nicht mehr da bist.“ Mary unterdrückte ein triumphierendes Lächeln, während sie beobachtete, wie ihre Mutter Eier trennte und die Eigelbe in eine Zuckerschüssel gleiten ließ. „Das war übrigens auch ein Witz.“
Niemand lachte. Dan Tutan würde niemals sterben, er war unverwüstlich. Ginge es auf der Welt gerecht zu, würde ihre Mutter ihn lange genug überleben, um die Ranch zu verkaufen und sich ein schönes Leben zu machen. Aber Mary hatte genug von der Welt gesehen, um zu wissen, dass das Leben für zu viele Frauen verdammt ungerecht war. Leider auch für ihre Mutter.
„Wir haben anscheinend die gleiche Art Humor, Tochter. Einen Humor, den niemand sonst versteht.“
„Wenn du meinst.“ Mary verschränkte die Arme vor der Brust, als Dan die Küche wieder verließ. „Ich wünschte, ich hätte einen der Hunde mitbringen dürfen“, sagte sie zu ihrer Mutter. „Ich vermisse sie irgendwie.“
„Ich hätte nichts dagegen.
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