10 - Der Ölprinz
sagte der eine. „Der hat wahrhaftig gar keen bißchen Sitzfleesch; sobald wir Lager machen, schleicht er sich off und davon. Nu müssen wir uns in alle Richtungen komprimieren, um ihn zu finden, und dürfen doch nich laut nach ihm rufen, weil een Ohr da herum schtecken könnte, was keene angenehmen Gesinnungen für uns im Busen trägt. Wenn wir ihn gefunden haben, so hängen wir ihn an. Meenste nich ooch, alter Droll?“
„Ja“, stimmte der andre bei. „Die Oper, die er mache will, is verrückt, und er selber is noch viel verrückter. Der kann uns noch in großen Schaden bringe. Es wird wirklich nicht anders; wir müsse ihn anhänge!“
Wolf hörte, daß er es mit Deutschen zu tun hatte, und grüßte hinter seinem Busche hervor: „Guten Abend, meine Herren, es freut mich sehr, Landsleute hier zu treffen.“
Aber er sah die beiden schon nicht mehr, er hörte nur das Knacken ihrer Gewehrhähne. Sie waren gleich beim ersten Wort, welches er gesprochen hatte, wie in den Erdboden hinein verschwunden.
„Wo sind Sie hin?“ fuhr Wolf fort. „Aus Ihrem Verhalten und Ihrer Schnelligkeit ersehe ich, daß Sie gute Westmänner sind; aber Ihre Vorsicht ist hier unnötig. Sie hören ja, daß ich auch deutsch spreche.“
„Das zieht bei uns nich“, lautete die Antwort hinter einem Gesträuch heraus. „Es gibt mehrschtenteels Schurken, die ooch zuweilen deutsch reden können.“
„Ich bin aber ein wirklicher Deutscher!“
Als er sich dann in kurzen Worten als Adolf Wolfs Onkel legitimiert und über das Zusammentreffen mit dem Kantor berichtet hatte, rief Hobble-Frank: „Alle Wetter, is das so? Da is es gut, daß wir eenander nich erschossen haben! Also sind Sie der Onkel von Adolf Wolf? Da krauchen Sie doch mal nich länger dort im Busch herum, sondern kommen Sie raus, Sie alter deutscher Napoleum!“
„Gern; vorher aber noch ein Wort. Es sind zwei Navajokrieger bei mir. Wie werden Sie sich zu ihnen verhalten?“
„So freundlich, als ob sie meine zwee eenzigen Patenkinder wären. Die Navajos sind doch unsre Freunde!“
„Gut, so kommen wir!“
Er trat mit den beiden Roten aus seinem Versteck hervor und die beiden andern tauchten auch wieder wie aus der Erde auf. Der eine reichte ihm die Hand entgegen und sagte: „Jetzt können wir off Ihren Gruß antworten. Guten Abend also und willkommen unter Freunden. Und damit Sie wissen, wer wir sind: Ich bin Herr Heliogabalus Morpheus Edeward Franke, genannt der Bärenjäger Hobble-Frank. Und hier mein Freund und Kamerad is die sogenannte Tante Droll, aliasHerr Sebastian Melchior Pampel.“
„Es freut mich, zwei so tüchtige Westmänner persönlich kennenzulernen. Wollen Sie mich nach Ihrem Lager führen?“
„Sehr gerne. Erlauben Sie mir, Ihr Cicero zu sein, aber sagen Sie mir dabei, wo eegentlich nun unser Kantor schteckt!“
„Er befindet sich in unserm Lager“, antwortete Wolf, „wir mußten ihn so lange festhalten, bis wir erfahren hatten, zu wem er gehörte.“
„Das kann ich Ihnen sagen: Unter die Narren gehört er. Der Mann hat uns schon sehr viel Unannehmlichkeeten und Emballagen bereitet.“
Als sie den Lagerplatz erreichten, befanden sich nur die Auswanderer mit ihren Frauen und Kindern dort; die andern waren fortgegangen, um nach dem Kantor zu suchen.
„Wie benachrichtigen wir sie nur?“ fragte Frank. „Wir können sie doch nich holen, weil wir nich wissen, wo sie schtecken.“
„Schießen Sie ein Gewehr ab“, rief Wolf. „Da werden sie gleich kommen.“
„Aber es könnten doch feindliche Menschen sich in der Nähe befinden; die würden wir durch den Schuß anlocken.“
„Nein. Nun, da ich unser Lager und das Ihrige kenne, weiß ich sehr genau, daß wir nichts zu befürchten haben.“
Auf dieses Wort hin schoß Frank sein Gewehr ab. Dann horchten sie, ob sich das Geräusch der Nahenden bald hören lassen werde.
Die Auswanderer betrachteten die drei Ankömmlinge mit neugierigen Blicken; sie hatten vor den beiden Indianern erschrecken wollen, wurden aber durch den Umstand, daß Frank sie gebracht hatte, schnell beruhigt. Der Schuß brachte die beabsichtigte Wirkung hervor. Die Abwesenden kehrten in kurzer Zeit einer nach dem andern zurück. Es läßt sich denken, wie entzückt Adolf Wolf war, als sein Oheim sich ihm zu erkennen gab. Es gab eine Szene der Freude und der Rührung, an welcher auch die andern alle herzlichen Anteil nahmen. Gern hätten dann Onkel und Neffe sich von ihnen abgesondert, um über die Heimat, die Verwandten
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